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13 Dialoge

von Crawford Kilian (übers. von Ramona Roth-Berghofer)

Dialoge sollten wie gesprochene Sprache klingen, wie aus dem wirklichen Leben, mehr als eine reine Übertragung können sie jedoch nicht sein.

Ein guter Dialog hat mehrere Funktionen:

 

  • Er vermittelt uns das Geschehen, sagt uns über die Gespräche der Charaktere, was wir wissen müssen, damit die Story funktioniert.
  • Er beschreibt die Charaktere, um uns zu zeigen, mit welcher Art von Mensch wir es in der Story zu tun haben.
  • Er vermittelt uns ein Gefühl von Raum und Zeit, in dem er bestimmte Sprachmuster aufleben läßt, Wörter und Rhythmen einer ganz bestimmten Menschheits-Generation.
  • Über den Dialog können sich die Konflikte in einer Story entwickeln, indem er dem Leser bewußt macht,wie manche Menschen Sprache benutzen, um andere zu dominieren, oder warum andere Menschen dies nicht zu tun vermögen.

 

Doch jede dieser Funktionen birgt ein Risiko.

Der "darstellende" Dialog kann beispielsweise sehr unnatürlich wirken:

 

  • "Wir werden Vancouver in 30 Minuten erreichen", sagte der Steward. "Sie ist Kanadas größte Stadt an der Westküste mit einer Bevölkerungszahl von über einer Millionen im Stadtgebiet."

 

Ein Dialog kann einen Charakter beschreiben, aber der Autor kann dabei ins Plaudern geraten, was die Story nicht gerade vorantreibt.

 

  • "Als ich ein Kind war", sagte Julie, hatte ich einen geflickten Teddybär, den ich Julius nannte. Er war ein süßes, altes Ding. Und, immer wenn ich traurig war, trauerte ich ihm nach."

 

Sofern Julie nicht um Julius weint, wenn ihr Ehemann sie verläßt, ist diese Art von Bemerkung völlig sinnlos.

Ein Dialog, der einen bestimmten Ort und eine bestimmte Zeit beschreibt, kann übertrieben und stereotyp wirken:

 

  • "Ziemlich heiß hier draußen, was?", bemerkte Sergeant Renfrew von der Königlich Kanadischen berittenen Polizei. "´n guter Tag, um raus in die Wälder zu geh´n und ´n paar Lachse zu fangen."

 

Ein Dialog, der einen Konflikt entwickelt, muß gleichzeitig den Hintergrund zeigen, die Charaktere schildern und glaubwürdig Raum und Zeit vermitteln.

 

  • "Grüß Gott", sagte Sergeant Renfrew als er von seinem Motorrad stieg. "Würden Sie bitte Ihren Führerschein und ihre Fahrzeugpapiere zeigen, Madam?"
    "Friß heißes Blei, Bulle", knurrte Schwester Mary Agnes als sie den 45er aus ihrem Habit zog.

 

Einige weitere Dialog-Risiken, die man vermeiden sollte:

 

  • Der zu häufige und wiederholte Gebrauch von umgangssprachlichen Ausdrücken wie: äh, hä, uh, wa, gell, ich weiß, gut, geil, scharf, super, boah, yeah ...
  • Die zu häufige Verwendung von : "er sagte", "sie sagte".
  • Zu viele Variationen: "Sie sagte", "Sie entgegnete", "Sie erwiderte", "Sie bemerkte", "Sie antwortete".
  • Übermäßige direkte Anrede:
    Sagen Sie mir Ihre Meinung zu Vanesse, Marshall."
    "Ich hasse Sie, Roger!"
    "Was ist das, Marshall?"
    "Sie tyrannisiert jeden, Roger."

 

Hier einige Dialog-Konventionen zum Nachdenken:

 

  • Jeder neue Sprecher erfordert einen neuen Absatz, hervorgehoben durch Anführungszeichen.
  • "Verwende doppelte Anführungszeichen", sagte der Romanschriftsteller, "und vergiß nicht Kommata und Punkte innerhalb der Anführungszeichen zu setzen."
  • "Wenn ein Sprecher mehr als einen Abschnitt braucht", sagte der Herzog in seinem harten transylvanischen Akzent, "öffne nicht die Anführungszeichen am Ende des ersten Abschnitts."
  • "Natürlich solltest Du am Anfang des nächsten Paragraphen Anführungszeichen setzen, und natürlich am Ende."

 

Verwende "Er sagte"-Ausdrücke nur wenn Du mußt, zum Beispiel um Vewirrung darüber zu vermeiden, "wer" gerade spricht. Zunehmende Spannung läßt sich durch einen Wechsel von "er sagte" zu "er knurrte" oder "er brüllte zornig" signalisieren. Aber eigentlich sollte der Dialog selbst solch einen Stimmungswechsel zeigen und daher solche Anmerkung unnötig machen.

Handlung als auch Sprache sind ein Teil des Dialogs. Wir erwarten, zu wissen, wann die Sprecher innehalten, wo sie gerade hinschauen, was sie mit ihren Händen tun, und wie sie auf jemand anderen reagieren. Die Sprache der Charaktere bekommt gerade durch solche Interaktionen ein Gesicht. Manchmal sind die Worte der Charaktere sogar alles, was wir brauchen, aber manchmal brauchen wir auch defintiv mehr. Das trifft besonders zu, wenn Du versuchst einen Konflikt zu vermitteln zwischen dem, was Dein Charakter sagt, und dem was er fühlt und denkt: die nonverbalen Signale Deiner Figuren sind sehr viel verläßlicher als ihre gesprochenen Worte.

Spreche Deine Dialoge laut aus. Wenn sie nicht "natürlich" klingen oder unerwartete Reime und Rhythmen enthalten, überarbeite sie.

Verlasse Dich auf Rhythmus und Vokabular, und nicht auf die phonetische Sprechweise, um einen Akzent oder einen Dialog zu zeigen.

Wenn Du uns die unausgesprochenen Gedanken Deines Charakters exakt wiedergibst, benutze den "kursiven" Schriftstil. Wenn Du diese Gedanken als Text umschreibst, verwende den "normalen" Schriftstil.

 

  • Was wollte sie eigentlich? fragte er sich. Ist sie denn niemals zufrieden?
  • Marshall fragte sich, was sie eigentlich wollte. Nie war sie zufrieden.

 

Wenn Du planst, uns einen längeren inneren Monolog zu bieten, berücksichtige unbedingt die Unannehmlichkeit für den Leser über viele Zeilen hinweg kursiv lesen zu müssen. Wenn Du jedoch wünschst, ein Wort in einer Kursiv-Zeile herauszuheben, dann verwende dafür den normalen Schriftstil.

 

  • Ist sie je zufrieden

 

Stand: 2002-09-22

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