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Ist es schwierig für einen Jungautor, veröffentlicht zu werden?

Ich habe vor, einen eigenen Fantasy-Roman zu schreiben! Ich weiß, dass es nicht sehr viele Jugendautoren gibt, die so jung sind wie ich, und ich glaube, mein Schreibthema wird schon recht kompliziert sein. Es geht auch teilweise um einen Krieg, und ich habe vor, es in mehreren Bänden in die Länge zu ziehen. Ist das noch etwas zu schwierig für mich? Und gibt es auch Jugendautoren mit beliebten Romanen?

Zunächst einmal: Ich finde es toll, wenn du Romane schreiben möchtest! Lass dir bloß nicht erzählen, du seist zu jung (oder zu alt oder zu dick oder zu dünn) dazu! Es gibt schlichtweg kein "richtiges" Alter, um mit dem Schreiben anzufangen. Wie bei jeder Kunst.

Mit dem Veröffentlichen ist das anders. Wenn du ein Manuskript verkaufst, musst du geschäftsfähig sein (d. h. mindestens 18 Jahre) oder deine Eltern müssen für dich den Vertrag eingehen. Da sind Verlage sehr vorsichtig. Aber wozu gleich an das Verkaufen denken? Lass dir unbedingt Zeit, zu lernen und zu schreiben!

Ich darf aber nicht verschweigen, dass du neben vielen Vorteilen auch Nachteile haben wirst, was dein Alter angeht.

  • Vorteile: unverstellter Blick, frisch in Sprache und Ansichten, entdeckerfreudig, jede Menge Zeit, um etwas einfach auszuprobieren ...
  • Nachteile: Es fehlt die Erfahrung (d. h., du wirst für die handwerkliche Arbeit einfach länger benötigen), vielleicht brauchst du noch mehr Wortschatz (lässt sich ja nachschlagen, ist aber mit Arbeit verbunden), du wirst Zusammenhänge erst noch erkunden müssen ...

Aber das sollte dich nicht abhalten! Hauptsache, fu möchtest nicht deinen Roman in einem Monat schreiben! Nimm dir Zeit, probiere viel aus, sammle, und schreib viel Material.

Bedenke, für einen Roman, insbesondere für mehrere Bände, wirst du Jahre benötigen. Das schreibt man nicht zwischendurch an ein paar Wochenenden. Du wirst dich mit Recherche beschäftigen; dazu zählen die Figuren (wer ist wer, wo kommt er her, wie ist sie aufgewachsen, was will jede Figur, wo sind die Konflikte, was ist er / sie bereit zu opfern ...?) und die Welt (wie funktioniert Magie, was muss man dafür „zahlen“, wie erleben exotische Wesen ihre Welt ...?) und die Geographie (was passiert wo und warum da?) und ...

Du wirst dich mit Struktur beschäftigen: Wie baut man den Roman auf, was am Anfang / in der Mitte / am Ende schreiben, wie Konflikte steigern, wie Spannungsbögen verweben, wie den Klimax gestalten ...? Du musst mit Dialog, Beschreibung, Erzählung umgehen lernen und mit Sprache (was wirkt wie und warum spannend/langweilig, wie drückt man Gefühle und Gedanken so aus, dass sie den Leser interessieren, welches Wort passt wann ...?). Das Schwierigste jedoch wird sein, deine Motivation, deinen Spaß und die Disziplin zu erhalten – es ist ein Marathonlauf, kein Sprint.

Leider erzählst du zu wenig über deinen Roman, als dass ich abschätzen könnte, ob du dir zu viel zumutest oder nicht (den ersten Marathon läuft man sicher nicht aus dem Stand). Fantasy hat die Eigenart, dass man etwas mehr tun muss, als Drachen oder Magier zu erfinden. Man muss eine ganze, in sich logische (kohärente) Welt erschaffen. Dazu muss eine Handlung kommen, die die Fantasy-Elemente so einbindet, dass sie ohne die Elemente nicht mehr funktioniert. Und dann muss es auch noch originell sein, d. h. keine Nacherzählung von Tolkiens "Herr der Ringe" oder die x-te Version eines Zauberlehrlings à la Harry Potter. Das ist nicht einfach. Unmöglich ist es aber auch nicht.

Es gibt unter den Romanen von Jungautoren/innen gute und schlechte Beispiele. Zuletzt habe ich gelesen: Flavia Bujor "Das Orakel von Oonagh", 2007. Sie ist gerade 13 gewesen, als sie das Buch schrieb. Ich finde die veröffentlichte Endfassung (andere kenne ich nicht) sehr plakativ, die Dialoge flach und die Motivationen der Figuren, etwas zu tun (wie einen Ausritt zu unternehmen), nicht nachvollziehbar. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass eine prima Idee hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Meiner Meinung nach hätte man der Autorin mehr Zeit gönnen müssen, sich selbst und die Idee auszutesten, zu experimentieren und zu lernen. Dieses Buch zeigt aber auch, dass Bujor mit viel Elan und Leidenschaft schreibt. Ich bin gespannt auf jene Bücher, die sie in fünf, sechs Jahren schreiben wird.

Lies viel! Querbeet und viel Fantasy! Und zwar nicht nur zum Vergnügen. Schau dir an, wie unterschiedliche Autoren eine Schlacht beschreiben, wie sie Figuren miteinander reden lassen, wie Welten aufgebaut und eingerissen werden, wie Götter und Magier handeln, wie die Sprache klingt, was sich spannend liest ... Arbeite damit! Schreib z. B. einen Ausschnitt von Dialogen oder Schlachtenbeschreibung ab, schreib um, versuche, die Art, wie jemand das geschrieben hat, auf deine Geschichte anzuwenden, schreibe absichtlich ähnlich und absichtlich ganz anders.

Jede Menge Bücher findest du zum Thema Handwerk des Schreibens. Ich kann hier nicht alles aufzählen, was ich für wichtig oder hilfreich halte, und da ich deinen handwerklichen "Stand" nicht kenne, weiß ich auch nicht, was für dich hilfreich wäre. Einen guten Rundumschlag zum Romanschreiben bietet Louise Doughty "Ein Roman in einem Jahr", 2009. Der Titel ist etwas großsprecherisch (was sie selbst zugibt). Doch sie bietet in 52 Kapiteln 14-tägig wechselnd sinnvolle Übungen und Hintergrundwissen an. Dazu gab es eine Webseite und Community: http://www.ein-roman-in-einem-jahr.de.

Such dir eine Gruppe, die das Handwerk in den Vordergrund stellt, am besten eine Gruppe, die an Prosa (nicht Lyrik) interessiert ist. Dort kann man Texte vorstellen, erhält Kritik und kann verbessern und wieder vorstellen. Man lernt an eigenen und fremden Texten, man lernt durch "Tun" statt durch Theorie. Meide Gruppen, die nur lesen oder die Texte gegenseitig nur loben. Da lernt man wenig.

Es existieren auch Online-Gruppen, z. B. http://www.stifthelden.com/forum/ oder http://www.jungeautoren.de oder, mit Fantasy-Einschlag, http://werde-autor.forumo.de/homepage/team-site.html (diese Seiten sind nur Beispiele, ich gebe kein Urteil darüber ab.)

Eine sehr gute Fortbildungsmöglichkeit, die jedoch Geld kostet, ist das Literaturkursangebot bei der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel: http://www.bundesakademie.de. Kostet etwas, bietet aber auch unschätzbar viel! Besonders die aufeinander aufbauenden Seminare "Erzählen". Bei allen Hilfen jedoch: Schreiben lernt man nur durchs Schreiben!

Ich empfehle dir:

  1. zu schreiben und zu lernen, was das Papier / der Laptop hält,
  2. eine handwerklich orientierte Gruppe zu suchen, mit der du kurze Texte oder Textteile besprechen kannst,
  3. nicht aufzugeben.
beantwortet von: Stefanie Bense (13-2)

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