Editorial
Hall of Fame
Schreib-Kick
Lesetipps
Autorenwissen
"Was mache ich, wenn ...?
Fragen und Antworten zu Schreibproblemen, Teil 3:
"Plot und Handlung verbessern"
von Stefanie Bense
Schreibkurs
"Ein Drehbuch schreiben, Teil 1"
von Marie Amsler
"Spannung, Teil 1"
von Anna Kaleri
Spannung, der Unterleib der Literatur
Text: anonym, Lektorat: Hans Peter Roentgen
Buchbesprechung
"Bessere! Romane! Schreiben!" von Stephan Waldscheidt
besprochen von Gabi Neumayer
Interview mit Jutta Wilke
Frag den Experten für Drehbuch
(Oliver Pautsch)
EDITORIAL: --------------------------------------------------------------------- Liebe Autorinnen und Autoren, am 17. Mai findet wieder das Autorentreffen statt, das schon seit Jahren erfolgreich von Ursula-Schmid-Spreer organisiert wird. Zahlreiche Seminare werden angeboten, unter anderem von Titus Müller, unserem Experten für historische Romane. Im zweiten Teil des Tempest findet ihr mehr dazu; wer teilnehmen möchte, sollte sich übrigens schnell anmelden, um noch einen Platz zu bekommen. Aber vorher solltet ihr genug Zeit zum Lesen des Tempest einplanen. In diesem Monat platzt er vor schreibpraktischen Beiträgen aus allen Nähten: Abgesehen von einem neuen Spannungs-Lektorat von Hans Peter Roentgen zeigt Stefanie Bense im dritten Teil ihres Artikels, wie man Plot und Handlung verbessern kann. Außerdem beginnen wir gleich zwei neue mehrteilige Artikel: Anna Kaleri beschäftigt sich mit dem Erzeugen von Spannung, und Marie Amsler weiht uns in die Geheimnisse des Drehbuchschreibens ein. Überschneidungen zwischen all diesen Beiträgen sind durchaus beabsichtigt - Wiederholungen mit anderen Worten, aus anderen Perspektiven sind ja für jeden, der schreibt, unverzichtbar. Und es gibt Themen, die uns beim Schreiben immer wieder beschäftigen, egal in welchem Genre und in welchem Medium. Bei aller Schreibpraxis findet ihr hoffentlich auch noch Zeit, das Interview mit Jutta Wilke und Oliver Pautschs Expertenantwort zu lesen, euch das E-Book aus unserem Buchtipp zuzulegen, an Wettbewerben und Seminaren teilzunehmen (s. Teil 2 des Tempest) - und für all diese nützlichen Infos euren Tempest auch im neuen Jahr zu unterstützen: mit eurem freiwilligen Jahresbeitrag, Schreibtipps und Artikelvorschlägen. Der Tipp des Monats Januar, diesmal von Bettina von Cossel: Beim Schreiben Recherche jeder Art auf später verschieben. Blühen Begonien im Februar? Egal. Einfach weiterschreiben und die Feinheiten später abklären. Ein wichtiger Hinweis in eigener Sache Ab sofort haben wir ein neues Konto für eure freiwilligen Beiträge (s. u.). Es läuft NICHT auf den Namen "autorenforum.de", sondern auf "Jürgen Schloßmacher", der unser Team als neuer Mitherausgeber verstärkt. Auf ein fröhliches, spannendes, erfolgreiches Jahr 2012! Gabi Neumayer Chefredakteurin ~~~~~~~~~~~ Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt, aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto: Jürgen Schloßmacher Kreissparkasse Köln BLZ 370 502 99 Kto. 11 42 17 61 63 Stichwort: "Beitrag 2012" Wichtig: Das Konto läuft NICHT mehr auf den Namen "autorenforum", sondern nur auf "Jürgen Schloßmacher"! Für AuslandsabonnentInnen: Am 1. Juli 2003 wurden die Auslandsüberweisungsgebühren gesenkt. Aber natürlich könnt ihr uns euren Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest). Wer aus Österreich überweist, braucht außerdem diese Nummern (bitte genau so zusammenschreiben!) IBAN: DE16 5509 0500 0100 7245 15 BIC: GENODEF1S01 ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ISSN 1439-4669 Copyright 2012 autorenforum.de. Copyright- und Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ INHALT DIESER AUSGABE: TEIL 1: Editorial Hall of Fame Schreib-Kick Lesetipps Autorenwissen "Was mache ich, wenn ...? Fragen und Antworten zu Schreibproblemen, Teil 3: "Plot und Handlung verbessern" von Stefanie Bense Schreibkurs "Ein Drehbuch schreiben, Teil 1" von Marie Amsler "Spannung, Teil 1" von Anna Kaleri Spannung, der Unterleib der Literatur Text: anonym, Lektorat: Hans Peter Roentgen Buchbesprechung "Bessere! Romane! Schreiben!" von Stephan Waldscheidt besprochen von Gabi Neumayer Interview mit Jutta Wilke Frag den Experten für Drehbuch (Oliver Pautsch) Impressum TEIL 2: Veranstaltungen Ausschreibungen Publikationsmöglichkeiten mit Honorar ohne Honorar Seminare Messekalender Impressum ********************************************************************* HALL OF FAME: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) Die "Hall of Fame" zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest. Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst - dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen können. Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!) nach diesem Schema: ....... AutorIn: "Titel", Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen weitere Infos zu eurem Buch unterbringen, zum Beispiel eine Homepage- Adresse. ....... Ein Beispiel (!): Johanna Ernst: "Der Fall der falschen Meldung", Hüstel Verlag 2009, Mystery-Thriller. 60 Zeichen - und kein einziges mehr! Inklusive Homepage! ....... Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen. ACHTUNG! Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen muss, Lektorat bezahlt o. Ä. Schickt eure Texte unter dem Betreff "Hall of Fame" an redaktion at team pt autorenforum pt de. Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten. Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall ist, werden ab sofort nicht mehr verschickt! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Brigitte Meertens: "Igel Mums Reise nach Bethlehem", Papierfresserchen MTM-Verlag 2011, Weihnachtsbuch. Für Kinder ab 3 Jahre, 60 Seiten Jeanine Krock: "Himmelsschwingen", Heyne 2012, Novelle. Himmlische Begegnungen in St. Petersburg www.jeaninekrock.de Andrea Tillmanns: "Lena lernt zaubern", Iatros-Verlag 2011, Kinder- Phantastikroman. Lena findet ein Zauberbuch ... www.andreatillmanns.de Ivy Paul: "Ghost Lover", Plaisir d´Amour Verlag 2011, erotischer Liebesroman. Geschichte um einen Geist und eine Sterbliche Johanna Marie Jakob: "Das Geheimnis der Äbtissin", Weltbild-Verlag 2011, historischer Roman. Die Frau Friedrich Barbarossas. www.johanna- marie-jakob.de Billie Rubin: "Dunkle Rache", allitera Verlag 2011, Kriminalroman. Band 2 der Nürnberg-Serie mit Charlotte Braun Gerwine Bayo-Martins: "Aminas Welt", Uniscripta Verlag 2011, Historischer Kriminalroman ********************************************************************* SCHREIB-KICK: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) Unser Schreib-Kick für den Januar, diesmal von Jennifer Schreiner: Ein Text, mehrere Perspektiven: A. Schreibe einen kurzen Text einmal neutral, aus der Sicht eines objektiven Augenzeugen. Erzähle ihn dann auktorial als allwissender Erzähler und mit Gedanken und Empfindungen der Beteiligten. Dann erzähle personal aus der Sicht eines Ichs, das dabei war. B. Schreibe einen Text dreimal in der Ich-Form. Wähle aber jedes Mal einen anderen Protagonisten aus, aus dessen Sicht du erzählst! ********************************************************************* LESETIPPS: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) http://www.boersenblatt.net/463927 Der E-Book-Markt in den USA expandiert. Der erste Amazon-Kindle kam 2007 auf den Markt, inzwischen soll der Marktanteil 20 Prozent betragen. Evan Schnittmans Schlussfolgerung daraus: "Print und Digital müssen unterschiedlich positioniert werden." http://www.buchmarkt.de/content/49312-newsflash.htm Die Entwicklung des E-Book-Marktes führt zu interessanten Ideen. So werden die Verlage "Haffmans & Tolkemitt" und "Rogner & Bernhard" im Frührjahr 2012 die Weltneuheit "HardcoverPlus" auf den Markt bringen. ********************************************************************* AUTORENWISSEN: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Was mache ich, wenn ...? Fragen und Antworten zu Schreibproblemen Teil 3: Plot und Handlung verbessern von Stefanie Bense Wozu brauche ich eine Plotplanung? Jeder organisiert sich anders, wenn er schreibt. Manche planen viel, manche wenig (s. Teil 1 dieses Artikels, Tempest 13-11). Planung kann dir helfen, die Richtung der Story zu finden und beizubehalten, die Übersicht über verschiedene Handlungsstränge oder Zeitschienen zu wahren, die Logik und Konsequenzen aller Handlungen zu beachten und alle Informationen beim Schreiben parat zu haben. Und du legst das am besten schriftlich fest, damit du ggf. nachlesen oder verschiedene Versionen nebeneinander abwägen kannst. Bei mir (das ist nur eine Möglichkeit!) gibt es drei Stufen: - Ich notiere Plotideen auf Karteikarten (wild gesammelt zu Szenen, Kapiteln, Dialogen, Strängen, unabhängig von der Reihenfolge, in der ich später erzähle). - Ich sortiere und verknüpfe alles zu einem Arbeitsexposé (das folgt der Erzähl-Reihenfolge, so wie der Leser es säpter liest; das können viele Seiten werden, es ist aber nicht szenisch, sondern zählt auf). - Ich kondensiere daraus einen (!) knappen Satz, worum es wirklich in der Story geht, und pinne ihn mir an meinen Bildschirm, damit ich den roten Faden immer vor Augen habe. Für komplizierte Plots z. B. von verwickelten Krimis oder einem Roman mit etlichen Handlungsebenen und Erzählperspektiven benötige ich eventuell noch einen Kapitelplan in Tabellenform, der nicht nur die Erzählreihenfolge der Szenen festlegt, sondern auch die Schauplätze, wer wann wo ist, wem welche Informationen zur Verfügung stehen, wer was mit wem tut, was der Leser weiß, aber der Ermittler nicht. Eventuell enthält er auch einen Zeitplan, äußere Bedingungen (z. B. Wetter, Helligkeit, Transportmittel, Wegezeiten) oder weitere Informationen, die für einzelne Abschnitte wichtig sind. Wie genau du planst und wie akribisch du aufzeichnest, bevor du schreibst, bleibt dir überlassen. Such dir eine Methode, die für dich funktioniert. Wie viel Plot brauche ich? Hast du einige Spannungspunkte und eine "Vorstellung, wie die ganze Sache enden soll"? Sorry, aber das reicht nicht, es sei denn, du bist eine spontane Erzählerin (s. Autorentypen, Teil 1). Anzeichen für zu wenig Plot gibt es, wenn deine Story vor sich hin mäandert oder dümpelt, sich verästelt, nicht zum Hauptstrang zurückfindet, wenn andere Erzählstränge übernehmen oder sich die Grundrichtung ständig ändert. Dazu lies bitte von Orson Scott Card die Kategorisierung nach Milieu-, Ideen-, Charakter- und Ereignisgeschichte (Orson Scott Card: "How to write Science Fiction & Fantasy", 2001; Artikel in Tempest 2-11 und 2-12 "Fantasy - Möglichkeiten und Handwerk" von Stefanie Bense). Die Kategorien sind ein hilfreiches Instrument, um die Richtung einer Story beizubehalten. Ist es ein komplexer Roman, so können mehrere Erzählstränge verschiedene Richtungen haben. Dennoch muss ein Erzählstrang deutlich den Hauptplot stellen und dabei bei einer Grundrichtung bleiben. Ein Beispiel: .......... Ereignisgeschichte = Magier muss Welt vor Magiereroberern retten (Hauptplot) + Milieugeschichte = unstandesgemäße Liebe zwischen Magier und Dämonin, weil verboten und gefährlich, Schwerpunkt bei gesellschaftlichen Konsequenzen. .......... Dann solltest du die Spannungspunkte für jeden Erzählstrang zum Spannungsbogen ausarbeiten und diese Bögen ineinander verschränken, sonst bleiben sie eventuell unzusammenhängend, statt sich gegenseitig zu verstärken. Dabei hilft: a) Mach dir klar, welcher Hauptkonflikt die Geschichte trägt. Formuliere einen kurzen Satz: "Meine Geschichte handelt von ... dem Magier, der einen Eroberermagier aufhalten muss, bevor dieser die Welt an Dämonen verspielt." Hier: Hauptkonflikt: guter Magier gegen bösen Magier. Nebenerzählung: Liebesgeschichte zweier sowohl physisch als auch standesgemäß nicht zu vereinbarender Wesen, mit Schwerpunkt auf den gesellschaftlichen Folgen für beide. Wenn du dich für den Hauptkonflikt entschieden hast, arbeite ihn aus. Was muss der Magier wissen / können / tun, um als Gegner für den Bösen der Richtige zu sein? Wie wird er in die Geschichte gezogen (wehrt er sich / stürzt sich hinein)? Welche Maßnahmen ergreift er? Warum wirken sie nicht, und wie bringen ihn seine Lösungsversuche immer tiefer in Bedrängnis ("rising the stakes")? Wie besiegt der Antagonist den Helden, ohne ihn völlig zu zerstören (weil dann die Story zu Ende wäre!)? Wann findet wo der Showdown statt? Welche letzte Anstrenung unternimmt der Heldmagier? Mit welchem Aspekt seiner Stärke oder überwundenen Schwäche gewinnt er? Falls er verliert, opfert er sich oder gibt er auf? Dasselbe erarbeite nun für die Milieugeschichte ... b) Arbeite das Ende aus, zumindest in Stichworten. So hast du einen "Leuchtturm", auf den du zusteuern kannst (an den PC pinnen, damit du's im Blick behältst). Du kannst auch vom Ende her plotten, indem du dich fragst: Was muss direkt vor dem Ende passieren, damit es schließlich so kommt? Was muss vor der vorletzten Szene passieren? Wie kommen Magierheld und böser Magier zusammen? Warum dort? Was hat es den Helden zuletzt gekostet, so dass er den Showdown aufnimmt? Wie verwickelt ihn der Antagonist in immer schlimmere Auseinandersetzungen (und warum)? Welche Strategien entwickelt der Held im Kampf und vorher? Schließlich: Wie wird der Held in den Kampf gezogen, und warum ist er dazu geeignet? Damit baust du deine Story vom Ende her auf, und sie bekommt ihre Konsequenz in der Handlung (Margaret Mitchell hat so "Vom Winde verweht" aufgebaut). c) Der Held ist zur Zeit unwillig zu handeln, der Antagonist ist einfach nur ein Böser (ohne eigenen Sinn, Verstand und Motiv), die anderen Figuren labern bloß, man reitet mal hier, mal dorthin, um noch ein Artefakt zu holen, dessen Verwendung und Wichtigkeit unklar sind - kurz: Aktion ohne Plan? Dann fehlt die kausale Verknüpfung durch Ursache und Wirkung! Eine Handlung ergibt die andere, löst sie aus oder verhindert sie, fordert Reaktion. Ohne Ursachen aber bleiben es bloß chronologisch gereihte Ereignisse: Erst starb der König, dann die Königin. Eine Aufzählung, keine Geschichte! Zur (Mini-)Erzählung wird es erst, wenn Ursachen hinzukommen, also kausal verknüpft wird: Erst starb der König in einer Schlacht, dann die Königin, weil sie so sehr trauerte, dass sie nichts mehr essen konnte. Noch besser, wenn sich Ursachen verschränken: Erst starb der König, der eine Schlacht gegen den Entführer der Königin focht, dann die Königin, die derart trauerte, dass sie nichts mehr aß. Das verbitterte den Entführer so, dass er den Königssohn angriff, der in Wahrheit sein eigener Sohn war, weil die Königin, als sie es noch nicht war, ein Verhältnis mit dem späteren Entführer ... Diese vier Figuren sind dermaßen verstrickt im "Schmelztiegel", dass keine/r von ihnen einfach sagen kann: "Ach, was soll's, ich geh jetzt nach Hause und kümmere mich nicht mehr um die Geschichte." Schaffe eine Situation, in der der Held gar nicht mehr anders kann, als den Kampf aufzunehmen. Jede Figur muss sich beteiligen müssen; es darf keinen anderen Ausweg geben. Gib allen einen (eigenen) Grund, die Geschichte voranzubringen (s. Motive). Baue die Handlung so auf, dass Ursache und Wirkung klar werden. Dabei müssen sie nicht immer direkt aufeinander folgen, man kann auch Ursachen später enthüllen oder Wirkungen verzögern. Aber es müssen beide pro Handlungseinheit da sein. Wie das geht? Es gibt kein Rezept! Üben und Gefühl für Balance entwickeln. d) Füge Spannungspunkte zum Bogen, d. h., entwickle Steigerungen in dem Konflikt: Erst begegnen sich Magierheld und Antagonist als Wettstreiter, während sie ihren Beruf lernen, dann werben sie um dasselbe Mädchen (wer gewinnt? Verlieren beide und machen sich gegenseitig verantwortlich?), dann schnappt einer dem anderen etwas weg, dann verursacht einer für den anderen eine mittlere Katastrophe, dann sagen sie sich den direkten Kampf an, dann verletzt der Antagonist den Helden, indem er ... Arbeite ggf. mit der Drei/Vier- Akt-Struktur (Syd Field, Handbuch zum Drehbuch, 1993, Zweitausendeins), um die Spannungspunkte gut aufzuteilen. Wo ist der "point of no return"? Wo sind die Wendepunkte? Was bringt die Klimax? Wie läuft der Showdown ab? Was braucht man danach noch? Wozu braucht die Story Konflikte, und wie steigert man sie? Konflikte bringen Handlung und damit Geschehen. Anders gesagt: Ohne Konflikte keine Geschichte, denn niemand will lesen, dass es den Figuren stets gut geht. Machen wir's mal konkret: Mein Held ist eine Heilerin, die sich nichts sehnlicher wünscht, als in Frieden im Dorf zu leben und sich um ihre Nachbarn zu kümmern (langweilig!). Dumm nur, dass sie früher zum mächtigen Zirkel der Zauberinnen gehört hat, der nun ihre Hilfe braucht, um einen Erzmagier abzuwehren. Der hat es auf Zauberinnen abgesehen, weil ihn eine gedemütigt, verletzt und verlassen hat (hm, vielleicht sogar ein Artefakt geraubt? ihn fast umgebracht? seine Kraft abgezapft? - er braucht ein starkes Motiv, um ein großes Ziel wie die Vernichtung der Zauberinnen zu planen). Als der Ruf an die Heilerin ergeht, weigert sie sich, in den Zirkel zurückzukehren (das hat Konsequenzen!). Da erwischt der Erzmagier ihre ehemals beste Zirkel-Freundin und macht sie zu einem willenlosen Geschöpf. Sie verrät dem Erzmagier, dass die Heilerin ihm gefährlich werden könnte. Also löscht er das ganze Dorf der Heilerin aus. Sie ist jedoch nicht da. Als sie das Massaker vorfindet, ist sie tief verstört und entsetzt (und fühlt sich schuldig?). Sie begreift, dass der Erzmagier aufgehalten werden muss. So zieht sie los, um dem Zirkel zu helfen (sie ist in der Sache drin) und gräbt Informationen über den Magier aus, doch der Zirkel macht sie für den Verlust der Freundin verantwortlich und traut ihr nicht recht. Der Magier greift an, und jede Strategie, die Zirkel und Heilerin anwenden, kann ihn nur kurz aufhalten, aber nicht stoppen (Steigerungen ausarbeiten!). Ihre einzige Unterstützerin im Zirkel stirbt im Kampf mit Schergen des Magiers - nun will der Zirkel sie dem Magier ausliefern, um ein Abkommen auszuhandeln (erhöhter Einsatz, jetzt kämpft sie nicht nur für ihre Freundin, sondern auch um ihr Leben). Schließlich kommt es zum finalen Kampf zwischen Erzmagier und Heilerin. Sie kann ihre ehemalige Freundin heilen, ist nun aber beim Kampf geschwächt. Als sie zu verlieren droht, erkennt sie ihre größte Stärke: heilen. Also heilt sie den Magier, setzt seine verletzte Seele wieder zusammen, bringt ihn sozusagen zu sich. Wichtig: SIE muss ihn bezwingen, nicht die gerettete Freundin, sonst fühlt sich der Leser veralbert. Und sie muss es mit ihrer wirklichen Stärke tun, mit dem Einsatz von allem, an dem ihr etwas liegt und das sie aufbieten kann. Wie baue ich Zeitsprünge ein? Die Geschichte bestimmt die Zeitsprünge. Frage dich, was du gern lesen würdest: Wie eine Figur Jahre vor sich hindümpelt und nichts Interessantes passiert? Oder wie die Figur von einem Abenteuer ins andere schliddert? Zeitsprünge lassen sich einfach benennen, wenn sie nur erwähnt sein sollen: "Zehn Jahre später", "Am nächsten Tag", "Als er endlich sein erstes Eisenschwert bekam" ... Zeitsprünge lassen sich aber interessanter mit einer spezifischen Situation der Hauptfigur verknüpfen: .......... (Kapitelende:) Als sie davonritten, schwankte Torw auf dem Pferderücken und fragte sich, ob er es je lernen würde, so gerade und elegant wie Genno als Reiter auszusehen. - (Neues Kapitel:) Sieben Jahre später beugte er sich im Galopp aus dem Sattel, griff nach dem Ziegenfell und warf es Genno zu, der davonpreschte und die Gegner mit einer Staubwolke überzog. Torw wendete sein Tier, ließ es springen und bocken, als ein Gegner an ihm vorbeiziehen wollte ... .......... Zeitsprünge können auch in Verhalten oder Aussehen der Figur festgemacht werden, solange es für die Story wichtig ist: .......... (Kapitelende:) Torw presste das schmutzige Tuch gegen die Wunde. Von ganzem Herzen wünschte er sich, er läge statt Genno im Staub und Genno hielte sich die Wange. Aber Genno war tot, und kein Blut von ihm selbst machte seinen Freund wieder lebendig. - (Neues Kapitel:) Die Narbe juckte. Torw scheuerte mit dem Handrücken an seiner Wange herum, bis ihn scharfe Metallkanten zerkratzten und daran erinnerten, dass er seinen Kampfschutz trug ... .......... Wenn es dir schon als müßig oder verschwenderisch erscheint, Seiten auf Zeit, die einfach nur vergeht, zu verwenden, dann erscheint es dem Leser später sicher auch so. Also: Lass es! Kürze die Zeit durch Zeitsprünge oder zusammenfassendes Erzählen. Zusammenfassen kann man durch eine Bewegung, z. B. eine Reise: .......... Sie verließen das Tal, überquerten die Berge, kalt und nass, noch kälter und trocken, und erreichten die Straße. Sie folgten ihr, mieden Wagenzüge und Karawanen, umgingen Räubernester und Gasthäuser, bis er kein getrocknetes Fleisch und Hartbrot mehr beißen mochte und sein Hintern fast die Gegenform des Sattels angenommen hatte. .......... oder durch Zeitabläufe, z. B. Jahreszeiten: .......... Der Frühling kam und ging mit Keras leisem Bedauern, dass Genno nicht mehr sah, wie es im Garten spross und keimte. Der Sommer legte staubige Hitze über das Land, bis Sommergewitter herabprasselten und Löcher in den Staub stanzten. Gras spross und wurde gemäht, Getreide reifte und wurde geerntet und die Früchte wuchsen prall und saftig. Der Herbst jedoch fiel aus. Übergangslos schneite es und ... .......... oder in den Gedanken der Figuren, z. B.: .......... Waren wirklich schon zehn Jahre vergangen, in denen sie jeden Tag das Tor geöffnet und auf ihn gewartet hatte? Jeden Abend hatte sie es wieder geschlossen, als wolle sie es nie wieder öffnen, aber dann hatte sie am nächsten Morgen den Riegel gehoben und sich gegen die Torflügel gestemmt, als wäre es erst gestern gewesen, dass er sie verlassen hatte. .......... Wenn du allerdings zeigen willst, wie das Verstreichen der Zeit dem Helden zu schaffen macht oder wie langweilig es für ihn ist, dann musst du das zeigen, indem du schreibst, wie es dem Helden widerfährt (seine Sicht, z. B. indem Tätigkeiten oder Haltungen sich wiederholen): .......... Torw schaute aus dem Fenster. Draußen grünte der Frühling im Land, und er schaute aus dem Fenster, dann wurde es gelb im Sommer und bunt im Herbst, und er schaute immer noch aus dem Fenster. Und noch immer durfte er nicht reiten und fechten, weil sein Bein sich nicht beugen ließ. Während die anderen stritten und fochten, ritten und jagten, schaute er aus dem Fenster ... .......... Es gibt noch weitere Möglichkeiten, aber ich kann hier nicht alle aufzählen. Wichtig ist, was deine Geschichte "fordert", was sie anschaulich und lesbar macht. Wie baue ich Ortswechsel ein? Wie beschreibe ich komplizierte Orte? Dasselbe Prinzip wie für Zeitsprünge gilt auch hier: Was ist notwendig für die Story? Ist der Ort unwichtig wie bei der Durchreise, dann reicht es, ein oder zwei kräftige Details zu beschreiben, die der Figur auffallen, z. B. dass es besonders laut ist, dass es nach Brot oder Hundepisse riecht, dass die Menschen sie nicht anblicken ... Ortswechsel erwähnt man, oder man zeigt Bewegung: .......... Als sie aus dem Dorf schlenderte, öffnete sich das Land und floß sanftwellig zur Ebene hinab ... Sie preschten durch Torhaus, das sich an den Berg duckte. Sie donnerten an Grünwald vorbei, versteckt unter Baumschatten ... Er umrundete das Schloss, nein, ein Schloss warŒs nicht, obwohlŒs so hieß. Bloß ein Klotz, hohe Mauern ohne Fenster, Türme oder Erker, ein gemauerter Fels, ein Gefängnis ... .......... Ist der Ort relevant für die Story? Soll eine bestimmte Atmosphäre (s. Beispiele oben) erzeugt werden? Dann zeige ihn durch Augen, Ohren, Nase, Zunge und Tastsinn des Protagonisten. Mach den Ort lebendig, indem du alle Sinne beteiligst und den Leser durch das Erleben des Helden mitnimmst. Orte zu beschreiben, kann man üben. Setz dich in verschiedenen Jahreszeiten, tags oder nachts auf dieselbe Parkbank, denselben Stein, in dieselbe Kneipe, schließe die Augen und beschreibe, was du wahrnimmst. Denk dir, dein Held säße daneben. Was würde er bemerken? Im Schreibjournal kannst du "Ortswahrnehmungen" sammeln. Wie riecht es im Pferdestall? Und im Schweinestall? Wie hören sich Holzräder auf Kopfsteinpflaster an? Wie schmeckt ein Brot, das direkt aus dem Steinofen mit der ganzen Brot-Produktion für ein Dorf kommt? Wenn du deinen Helden in ein Labyrinth schickst, wie fühlt sichŒs an? Wände aus Stein oder Hecke? Boden fest oder weich, matschig oder steinig? Wie riecht es dort? Ist es kalt oder warm? Was hört er? Was nimmt er sonst noch wahr? Wie reagiert sein Körper auf die Umgebung? Komplizierte Orte kann ich reduzieren, indem ich den Leser durch die Figur den Schauplatz erleben lasse; ihn mit dem Helden hindurchschicke. Niemand nimmt einen Ort zur Gänze wahr, sondern immer in Teilstücken. Was fällt zuerst auf? Ist es ein heller oder dunkler Raum? Groß oder klein? Wie fühlt er sich an? Was wird auf den zweiten, dritten Blick deutlich? Wo sind die geheimen Ecken oder Verstecke? Ist der Raum überladen oder schlicht, kalt oder warm, gemütlich oder funktionell? Ist er überfüllt mit Leuten oder menschenleer? Will ich z. B. ein großes Schlachtfeld beschreiben, habe ich mehrere Möglichkeiten: a) von einem erhöhten Standpunkt aus (Hügel, Festungsmauer) im Überblick, abgehoben / distanziert vom Geschehen, z. B. als Feldherr b) von nah nach fern oder umgekehrt, wenn z. B. ein Reiterangriff das hergibt c) als Beobachter im Mittelfeld mit begrenztem Ausschnitt, z. B. als wartende Bogenschützen d) mittendrin als Beteiligter, als Kämpfer oder Hineingeratener, in Details, die den Ort lebendig machen (Gestank, Getümmel, Geschrei, Blut, Schmerzen ...) Dasselbe an Möglichkeiten gilt auch für Räume, Städte, Landschaften, Gebiete ... Versuche mal, verschiedene Blickwinkel und Standpunkte auszuprobieren. Wichtig ist letztlich, was für die Story und die Handlung am passendsten ist. Wie lang muss meine Geschichte werden? Die Geschichte bestimmt, wie lang sie wird. Es gibt Romane, die kann man eben nicht auf 200 oder 400 Seiten erzählen, die brauchen mehrere Bände. Aber diese Geschichten haben dementsprechend in ihrem Spannungsbogen "Gelenke", an denen man sie teilen kann. Ein schlechtes Beispiel ist "Herr der Ringe" von Tolkien, das zunächst nur aufgeteilt wurde, um handlichere Bücher zu erzielen. Ein besseres Beispiel ist der Zyklus Trudi Canavans, der die Entwicklung der Heldin nachvollzieht: Rebellin - Novizin - Magierin (und mit Sonea fortgesetzt wird). Ich, als Leserin, mag Storys, die zwar ihren Abschluss finden, aber doch genug offenlassen, um mich neugierig auf den Fortgang zu machen. Es gibt kein Patentrezept, wie man das schafft. Es gibt nur gute und weniger gute Beispiele. Ich rate dir, Zyklen zu lesen, bei denen du das Gefühl hast, sofort in den nächsten Band einsteigen zu wollen. Und dann prüfe sie daraufhin, wie die Autoren die Übergänge schaffen. Was macht dich neugierig? Warum willst du mehr lesen? Liegt es an der Handlung, die nicht zu Ende geführt ist? Oder doch eher an der Anteilnahme an einer Hauptfigur? Willst du eher wissen, wie‚s weitergeht oder was dieser einen Figur passiert? Grundsätzlich: Schreibe deine Geschichte erst einmal zu Ende, egal, ob sie 400 oder 1.400 Seiten benötigt. Erst im zweiten, dritten Durchgang des Überarbeitens kannst du klarer sehen, ob du alles benötigst oder kürzen kannst, ob die Story sich für einen Zyklus eignet oder ob du zu weitschweifig erzählst. Dann solltest du dich fragen, ob du vielleicht eine andere Erzählstrategie verfolgen kannst, statt linear chronologisch von der Geburt des Helden an zu erzählen. Was Wichtiges bei der Geburt passiert ist, ließe sich z. B. im Dialog mit der Mutter, in Verhaltensweisen der Verwandten etc. unterbringen. Oder der Held könnte es erst mühevoll herausfinden müssen. Frage dich, was wirklich für die Story von Bedeutung ist. Wie muss das Ende aussehen, darf es auch schlecht ausgehen? Eigentlich ist alles erlaubt in der Fiktion, solange die Lösung der Geschichte sich aus der Geschichte selbst ergibt. Zum Beispiel, wenn die Heldin einen ganz großen Charakterfehler oder eine große Schwäche hat, die sie überwinden muss, um den Antagonisten zu besiegen. Dann kämpft sie nämlich auf zwei Ebenen: Den äußeren Konflikt trägt sie gegen den "Bösewicht" aus, den inneren Konflikt mit sich selbst gegen ihre Schwäche. (Nebenbei gesagt, sind Helden mit innerem und äußerem Problemen meist viel interessanter.) Demnach gibt es mehrere Möglichkeiten: a) Sie besiegt ihre Schwäche und den Antagonisten (absolutes Happy- End, Sieg auf ganzer Linie; das würde ich als Leser nur schlucken, wenn Hindernisse und sich steigernde Katastrophen auf ihrem Weg enorm gewesen sind, nach dem Motto: Viel gewagt, viel gelitten, Super-Happy- End akzeptabel). b) Sie besiegt den Antagonisten, aber nicht ihre Schwäche, was sie erneut angreifbar macht (schwaches Ende, wodurch siegt sie denn? zufällige Siege sind keine Siege, sondern nur Glücksfälle). c) Sie besiegt ihre Schwäche, aber es reicht nicht, um den Antagonisten zu besiegen (der Kampf wird fortgesetzt, ein typisches Ende für Fortsetzungsromane; hinterlässt bei Lesern leicht einen schalen Geschmack, wenn nicht von Anfang an deutlich wird, dass der Antagonist noch gebraucht wird, etwa weil sie ihn erst in Band 3 besiegt). d) Sie besiegt ihre Schwäche und den Antagonisten, aber sie verliert dermaßen viel dabei, dass es ein Pyrrhussieg wird. Dieser Sieg wird sie über die Geschichte hinaus verändern und ihr künftiges Verhalten beeinflussen (ein meist glaubwürdiges Ende, wenn ich als Leserin mit der Figur mitfiebern und -leiden konnte). e) Sie besiegt weder ihre Schwäche noch den Antagonisten (übles Ende, denn da fühlt sich der Leser betrogen, weil er mit der Figur mitgelitten hat, die am Ende des Weges genauso da steht wie am Anfang; nichts hat sich geändert, wozu also die ganze Geschichte?). f) Ein Gott / Ein Freund / Eine Naturkatastrophe hilft und besiegt den Antagonisten (ganz übles Ende, so genannter "Deus ex machina", weil nicht die Heldin siegt, sondern jemand bzw. etwas von außen; der Leser fühlt sich veralbert). Für ein Szenen- oder ein Kapitelende existiert noch Möglichkeit g), die m. E. die ergiebigste für diese Art Schlussstelle ist: g) Sie besiegt weder ihre Schwäche noch den Antagonisten und darüber hinaus (!) hat sie noch ein weiteres Problem am Hals, z. B. wurde sie gefangen genommen. Das bringt die Heldin wunderbar in noch mehr Schwierigkeiten und der Leser ist gespannt, wie es ihr nun gelingen mag, da herauszukommen und trotz allem zu siegen. Das ist aber KEINESFALLS für ein Romanende sinnig, denn damit fühlt der Leser sich um einen Abschluss, ein Ende betrogen. Es ist der so genannte Cliffhanger, der das nächste Buch, die Fortsetzung verkaufen soll. Die meisten Leser möchten aber lieber eine zumindest auf einer Ebene abgeschlossene Erzählung, die nicht alles offen läßt (siehe b, c und d). Eine Zeitlang war es "modern", gar kein Ende anzubieten und den Leser ratlos zurückzulassen, wie die Geschichte denn nun ausgeht, besonders in der Nicht-Genre-Literatur, in der gehobenen Belletristik, im experimentellen und / oder postmodernen Roman. Doch diejenigen der Leser, die Geschichten wollen, wollen auch einen Abschluss. Daher sollte man keinen Unterhaltungsroman anbieten, der die Lesererwartungen in dieser Beziehung grob enttäuscht. **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Stefanie Bense lebt und arbeitet in Emden, gibt Schreibkurse und führt eine Roman-Werkstatt, http://www.romantisch.essdeh.de, veröffentlicht sporadisch und schreibt an ihrem dritten Roman. ********************************************************************* SCHREIBKURS: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Ein Drehbuch schreiben, Teil 1" von Marie Amsler Am Anfang eines Drehbuches steht immer die faszinierende Idee zu einer guten Story. Manchmal führt diese Idee zu großem Erfolg, zu einem erfolgreichen Film. Häufig aber verschwindet das Drehbuch trotz guter Idee in der Schublade. Meistens liegt es daran, dass das Drehbuch selbst nicht genügend professionelle Qualität aufweist. Denn eine Geschichte muss man vor allem auch gut erzählen können. Eine gute Drehbuchidee umzusetzen verlangt Kreativität, Talent und gutes Schreiben, um daraus eine fesselnde Filmgeschichte entstehen zu lassen. Gutes Schreiben heißt vor allem, das Drehbuch mit einer adäquaten dramatischen Struktur zu versehen. Einer der besten amerikanischen Drehbuchautoren, William Goldman, sagte: "Drehbuch ist Struktur." Die Story mit ihrer passenden Struktur muss auch in einem korrekten Format abgeliefert werden. Dazu muss man wissen, wie ein (inter)national anerkanntes, professionelles Drehbuchformat aussieht. Aber auch Durchhaltevermögen ist gefragt. Drehbücher sind - anders als Romane - gedacht als Vorlage für eine Gemeinschaftsarbeit, zu der noch viele weitere Beteiligte im Laufe der Filmherstellung ihre Ideen beitragen. Es ist damit die Basis für jede weiterführende Arbeit bis hin zum fertigen Film. Das Genre Eine wichtige Anmerkung: Die hier folgenden Erläuterungen beziehen sich nicht auf den Kunstfilm, der mit Regeln spielen oder sie auf den Kopf stellen darf, sondern sie betreffen die Sorte Filme, die wir Genre-Filme nennen. Die bekanntesten darunter sind das Drama, der Abenteuerfilm, der Western, der Horrorfilm, der Thriller, der Kriegsfilm, der Liebesfilm, die romantische Komödie, die Komödie, der Science-Fiction-Film und der Fantasyfilm. Mit der Planung des Drehbuchs stellt sich dem Autor die Frage: Welches Genre würde meinem Thema am besten entsprechen? Die Antwort lautet, dass jeder Drehbuchautor ohnehin Vorlieben für ein oder zwei bestimmte Genres mit sich herumträgt. Das sind meistens diejenigen, mit deren Struktur-Regeln er auch vertraut ist. Das richtige Genre auswählen und zu schreiben heißt nämlich, dass der Autor der Erwartungshaltung der Zuschauer Rechnung trägt. Ein Zuschauer sucht sich den Film nicht nur nach seinen Lieblingsschauspielern aus, sondern auch danach, welches Genre er bevorzugt. Wenn er zum Beispiel eine romantische Komödie sehen möchte, dann aber plötzlich Elemente eines ganz anderen Genres im Film auftauchen und die romantische Komödie als Tragödie endet, ist der Zuschauer enttäuscht. Jedes Genre hat seine ganz eigenen Struktur- Regeln, die man, wenn man eine Filmgeschichte schreiben möchte, kennen muss. Das Handwerkszeug Ist die Genre-Zuordnung für ein Drehbuch geklärt, kann der Autor in die übrige Planung einsteigen. Sehr hilfreich dabei ist das professionelle Handwerkszeug, das eine Reihe von "Tools of the Trade" umfasst. Das sind Texte verschiedener Formate, die die Entwicklung eines Drehbuchs erleichtern. Sie dienen dazu, die Story klar zu durchdenken und präzise zu planen. Zu dieser Liste gehören unter anderem: 1. das Thema oder die Prämisse (Julia Roberts in "Erin Brockovich": David gegen Goliath) 2. der Inhalt in einem Satz (maximal 25 Wörter!), genannt Logline ("Erin Brockovich": Eine arbeitslose und alleinstehende Mutter erhält endlich einen Hilfsjob bei einem Rechtsanwalt und bringt fast eigenhändig einen kalifornischen Stromkonzern wegen Vergiftung des städtischen Grundwassers zu Fall.) 3. der Kurzinhalt, auch Outline genannt, von maximal 200 Wörtern 4. die Zusammenfassung, im englischen Raum auch Synopsis genannt, die eine Seite Text oder weniger umfasst, einzeilig und in Times New Roman 12 5. die aufeinanderfolgenden "plot beats", sprich: die Liste der einzelnen Handlungsschritte in der Geschichte 6. der Pitch (eine mündlich vorgetragene Ideenskizze des Stoffes in Kurzform, um den Stoff an einen Interessenten / Produzenten zu verkaufen) 7. das Exposé (eine in Prosaform gehaltene Zusammenfassung des Stoffes, Umfang drei bis vier Seiten, zweizeilig, Times New Roman 12) 8. das Treatment (ein dramatisierter Handlungsablauf als Prosatext von etwa 20 Seiten, ähnlich einer Kurzgeschichte) 9. das Bilder-Treatment (ein bereits dramatisch und szenisch gegliederter Text, aber noch ohne Dialoge) Wenn das Bilder-Treatment steht, beginnt das eigentliche Schreiben des Drehbuches. Man sollte als Autor darauf vorbereitet sein, dass sich im Laufe der Entwicklung eines Drehbuchs diese Texte ständig verändern, bis man endlich die Schlussversion erreicht. Das Maximum an Seiten für einen Spielfilm beträgt 110-120 Seiten. Ausnahmen sind möglich. Besonders Autorenfilme, in denen der Autor selbst Regie führt, sind oft länger. Drehbuch ist Struktur Die Hauptperson, Protagonist genannt, und ihr Gegenspieler, der Antagonist, stehen fest. Das Genre ist gewählt. Das Thema steht einigermaßen. Die Logline, jedenfalls ihre erste Version, ebenfalls. Aber nun tauchen Fragen auf. Habe ich bei meiner Geschichte alles richtig gemacht? Gehört dieser Handlungsteil wirklich in den ersten Akt? Wie gestalte ich den zweiten Akt interessant genug, ohne dass der Protagonist zum Stillstand kommt und die Konflikte verflachen? Wie verknüpft man kunstvoll alle bislang ausgelegten Handlungsschnüre zu einem zufriedenstellenden Höhepunkt am Ende des dritten Akts? Jeder Drehbuchautor will seine Anfangs-Idee in einen fesselnden Film verwandeln. Dazu benötigt er eine gute Struktur. In einem wirklich guten Drehbuch sollte keine einzige Szene zu viel sein. Aber wie kommt man zu einem derart "wasserdichten" Drehbuchtext? Viele Drehbuch- Theoretiker haben sich zu dieser Frage Gedanken gemacht und Strukturierungs-Methoden entwickelt, die echte Hilfen für jeden Drehbuchautor darstellen. Die 3-Akt-Struktur Die Grundlage all dieser Methoden ist, so banal es klingt, Aristoteles und seine 3-Akt-Struktur mit Anfang, Mitte und Ende. Die 3-Akt- Struktur kann man für alle Genres verwenden. Auch der Drehbuchguru Syd Field arbeitet bei seiner 3-Akt-Theorie mit der Poetik von Aristoteles. Die Dreiteilung der Akte mit Anfang, Mitte und Ende wird auch Exposition, Konfrontation und Klimax (samt Auflösung) genannt. Wenn man rein theoretisch von 120 Minuten Spielfilmlänge ausgeht (eine gut formatierte Drehbuchseite entspricht ziemlich genau einer Minute Film), so umfasst der erste Akt etwa 30, der zweite Akt 60 und der dritte Akt 30 Seiten. Syd Field setzt zwei entscheidende Wendepunkte jeweils ans Ende des ersten und des zweiten Akts, die er "plot point 1" und "plot point 2" nennt. Diese beiden Wendepunkte ändern die Handlungsrichtung und katapultieren den Protagonisten in neue, eskalierende Konflikte. Am Ende des dritten Akts erleben wir den Höhepunkt und die Auflösung, mit der alle Konflikte gelöst sein müssen. Wer Fields Drehbuchtheorie kennt, dem ist vielleicht auch der Begriff "inciting incident" bekannt. Das ist der Auslöser für die Filmhandlung und die Aufforderung für den Protagonisten, in den Konflikt einzusteigen. Dieser Auslöser liegt in den ersten Minuten des ersten Akts, katapultiert den Protagonisten aus seiner normalen Welt und zwingt ihn, aktiv zu werden. Man kann sich ruhig einmal das Vergnügen machen, mit einer Stoppuhr die Zeit zu messen, die diverse Lieblingsfilme benötigen, um zu diesem "inciting incident" zu kommen. In jede Filmgeschichte gehören auf alle Fälle Konfrontation und Konflikt. Der Konflikt muss eskalieren, denn im Konflikt zeigen alle Charaktere, wer sie wirklich sind, und außerdem ist der Zuschauer mit spannungsreichem Erzählen an den Sitz genagelt. Wunsch und Bedürfnis des Protagonisten Eine nach Aristoteles klassisch angelegte Filmgeschichte erzählt von Personen, die vor einer Wahl stehen, etwas wollen und deswegen mit sich selbst und anderen Personen in Konflikt geraten. Im weiteren Verlauf der Geschichte entdecken sie möglicherweise, dass das, was sie ursprünglich wollten (der Wunsch), nicht mehr wichtig ist. Sie haben vielleicht durch die Konflikterfahrungen herausgefunden, dass ihnen etwas ganz anderes fehlt, was ihnen ein reicheres Leben schenkt und aus ihnen einen besseren Menschen macht (das Bedürfnis). Ein Beispiel: Bei "Thelma und Louise" ist Thelma eine brave und unterwürfige Hausfrau, die unter ihrem gewalttätigen Ehemann leidet. Ihre Freundin Louise hat ihre eigenen Probleme mit Männern. Beide Frauen entfliehen einer sie einengenden Welt für ein Wochenende. Zum Schutz nehmen sie eine Pistole mit. Die folgenden Ereignisse katapultieren sie nicht nur in die Freiheit, sondern auch in viele Abenteuer und Gefahren, die darin gipfeln, dass sie zu Outlaws werden, zu Flüchtlingen vor der Polizei. Aber ihre innere Reise, ihre Transformation, besteht darin, dass sie sich selbst finden und damit ihr inneres Bedürfnis erfüllen. Als die Polizei sie verfolgt und schließlich stellt, ist den beiden Frauen klar, wie unendlich wichtig ihnen die neu gewonnene Freiheit ist. Sie rasen freiwillig mit ihrem Auto über den Rand des Canyons hinaus in den Tod. Die dramatische Zielfrage Zu Beginn jedes Genre-Films entsteht im Kopf der Zuschauer eine wichtige Frage, die die Haupthandlung anbelangt. Bei "Thelma und Louise" fragt sich der Zuschauer beispielsweise: "Schafft Thelma es, sich aus ihrer Lage zu befreien?" Dies nennt man die zentrale dramatische Frage oder dramatische Zielfrage. Ihr folgen Unterfragen, mit denen man den Film strukturiert. Sie führen logisch zum Ziel, nämlich zur Beantwortung der dramatischen Zielfrage. Der Punkt der Auflösung aller Handlungsstränge am Ende eines Drehbuches im dritten Akt beantwortet diese dramatische Zielfrage. Zum Beispiel lautet sie Bei "Erin Brockovich": "Schafft Erin es, einen Job zu behalten, um ihre Kinder ernähren zu können?" Und diese kann am Ende des Films mit "Ja" beantwortet werden, denn Erin wird belohnt und in die Anwaltsfirma aufgenommen. Eine solche Strukturierung nach Unterfragen stellt auch die Grundlage der Sequenz-Methode dar. Mit ihr werden die einzelnen Drehbuchakte in mehrere Sequenzen, zumeist acht, aufgeteilt und erweitern die Methode der 3-Akt-Theorie. Genauer gesagt, wenn man bei der Aufteilung in drei Akte von einer dramatischen Zielfrage und ihren drei logischen Unterfragen ausgeht, so entsteht bei der Aufteilung in acht Sequenzen eine dramatische Zielfrage mit acht Unterfragen. Etliche Drehbuchautoren schwören darauf. (In Teil 2 des Artikels wird die Strukturierungsmethode der "Heldenreise" anhand eines Beispiels vorgestellt.) **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Die Drehbuchautorin Marie Amsler, die seit 2010 Drehbuchschreiben online unterrichtet, studierte Literatur- und Filmwissenschaften in Europa und den USA. Ihr erster Spielfilm, "Puppe", entstand mit Corinna Harfouch als deutsch-schweizerische Koproduktion und kommt 2012 in die Kinos. Mehr zu ihren Kursen im Drehbuchschreiben unter http://www.StoryScript.eu ********************************************************************* SCHREIBKURS: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Spannung, Teil 1" von Anna Kaleri Von Drama und Film für die Prosa lernen Für das Prosaschreiben macht es sich gut, in ein benachbartes Gebiet der Literatur zu schwenken und zu sehen, was vom Drama für die Prosa von Relevanz ist. Dramaturgie können wir für das Prosaschreiben gut gebrauchen. Dieser Begriff aus der Theaterwelt (griech. "dramaturgein" = ein Drama verfassen) bezeichnet das Handwerk / die Kunst, ein Stück so zu komponieren und die Handlung (griech. "drama") so auf einen Bogen zu spannen, dass der Inhalt verständlich, stringent und effektiv gestaltet wird. Jede Szene, jeder Dialog hat eine Funktion. Sie besteht darin, die Handlung voranzutreiben oder Informationen über die Figur beziehungsweise das Geschehen zu vermitteln. In den Raum gestellte Andeutungen müssen eingelöst werden, das verlangte schon Anton Tschechow: "Man kann kein Gewehr auf die Bühne stellen, wenn niemand die Absicht hat, einen Schuss daraus abzugeben." Aber man kann den Zuschauer natürlich absichtlich auf die falsche Fährte führen. David Lynch lässt etwa seinen Film "The Straight Story" so beginnen: Eine dicke Frau liegt im Liegestuhl, futtert Marshmallows und hält sich einen Sonnenreflektor vor das Gesicht. Es herrscht eine latent unheilvolle Stimmung. Vom nahen Nachbarhaus ertönt ein dumpfes Geräusch. Wir erwarten alles Mögliche, einen Mord oder zumindest einen Einblick in die Abgründe der amerikanischen Seele. Erzählt wird dann allerdings eine für Lynch recht harmlose Geschichte. Das Unerhörte, der Schuss, der Mord muss nach unseren Fernsehgewohnheiten in den ersten fünf Minuten passieren, damit wir nicht umschalten. Vielleicht wollte Lynch uns genau das unter die Nase reiben, aber es überwiegt das Gefühl, veralbert worden zu sein, weil eine Erwartung angelegt und nicht eingelöst wird. Ökonomie des Erzählens Wenn man den Film als zeitgenössischen Verwandten des Dramas betrachtet, wird deutlich, was mit Ökonomie gemeint ist: Stellt man beim Schneiden des Materials fest, dass eine Szene überflüssig ist, fliegt sie normalerweise raus, und mit ihr fliegen Tausende von Euro, die das Drehen gekostet hat, aus dem Fenster. Deswegen ist bestenfalls das Drehbuch schon perfekt durchgearbeitet. Ganz so streng muss es in der Prosa natürlich nicht zugehen. Es ja primär die erzählende Gattung, die auf anschauliche Weise die Helden durch ihre Geschichte führt. Zwar stammt Prosa von lateinisch "prorsus / prosa oratio" = nach vorn gerichtete, schlichte Rede - sie darf aber schon mal verweilen, wenn es so schön ist, oder Abzweige ausprobieren. Papier ist bekanntlich geduldig, und wenn der Text oder der abendlich müde Rezipient einen Hänger hat, schlägt er das Buch ein anderes Mal wieder auf. Apropos Hänger. Gern wird in der Prosa auch mit filmischen Begriffen wie "Cliffhanger" geliebäugelt. Der Leser soll dann genauso bei der Stange gehalten werden, wie der Zuschauer die Werbepause in Kauf nimmt, weil er unbedingt wissen will, wie es weitergeht. "Suspense" ist der Überbegriff für diese Art der Unterhaltung. "Suspense" könnte man frei übersetzen mit "in Unsicherheit schweben" ("suspension bridge" ist die Hängebrücke). Haben Sie schon einmal versucht, auf so einem schwankenden Ding von einem Felsen zu einem anderem zu gelangen, während hundert Meter unter Ihnen ein brodelnder Abgrund seinen Rachen aufreißt? Ungefähr so ein Wagnis sollte auch der Held Ihrer Geschichte eingehen. Er hat einen Ausgangspunkt A, das ist sein jetziger Stand im Leben, seine Bedingtheiten und Wünsche. Und er hat ein Ziel B vor Augen, für das er kämpft, weil es sich zu erreichen lohnt. Der Weg von A nach B muss ihn an Grenzen bringen, ihn mit Feinden und Gefahren konfrontieren. Bestenfalls sind das nicht nur äußere Anfechtungen, sondern auch solche, die mit seinem Innersten zusammenhängen, mit einer Kollision von Wünschen und Werten innerhalb seiner Persönlichkeit. Konfliktpotentiale Das Mitfiebern mit einer Fígur wird durch die Empathie ermöglicht, die der Leser für diese Figur aufbringt. Er fiebert umso mehr mit, je größer die Gefahr ist beziehungsweise je aussichtsloser es ist, dass der Held sein Ziel (doch noch) erreicht. Je mehr auf dem Spiel steht, desto größer ist seine "Fallhöhe". Es muss nicht gleich wie auf einer brüchigen Hängebrücke um Leben und Tod gehen, aber doch um eine sehr große Herausforderung, die der Held meistern muss, um am Ende gereifter da zu stehen und neue Anteile in eine gerundete Persönlichkeit einzubringen (zum Beispiel eine tief sitzende Angst überwunden zu haben). Ein grundlegender Auslöser und Handlungsvorantreiber im Drama, von dem wir in der Prosa viel lernen können, ist der Konflikt. Er wird am Anfang eingeführt und über bestimmte Etappen verfolgt. Ein Konflikt (lat. "conflictus" = Zusammenstoß, Kampf) ist eine "Kampfsituation zwischen Partnern mit gegenteiligem Interesse" (Manfred Wekwerth). Solch eine Interessenkollision kann als äußerer Konflikt zwischen einzelnen Menschen, zwischen einzelnen Menschen und einer Partei oder zwischen zwei Parteien stattfinden. So kommt es etwa zwischen den Montagues und den Capulets zu Beleidigungen und blutigen Degenkämpfen (Parteienkonflikt, obwohl der Anlass gar nicht mehr präsent ist), Julia hat wegen ihrer Liebe als Einzelperson das Problem, sich gegenüber ihrer Familie zu positionieren, die sie anderweitig vergeben will. Äußere und innere Konflikte Äußere und innere Konflikte gehen meistens Hand in Hand. Der Jäger, der auf Geheiß der Königin das junge Schneewittchen umbringen soll, hat einen komplexen Konflikt, als er mit dem Hirschfänger vor Schneewittchen steht und sie ihn anfleht, sie am Leben zu lassen. Der Jäger steht in Abhängigkeit zur Königin, muss ihren Befehl ausführen und ist doch ein mitfühlender Mensch. Mit welchem cleveren Schachzug er die Situation (also ein Minidrama im ganzen Märchen) meistert, ist ja bekannt. Die meisten prototypischen Konflikte enthält neben Märchen vermutlich die Bibel. Ein Vater wird auf die Probe gestellt, ob er Gott so sehr liebt, dass er sogar seinen Sohn opfern würde. Ein Bruder tötet den anderen. Ein Jünger verrät seinen Heiland. Was für eine Löwen- beziehungsweise Fundgrube! Und auch in unserer Lebenswirklichkeit gibt es Parteien, die auf das gleiche Land Anspruch erheben, Menschen, die dieselbe Person lieben oder die die gemeinsam gemachte Beute für sich allein haben wollen. Richtig interessant wird es, wenn zu den äußerlich bedingten Spannungen innere hinzukommen. Hinter den Handlungen, Gedanken und Aussagen unserer Figuren stecken bestimmte Haltungen und Werte. Die wichtigsten sollten wir als Autor umreißen können. Aus den Motivationen ergeben sich die Konflikte, die die Handlung aus dem Hintergrund antreiben. Bedingt durch den Charakter / die äußere Formung treten bestimmte Eigenschaften wie Ängste und Wünsche auf, die miteinander im Widerspruch stehen. Motivation Deswegen ist es wichtig, zu den Hauptfiguren ein Profil anzulegen und wichtige Eckpunkte zu markieren. Gab es ein besonderes Erlebnis in der Vergangenheit? Was prägt die Figur in ihrer Jetzt-Zeit? Was hat sie für grundlegende und was für aktuelle Wünsche und Ziele? Dazu gehört, dass die Figur mindestens zwei tendenziell positive und zwei tendenziell gegenläufige Charaktereigenschaften hat. Zum Beispiel ist eine Figur grundsätzlich auf Sicherheit bedacht, liebt ihre Familie über alles, hat Verlustängste, die in der Kindheit angelegt sind, und sie möchte ihren Individualismus ausleben. Eines Tages bekommt sie dazu die Chance ... Liebe und Geld zu erlangen sind menschliche Grundmotivationen. Sie formen Stoffe, aus denen Hollywood-Filme wie "Ein unmoralisches Angebot" gemacht werden. Sie funktionieren, als Film, immer wieder. Von diesen Mustern können wir lernen. Für eine Erzählung oder einen Roman müssten die Figuren ein paar mehr Fassetten abbekommen, um wirklich eine innere Entwicklung zu ermöglichen und zu beweisen, dass sie von innen heraus "Helden" sind. (In Teil 2 dieses Beitrags geht es unter anderem um Suspense und Spannungsbögen.) **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Anna Kaleri hat am Deutschen Literaturinstitut Leipzig studiert. Sie hat zwei Bücher veröffentlicht, im Herbst 2012 erscheint ihr neuer Roman. Sie arbeitet als freie Journalistin und leitet seit 2008 die Prosawerkstatt Leipzig, die eine fortlaufende Werkstatt beinhaltet sowie sechs Intensivkurse im Jahr zu den handwerklichen Grundbausteinen der Prosa. www.prosawerkstatt.de ********************************************************************* SPANNUNG, DER UNTERLEIB DER LITERATUR: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) Was macht Romane spannend, und vor allem: Was macht sie langweilig? Wer Szenen hat, die sie oder er für spannend hält, oder Szenen, bei denen er sich nicht sicher ist, oder solche, die eigentlich spannender gestaltet sein sollten, doch die Frage ist: Wie? - wer solche Szenen hat, kann sie mir schicken. Ich wähle dann einige aus, die ich im Tempest bespreche. Schickt die Szenen als E-Mail-Anhang im RTF-Format an:Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. Bitte nicht mehr als 7.000 Anschläge, also etwa vier Normseiten. Dazu zählt auch der Vorspann! Da die Szenen aus beliebigen Stellen eurer Manuskripte stammen dürfen, müsst ihr eventuell die Vorgeschichte der Szene erklären. Diese Erklärung sollte 400 Anschläge nicht überschreiten! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "Comeback" Text: anonym, Lektorat: Hans Peter Roentgen Vorgeschichte: Ein talentierter 20-jährige Musiker ist den Drogen verfallen, hat aber einen Entzug überstanden und hat nun einen Auftritt in einer Kneipe. Hauptstory: Der Auftritt stand kurz bevor und Kevin verspürte die nötige Aufregung für einen guten Gig und er verspürte auch den Drang, diese Aufregung zu betäuben. Nein, es würde auch ohne Drogen gut werden, er war sich ganz sicher. Unweigerlich drängten sich die die Erinnerungen an seine erste Show in sein Gedächtnis. Die dicke, verbrauchte Luft, das warme Scheinwerferlicht und eine viel zu kleine, enge Bühne mit fast direktem Kontakt zu den circa 70 Zuschauern. Schweiß troff Kevins Kopf herunter und seine schwitzigen Finger duldeten keine Verspieler. Dazu sein Gesang, der, wie er fand, viel zu schwach klang. Doch das Publikum ließ sich mitreißen von dem Gespielten. Jedes Gitarrensolo brachte die Fans zum Beben. Das intensive, egopuschende Hochgefühl, das alles andere ausblendet und jedes Problem kurzzeitig vergessen ließ. Dafür stand er im Rampenlicht. Viertel vor zehn. Kevin betrat die Kneipe und genoss den herben, alkoholastigen Geruch in der Luft sowie die softe Rockmusik, die mitschwang. Der Pub war gut besucht wie ein Imbissstand bei Mittag und die meisten Gäste waren Männer oder Pärchen, die Bier tranken. Aber es mischten sich bereits Jugendliche unter sie. Das Rauchverbot gilt anscheinend nicht für diese Kneipe, ging es Kevin durch den Kopf und trat durch eine blaue Dunstwolke an die Bar. Sofort entdeckte ihn Andi, der sichtlich nervös wirkte. "Da bist du ja endlich! Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr." "Wieso? Ich bin doch zu früh." Kevin dachte daran, wie Marla ihn gedrängt hatte, endlich zu seinem Auftritt zu gehen. Das passte gar nicht zu ihr. "Ja, richtig. Ich bin ein wenig nervös. Außerdem habe ich eine Änderung. Komm mit." Der Kneipenbesitzer wirbelte herum und verschwand in den Vorratsraum. Kevin verkniff sich einen Kommentar. Eine Änderung kurz vor dem Gig? Warum stresste Andi sich so? Der Exjunkie war schließlich derjenige, für den alles auf dem Spiel stand. Er benötigte das Geld dringend. "Ich glaube, das wird heute nichts. Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl.", fing Andi an. "Mein Magen grummelt auch schon die ganze Zeit wie ein ... Ach mir fällt nichts ein." "Was?" Kevin schaffte es nicht, einen klaren Gedanken fassen. Der Kneipenbesitzer verbreitete Unruhe wie ein Kranker Bakterien. Es war doch nur ein Gig, hämmerte sich der Gitarrist ein. Mir kann nichts passieren. Ich beherrsche die Songs und der Text liegt zur Not in meiner Sichtweite. "Ich weiß nicht. Hab irgendwie schon schlecht geträumt. Hängt viel dran an der Sache mit der Livemusik", antwortete der Kneipenbesitzer und starrte abgelenkt eine halbvolle Kiste Bier an. "Also zu der Musik: Die Zeiteinteilung kennst du noch?" "Ja", antwortete der Exjunkie und zündete sich eine Zigarette an. "Was ist mit ∑ hier darfst du nicht rauchen!" "Machen alle anderen doch auch ∑" "Ja ∑ egal jetzt." Andi fummelte an der Gitarrentasche herum. "Was habe ich gerade nochmal gesagt?" "Hier darfst du nicht rauchen." "Nein, das andere." "Die Zeiteinteilung?" "Ja, genau ∑ kennst du sie?", hakte der Kneipenbesitzer nach. "Einmal um viertel vor 11 und dann zu jeder weiteren vollen Stunde bis 4 Uhr morgens. Mal ne dreiviertel Stunde, mal ne halbe Stunde spielen." "Sehr gut. Zieh einfach alles vor, du fängst jetzt gleich um 10 an und das Geld kriegst du dann morgen." Andi reichte ihm die Gitarre und fischte aus seiner eigenen Tasche eine Packung Nikotinkaugummis. "Moment. Wieso kriege ich mein Geld erst morgen?" "Die Bar schließt um fünf Uhr. Danach wird erst die Abrechnung gemacht. Du kannst natürlich auch so lange warten ∑" Der Kneipenbesitzer drückte zwei Kaugummis aus der Plastikverkleidung heraus und fügte irgendwie schuldbewusst hinzu: "Bin seit drei Monaten Nichtraucher. Dafür fresse ich die Teile jetzt wie Gummibärchen." Junkie. Junkie! JUNKIE! "Aha. Ich kann nicht sofort anfangen. So funktioniert das nicht." "Was? Warum funktioniert es nicht?" "Wann soll ich mich denn bitte warmspielen? Noch nie was von einem Soundcheck gehört?" Andi entschied sich prompt für einen dritten Kaugummi. "Aber am Montag hast du auch einfach so gespielt!" "Da hatte ich aber schon eine Stunde vorher eine Gitarre in der Hand gehabt!" Kevin war gewiss kein Profi, aber dieser Typ verhielt sich wie ein blutiger Anfänger. "Dann spiel dich doch jetzt eben warm." "Das ist zu wenig Zeit! Aber okay ∑ ich schaffe das schon irgendwie." Kevin schnappte sich das Instrument und stapfte Richtung Podium. "Ach ja, trinken kannst du natürlich so viel du willst. Geht alles aufs Haus! Viel Glück!" Die Gitarre lag in seiner Hand wie ein passender Handschuh. Was für ein Glück, wenigstens das Equipment gestellt zu kriegen. Aber was, wenn eine Saite riss? Oder die Mikrophonbatterien den Geist aufgaben? Hatte der Kneipenbesitzer daran gedacht? Solche Kleinigkeiten zerstörten den gesamten Auftritt! So ein nervöser Schwachkopf! Der Exjunkie wusste nicht recht, ob er Andi oder sich selbst meinte. Er stöpselte das Soundkabel in das Effektgerät. Dabei stierte er auf den Alkohol hinter der Bar. Spirituosenflaschen türmten sich wie Trophäen im Regal hinter der Theke und das Guinness vom Fass sprudelte aus dem Zapfhahn in ein Glas. Es bildete sich eine perfekte Schaumkrone, die knapp über den Gläserrand lugte. Kevin leckte sich über die Lippen, was würde er für so ein kühles Bier geben ∑ Er würde nur eins trinken gegen den trockenen Hals. Er hatte noch nie total nüchtern gespielt. Nur ein einziges und danach einfach aufhören. Nein, du bist hier nur zum Spielen, meldete sich eine Stimme im Kopf. Zieh einmal in deinem Leben etwas richtig durch. Was ist schon ein Bier? Eins zu viel. Er wandte sich von der Bar ab. Die Einstellungen der Geräte waren wegen des schummrigen Lichts schwer zu erkennen. Kevin konnte die Schalterbezeichnungen nicht gut lesen und drehte nach Gefühl herum. Wie bei Soundchecks auf Konzerten murmelte er stumpfsinnige Sätze ins Mikro, die erst gar nicht, dann zu laut und schließlich in der richtigen Stärke ertönten. Die Gäste schauten verdrießlich über den Lärm in seine Richtung. Andi dagegen zappelte hinter dem Tresen wie ein Fisch an Land. Kevin jedoch blieb ruhig, steckte sich noch eine Zigarette an und stimmte das Instrument. Hätte er seine Auftritte mitgezählt, wäre er bestimmt schon bei über sechzig angekommen, und wie oft ist alles schiefgelaufen und war trotzdem ein Erfolg? Jedenfalls oft genug. Zu dem Gitarrensound mischte er noch einige Effekte. Dadurch erzielte er einen intensiveren Sound und eine gute Show. Darauf kam es schließlich an. Der Musiker setzte sich auf seinen Hocker, rückte das Mikro vor seinen Mund und schaute durch den Pub. Er fing alle Blicke auf wie ein Zirkusclown in der Manege. In jedem Gesicht las Kevin eine leichte Spur von Erwartung, die es jetzt galt zu befriedigen. Er drückte seinen Glimmstängel aus und raunte: "Hallo, ich bin Broke und ich werde heute für euch spielen." Broke gehörte zu seiner Show wie das Amen in der Kirche. Kevin hätte keinen anderen Namen sagen können. Nach holprigen Startakkorden und quiekender Stimme dauerte es nicht lange, da füllte ein nahezu perfekter Klang den Raum aus wie ein wunderschöner Engel, der mit seinem Licht jede Dunkelheit vertrieb. Kevins Gedanken waren frei und gelöst. Alles um ihn herum verlor an Wert und die Fähigkeiten an der Gitarre und das teure Equipment erzeugten Töne, die den Gästen ins Ohr stiegen und dort mit Wohlgefallen blieben. Die vorher so reservierte Atmosphäre zersprang wie Eis und die Leute fingen an, sich richtig zu entspannen, ihren Feierabend zu genießen, noch einen Drink zu bestellen und ihre Hemmungen wie einen Mantel abzulegen. Ein Mann lachte übertrieben laut auf und erntete belustigte Blicke vom Nachbartisch. Kevin bemerkte, wie der Zauber der Musik die Bar umhüllte und jeder wenigstens für Bruchteile alle Sorgen vergaß. Auch der Exjunkie. Musik erzeugte die verschiedensten Emotionen, Träume und Sehnsüchte. Kevin formte das Geschehen im Pub so leicht wie warmes Wachs. Der Grund dafür lag auf der Hand. Es war das erste Mal seit langem, dass Kevin Weber nüchtern und clean eine Show ablieferte. Gefühlte fünf Minuten später hörte er auch schon wieder auf, bedankte sich und verließ das Podium. Ein lang anhaltender Applaus ging durch die Kneipe und einige pfiffen sogar kurz und laut auf. Andi grinste dem Gitarristen entgegen und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. "Das war perfekt! Ich wusste, ich kann auf dich zählen. Kein Einziger hat die Bar verlassen. Niemand. Eher im Gegenteil!" Absurderweise wirkte Andi wie Dagobert Duck mit großen Dollarzeichen in den Augen. Den Gitarristen überfiel eine nachhaltende Euphorie, die ihn wie warmer Regen angenehm reinwusch. Er brauchte nicht mal eine Zigarette. Mit einer Cola und der Gitarre setzte er sich ins Hinterzimmer. So fühlt sich also Zufriedenheit an, dachte der Exjunkie. Trotzdem stand ihm noch eine lange Nacht bevor. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Lektorat von Hans Peter Roentgen Ein Exjunkie will wieder spielen, es ist sein erster Auftritt. Der Kneipenbesitzer nervt, hat keine Ahnung, aber der Auftritt gelingt. Keine Szene, die durch Action Spannung erzeugen könnte (es sei denn, die Gäste veranstalten wegen der Musik eine Schlägerei). Dennoch gibt es Spannungsmomente. Immerhin ist es der erste Auftritt, seitdem der Musiker clean ist. Überhaupt der erste Auftritt seit langem nüchtern und clean. Ist die Szene spannend? Was meinen Sie? Und vor allem: Eelche Teile der Szene sind spannend? Für mich ist es vor allem das Gespräch mit dem Kneipenbesitzer. Dort atmet die Szene, dort glaube ich dem Autor, der nervös-kaputte Kneipenbesitzer steht mir vor dem Auge und der Musiker, der merkt, dass sein Gegenüber zwar eine Musikkneipe betreibt, aber offensichtlich keine Ahnung hat. Dieser Konflikt fesselt den Leser. Rückblenden spannungssteigernd einsetzen Aber wie sieht es mit dem Rest aus? Die Szene beginnt mit einem Rückblick auf den ersten Auftritt. Doch dieser Rückblick klingt nicht sehr aufregend. Weil der Musiker zwar ein wenig aufgeregt ist, auch ein bisschen Selbstzweifel hat, doch sehr groß sind die nicht. Alles geht glatt. Warum dann die Rückblende? Brauchen wir hier überhaupt die Rückblende, die zur Spannung und Atmosphäre so gar nichts beiträgt? Meiner Meinung nach kann man sie streichen. Vielleicht gäbe es auch eine andere Möglichkeit? Denn an was würde ein Musiker sich vor seinem ersten cleanen Auftritt erinnern? An den ersten Auftritt, der glatt über die Bühne ging? Oder an seinen Abstieg als Junkie, der vermutlich auch mit immer schlechteren Auftritten Hand in Hand ging? An seinen letzten Auftritt, den er völlig stoned in den Sand gesetzt hat? Wenn hier eine Rückblende angesagt ist, dann eher eine aus seinem Abstieg. Was befürchtet jemand, der zum ersten Mal wieder auftritt? Klar, dass es wieder schief geht. Dass sein Talent durch die Drogen verschwunden ist, dass er das Publikum nicht mehr fesseln kann. Doch unser Musiker hat da keine Zweifel. .......... "Hätte er seine Auftritte mitgezählt, wäre er bestimmt schon bei über sechzig angekommen, und wie oft ist alles schiefgelaufen und war trotzdem ein Erfolg? Jedenfalls oft genug." .......... Womit dem Leser verraten wird, dass er nichts zu befürchten hat, weil alles gut gehen wird wie immer. Nicht sehr spannend und auch nicht sehr glaubwürdig. Denn welcher Ex-Junkie dürfte sich seiner selbst so gewiss sein? Zeigen statt behaupten Dann kommt der Auftritt. Und während der Dialog mit dem Kneipenbesitzer lebt, während dort die Personen und ihre Konflikte gezeigt werden, statt dass der Autor sie behauptet, wird beim Auftritt nur noch behauptet. Wir erleben nicht, wie der Musiker seine Zuhörer in Bann schlägt, der Autor sagt es uns. .......... "Musik erzeugte die verschiedensten Emotionen, Träume und Sehnsüchte. Kevin formte das Geschehen im Pub so leicht wie warmes Wachs. Der Grund dafür lag auf der Hand. Es war das erste Mal seit langem, dass Kevin Weber nüchtern und clean eine Show ablieferte. " .......... Leider erzeugen solche Behauptungen keine Emotionen, keine Träume und schon gar keine Sehnsüchte. Wie formt man ein Geschehen im Pub? Davon zeigt uns der Text gar nichts. Wir erfahren nicht mal, welche Musik der Musiker spielt. Stimmt er die Zuhörer mit Blues melancholisch? Heizt er ihnen mit Rock‚n‚Roll ein? Spielt er gängige Hits? Rappt er? Nach dem Text könnte er sogar Mozart spielen. Hier wäre mehr Atmosphäre nötig. Ich bin kein Musiker, tue mich deshalb schwer, eine solche Szene zu formulieren, aber ich versuch‚s mal: .......... "Langsam stimmte er 'Whisky and women' an, der Blues rann durch seine Finger, er wusste, er musste die Musik fließen lassen, Blues kann man nicht mit dem Kopf spielen, aber sein Kopf wollte nicht schweigen. Prompt verlor er die Zuhörer, die Gespräche im Raum wurden lauter, er reagierte wütend, spielte "Roll over Beethoven", legte seine ganze Wut hinein, es war ihm jetzt egal, was die Zuhörer davon hielten, er wollte ihnen die Gespräche niederspielen. Die Gespräche verstummten. Aber nicht wegen der Lautstärke. Die beiden Männer direkt vor ihm am Tisch schauten sich nicht mehr gegenseitig an, sondern auf die Bühne. "We are marching for freedom" brachte einige dazu, mitzuklatschen. Der Wirt trug frisch gezapftes Guiness durch den Raum. Ein Bier, ein Königreich für ein Bier, nur eins, er könnte es neben sich auf die Bühne stellen, er müsste nur winken. Good bye, Mary Lou, er müsste nur winken." .......... Sie werden feststellen, dass meine Musikkenntnisse ein reifes Alter haben. Aber versuchen Sie mal, das Ganze mit Musik, die Sie selbst schätzen, zu schreiben: Wie fühlt man sich auf der Bühne, wie beeinflusst Musik die Stimmung, wie kann man das zeigen, statt zu behaupten: "Die Musik formte die Zuhörer"? Ein sehr gutes Beispiel dafür ist "Herr Mozart wacht auf" von Eva Baronsky, das ich nicht nur Musikliebhabern empfehlen möchte. Die Autorin versteht es meisterhaft, ihren Mozart (von dem wir nicht mal sicher wissen, ob es wirklich Mozart ist) zu zeigen und die Wirkung, die seine Musik hat. Die Personenbezeichnungen Noch eine Nachbemerkung zu den Namen. Kevin wird immer wieder auch als "Ex-Junkie" im Text bezeichnet, anstatt den Namen zu nennen. Autoren sollten vorsichtig mit unterschiedlichen Bezeichnungen für Ihre Charaktere agieren. Am besten ist es, bei einer zu bleiben, um den Leser nicht zu verwirren. Wenn ein Spitzname gewählt wird, sollte der erstens einprägsam sein und zweitens im Falle des Protagonisten nicht abwertend. "Ex-Junkie" klingt abwertend, der Leser stutzt und braucht Zeit, um zu folgern: Ach ja, damit ist Kevin gemeint. **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Hans Peter Roentgen ist Autor der Bücher "Vier Seiten für ein Halleluja" über Romananfänge und "Drei Seiten für ein Exposé". Außerdem hält er Schreibkurse und lektoriert. ********************************************************************* BUCHBESPRECHUNG: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Bessere! Romane! Schreiben!" von Stephan Waldscheidt besprochen von Gabi Neumayer Wie viele Tempest-LeserInnen, die seinen Honeyball Lektor aus vielen Ausgaben kennen und lieben, bin auch ich ein Fan von Stephan Waldscheidt. Von seinen Satiren, von seinem ersten Roman (als Paul Mesa), "Die kleine Göttin der Fruchtbarkeit", und von seinen klugen, nützlichen und ebenso mitreißend wie amüsant geschriebenen Artikeln übers Schreiben. 56 überarbeitete und erweiterte Artikel aus seinem Blog http://schriftzeit.de hat er nun in seinem ersten E-Book zusammengefasst. Mehr als 250.000 Zeichen (etwa 150 Buchseiten wären das) voller guter, anschaulicher Schreibtipps, von denen man manche nirgendwo anders findet. Aber auch, wenn Waldscheidt sich auf bekanntem Terrain bewegt, erhöht er die Nützlichkeit der Tipps durch besonders treffende Beispiele oder einen besonderen Blickwinkel. Eine kleine Auswahl der Themen: - warum es hilfreich ist, sich von seinen Romanfiguren ärgern zu lassen - warum Prologe die Pest sind - und wann und wie man sie trotzdem einsetzen kann - wann Zufälle helfen und wann man sie auf keinen Fall bemühen sollte - wie schamlose Übertreibungen eine Geschichte mitreißend machen können - welchen Schaden Klischees anrichten und was man stattdessen tun kann - wie man den Wald trotz der vielen Bäume wieder sieht (bzw. den Roman trotz seiner vielen komplexen Elemente: Plot, Charaktere, Symbolik und und und ...) - wie man den richtigen Anfang findet - und welche man lieber links liegen lässt - wie man interessante Nebenfiguren erschafft - was Romanfiguren antreibt - wie man eine erste Fassung schreibt - und wie man lustvoll überarbeitet Dumm nur, dass Waldscheidt so gut, so witzig, so begeisternd schreibt, dass man das E-Book wie einen guten Roman viel zu schnell durchschmökert anstatt die Tipps erst mal tagelang abzuwägen und dann im aktuellen Schreib-Werk umzusetzen. Tja, damit muss man als LeserIn dieses Buches eben genauso fertig werden wie mit Schreibblockaden, bockigen Charakteren und abstürzenden Computern. Ein Trost: Waldscheidts Buch macht viel mehr Spaß. Und bessere AutorInnen aus uns. Stephan Waldscheidt: "Bessere! Romane! Schreiben!", schriftzeit.de e- book Nr. 1, 2,99 Euro, erhältlich bei Amazon ********************************************************************* INTERVIEW: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Ich liebe es, die Geschichte wachsen zu sehen" Interview mit Jutta Wilke Ramona und Thomas Roth-Berghofer: Liebe Jutta Wilke, im Januar ist Ihr aktueller Jugendbuch-Thriller "Wie ein Flügelschlag" im Coppenrath Verlag erschienen: Für die talentierte sechzehnjährige Schwimmerin Jana geht ein Traum in Erfüllung, als sie ein Sport-Stipendium erhält. Der Traum verwandelt sich jedoch rasch in einen Alptraum, als Jana ihre Freundin Melanie tot im Schwimmbecken findet. Angeblich Herzversagen, doch Jana ahnt, dass mehr dahinter steckt. Als sie mit ihren Nachforschungen beginnt, stößt sie auf eine Mauer des Schweigens. Doch dann kommen Jana und Melanies Bruder Mika einer furchtbaren Wahrheit auf die Spur. Eine packende Geschichte. Wie kamen Sie auf die Idee zu diesem Spannungsroman? Wieso gerade das Umfeld des Schwimmens? Jutta Wilke: Ich habe als Jugendliche und auch noch als Studentin selbst Leistungssport betrieben. Nicht in einem Sportinternat, und ich war auch bei weitem nicht so talentiert wie Jana aus meinem Roman, aber ich habe eben doch fünf- bis sechsmal pro Woche trainiert. Als Jugendliche Leichtathletik, als junge Erwachsene Triathlon. Ich weiß also recht gut, wie es ist, wenn sich alles andere im Leben dem Sport unterordnen muss. Auf die Idee zu dem Roman bin ich gekommen, als einer meiner besten Freunde 2008 bei einem Radrennen plötzlich stehen blieb und dann auf der Stelle an Herzversagen starb. Das hat mich sehr mitgenommen, und ich habe mich dadurch viel mit der Frage beschäftigt: Warum streben manche Menschen so sehr nach sportlichen Höchstleistungen? Was gibt ihnen das? Was treibt sie an? So habe ich in meinem Roman mit Jana und Melanie auch zwei Sportlerinnen gewählt, die aus ganz unterschiedlichem Antrieb heraus zu den Besten ihres Sports geworden sind. Den Schwimmsport habe ich gewählt, weil eins meiner fünf Kinder ein sehr talentierter Schwimmer ist, selbst Leistungssport betreibt und ich ja auch durch das Triathlontraining ein bisschen was davon verstehe. Außerdem eignete sich das Schwimmen natürlich sehr gut für das Bild des "Freischwimmens" von Problemen oder Ängsten. RRB/TRB: Wie sind Sie beim Schreiben vorgegangen? Sind Sie mehr eine intuitive Autorin, oder planen Sie jedes Detail im Voraus? JW: Ich plane sehr gründlich im Voraus. Das heißt, ich entwickele erst einen kompletten Plot über 20-30 Seiten, habe meine Kapiteleinteilung stehen und Biographien für alle wichtigen Personen im Buch, bevor ich überhaupt die erste Zeile schreibe. Ich liebe es zu plotten, die Geschichte wachsen zu sehen, eine neue Welt entstehen zu lassen, verschiedene Charaktere ins Rennen zu schicken. Das eigentliche Schreiben empfinde ich dann aber als mindestens genauso schön. Da ich ja genau weiß, was wann wo passieren soll, kann ich mich beim Schreiben ganz auf die Sprache konzentrieren, die mir auch sehr wichtig ist. RRB/TRB: Wie sah Ihre Recherchearbeit für "Wie ein Flügelschlag" aus? JW: Für die Szenen zum Schwimmtraining habe ich nicht allzu viel Recherche gebraucht, ich höre ja täglich am Familientisch, wie ein Training so abläuft, auf was es ankommt und so. Ein paar Einzelheiten, wie man z. B. eine exakte Rollwende trainiert, habe ich dann bei den Trainern meines Sohnes nachgefragt. Kniffliger war das Doping-Thema. Hier habe ich einen sehr hilfsbereiten Mediziner der Suchtmedizin via XING ausfindig gemacht, der mir wochenlang in regem Mailkontakt jede noch so dämliche Frage beantwortet hat. Ich hoffe jetzt, dass ich die medizinische Seite auch einigermaßen korrekt wiedergegeben habe. RRB/TRB: Wie umfangreich war die Zusammenarbeit mit dem Lektorat des Coppenrath Verlags? JW: Die Zusammenarbeit mit meiner Lektorin Jutta Knollmann bei Coppenrath ist immer wieder wunderbar. In meinen Text hat sie quasi überhaupt nicht eingegriffen. Und wenn die Lektorin nach dem ersten Durchlesen mailt, sie habe eine Gänsehaut, dann weiß ich, der Text funktioniert. Natürlich hat sie mir noch geholfen, ein paar Ungereimtheiten zu beseitigen und auch jede Menge Schreibfehler und Wortwiederholungen gefunden. Aber das sind alles Dinge, für die ich jedes Mal sehr dankbar bin. RRB/TRB: Hatten Sie Einfluss auf die Titelwahl, die Wahl des Buchcovers oder den Klappentext? JW: Wir haben jede Menge Titel gemeinsam durchprobiert, die Flügelschlag-Idee kam von meiner Lektorin, und ich war sofort begeistert. Auch die Coverentwürfe habe ich alle gesehen, und auch hier waren wir uns sofort einig, welches uns am besten gefällt. Den Klappentext habe ich eigentlich nur noch abgesegnet, aber hier achte ich auch nur darauf, dass er keinen Spoiler enthält, und das war nicht der Fall. RRB/TRB: Wie lange haben Sie an "Wie ein Flügelschlag" gearbeitet? JW: Die erste Idee hatte ich, wie gesagt, 2008. Dann lag das Ganze lange in der Schublade. In einem Schreibseminar bei Rainer Wekwerth habe ich dann mal angefangen, einen Plot zu entwickeln. Tatsächlich geschrieben habe ich den Roman dann in drei Monaten im Sommer 2011. RRB/TRB: Wie kamen Sie zum Schreiben? Gab es Vorbilder oder ein bestimmtes Schlüsselerlebnis? JW: Wie so viele Autoren habe ich eigentlich schon immer irgendetwas geschrieben. Tagebuch, Gedichte, Schülerzeitung, die ganze Palette. Da ich eine Großfamilie habe, wurde ich irgendwann von der Zeitschrift "Eltern" gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, hierüber zu bloggen, was ich dann ein paar Jahre getan habe. Dieses Blog wurde später von der "Brigitte-Woman" fortgesetzt, und da habe ich langsam gemerkt, das Schreiben und auch Geschichtenerzählen ist eigentlich das, was ich schon immer am liebsten mache und gerne auch in Zukunft weiter machen möchte. Ich habe dann sehr konsequent meinen Beruf an den Nagel gehängt und mich um Auftragsarbeiten bemüht. So entstanden viele hundert kleine Geschichten für Lingoli (Gute-Nacht-Geschichten und Adventskalendergeschichten). Damit ich wirklich Zeit zum Schreiben hatte, habe ich drei Jahre lang morgens zwischen 4 und 6 Uhr unsere Tageszeitung ausgetragen. Das haben viele nicht verstanden. Aber so konnte ich meine Familie weiter finanziell unterstützen und trotzdem jeden Vormittag, wenn die Kinder aus dem Haus waren, am Schreibtisch sitzen. Hier ist dann neben den vielen Kurzgeschichten mein erster Roman "Holundermond" entstanden. RRB/TRB: Sie haben viele Jahre als Rechtsanwältin gearbeitet. Wirkt sich Ihre juristische Ausbildung auf Ihr Schreiben aus? JW: Die Juristerei inhaltlich eigentlich kaum. Was sich aber sicher auswirkt, ist, dass wir Juristen ständig mit Fristen arbeiten müssen. Seitenlang Schriftsätze fristgerecht fertig zu haben, nichts aufschieben zu können, oft mehrere wichtige Fälle, die inhaltlich völlig unterschiedlich sind, gleichzeitig bearbeiten zu müssen, das alles wirkt sich schon sehr positiv auf mein Schreiben aus. Und natürlich merke ich jetzt auch, dass es mir sehr hilft, dass ich als Anwältin gelernt habe, mich in der Öffentlichkeit zu bewegen, mit vielen verschiedenen Menschen zu arbeiten. Lesungen machen mir daher unglaublich viel Spaß und ich habe fast gar kein Lampenfieber. Noch etwas habe ich aus meinem Beruf mitgebracht: Da mein Vater Rechtsanwalt und Notar war, bin ich von Kind auf in diese Kanzlei hineingewachsen. Ich habe angefangen als "Kaffeepraktikantin", jahrelang als Schreibkraft für ihn gearbeitet, Fotokopierarbeiten übernommen, Botendienste ∑ bis hin eben zur Rechtsanwältin. D. h., ich konnte im Grunde von den Tätigkeiten her die Kanzlei alleine führen. Das hat mich gelehrt, dass für ein gutes Produkt immer ganz viele Menschen an einem Strang ziehen müssen. Deshalb ist mir heute der Kontakt zu ALLEN Verlagsmitarbeitern so wichtig. Ich möchte nicht nur meine Lektorin kennen, sondern auch meine Vertriebler, meine Presseleute, die Vertreter und selbst die Praktikantin, die nur meine Verträge kopiert. Erst dann habe ich das Gefühl, das Buch wird eine runde Sache. RRB/TRB: Wie sieht Ihr Alltag als Autorin aus? Ihr Arbeitsplatz? Gibt es Schreibrituale? JW: Ich fange an zu arbeiten, sowie alle Kinder aus dem Haus sind. Das ist spätestens ab halb acht am Morgen der Fall. Dann arbeite ich bis zum Mittagessen, ab da gehört die Zeit meinen Kindern und auch (zu wenig) dem Haushalt. Vor Abgabeterminen oder wenn es gerade sehr gut läuft, schreibe ich dann auch nachts oder am Wochenende. Ich schreibe meistens mitten im Haus, am Küchentisch. Ich brauche dieses Gefühl, "mittendrin" zu sein. Und Rituale? Literweise Kaffee und bergeweise Gummibärchen :-) RRB/TRB: Sie werden von der "Literaturagentur Michaela Hanauer" vertreten. Wie sieht die Zusammenarbeit mit Ihrer Literaturagentin aus? JW: Wir arbeiten ganz wunderbar Hand in Hand. Sie geht mit meinen Ideen auf die Messen, stellt mich bei Verlagen vor und kommt mit dem einen oder anderen Vertrag zurück. Da ich selbst auch sehr kontaktfreudig bin und viele gute Verlagskontakte habe, kann es auch mal passieren, dass ich selbst ein Angebot oder eine Anfrage erhalte. Dann gebe ich das an meine Agentin weiter und sage: "Machen Sie mal." So bleibe ich von dem ganzen Papierkram herrlich unbelastet und fühle mich wirklich wunderbar vertreten. Da wir beide ehemalige Juristinnen sind, wissen wir im Grunde beide, auf was es ankommt. Aber ich bin so froh, wenn ich mich darum nicht mehr kümmern muss, und Michaela Hanauer erreicht immer wieder Dinge, die ich so nicht hinbekommen hätte. Außerdem kümmert sie sich auch menschlich sehr rührend um mich, d.,h., sie interessiert sich auch für meine persönlichen Probleme und baut mich immer wieder auf, wenn ich mal ganz unten bin, oder macht mir auch Mut, mal kürzer zu treten oder mehr auf mich zu schauen. RRB/TRB: Was macht Ihrer Meinung nach eine gute Autorin aus? JW: Puh ∑ was für eine Frage. Ich lese ja auch selbst sehr viel. Und für mich ist ein Autor dann gut, wenn er es für eine Weile schafft, dass ich die Welt um mich herum vergesse. Wenn ich dann nach der letzten Seite gleichzeitig noch das Gefühl habe, mein Leben ist um eine Welt reicher geworden, ist es perfekt. Für mich wäre das ein Ziel, so zu schreiben, dass mir das mit meinen Lesern gelingt. Aber dazu muss ich noch sehr, sehr viel lernen. RRB/TRB: Gibt es irgendein Genre, das Sie als Autorin neben den Genres "Liebesroman" und "Spannungsroman" noch reizen würde? JW: "Holundermond" ist ein richtiger Abenteuerroman für Kinder mit einem Hauch Fantasy. Der Verlag bezeichnet ihn als Dan Brown für Kinder. Ohne dass ich mich mit dem berühmten Kollegen messen wollte, trifft es das vom Inhalt her sehr gut. "Wie ein Flügelschlag" ist eher ein Jugendkrimi. Dann gibt es demnächst noch (aus dem Sauerländer-Verlag) ein richtiges Kinderbuch von mir: "Florentine oder Wie man ein Schwein in den Fahrstuhl kriegt" ist eine Geschichte um die Freundschaft eines deutschen Einzelkinds mit einem türkischen Jungen aus einer Großfamilie. "Bitte zweimal Wolke 7" ist einfach ein fröhlich-frecher Liebesroman für Mädchen, in dem es aber auch um ein paar ernstere Themen geht, wie die Trennung der Eltern. Im Grunde ist es für mich einfacher, auszuschließen, was ich sicher nie schreiben werde: High-Fantasy. Ich würde es mir einfach nicht zutrauen, komplett neue Welten inklusive all ihrer Geschöpfe zu entwerfen. RRB/TRB: Wie sehen Ihre Schreibpläne für die Zukunft aus? JW: Aktuell schreibe ich einen weiteren Rebella-Roman für Coppenrath. Danach werde ich einen bösen Psychothriller schreiben und danach einen sehr ernsten Liebesroman, beide für Jugendliche bzw. junge Erwachsene. RRB/TRB: Welchen Roman (welche Zeitschrift, Kurzgeschichte, Sachbuch ...) lesen Sie gerade? Was hat Sie am stärksten beeindruckt? JW: Ich lese gerade aus dem Loewe-Verlag "In Liebe Brooklyn" von Lisa Schroeder. Als Sachbuch liegt auf meinem Tisch "Mit arabischen Grüßen" von Amor Ben Hamida, einem Schweizer Kollegen tunesischer Abstammung, dessen Bemühungen, uns die arabische Welt näherzubringen, mich sehr beeindrucken. Welches Buch mich in meinem Leben am stärksten beeindruckt hat? Es klingt vielleicht merkwürdig, aber ich bin mir sicher, das war die Bibel. Als Kind war ich sehr religiös, später war ich sehr kritisch, heute bin ich nicht einmal mehr in der Kirche, aber historisch sehr interessiert. In allen drei Phasen habe ich mich immer wieder mit der Bibel auseinandergesetzt. Jetzt habe ich mir eine (Kinder-)Übersetzung des Korans besorgt, weil ich ihn einfach auch mal kennenlernen möchte. RRB/TRB: Hätten Sie noch einen Rat für angehende Autoren und Autorinnen? JW: Bevor ich angefangen habe, das Schreiben zu meinem Beruf zu machen, hatte ich sehr romantische Vorstellungen vom Autorendasein. Ich dachte, ich sitze jeden Tag ein Stündchen im Café, schreibe einen netten Text, und die Verlage reißen ihn mir dann aus den Händen. Zum Glück für mich lernte ich bald einen versierten Kollegen kennen, der mich unter seine Fittiche nahm und mir beibrachte, dass Schreiben vor allem eins ist: zwar sehr befriedigende, aber auch harte Arbeit. Und wie in anderen Künsten auch gehören dazu nicht nur Talent, sondern auch viel Fleiß und viel Übung. Kein Mensch erwartet, dass er nach ein paar Klavierstunden zum Konzertpianisten taugt, aber viele erwarten, dass sie quasi zwischen Tür und Angel zum Bestsellerautor werden. Ich glaube, man muss einfach bereit sein, sich immer wieder der Kritik auszusetzen und täglich weiter zu üben und zu lernen. Und man darf niemals aufgeben. RRB/TRB: Herzlichen Dank für das Interview! Jutta Wilke: Ich danke euch! Mir hat das wirklich sehr viel Spaß gemacht! ********************************************************************* UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN: --------------------------------------------------------------------- Bitte schickt den ExpertInnen nur Fragen zu ihrem Expertenthema - keine Manuskripte zur Beurteilung. Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber sofort gelöscht wird. Drehbuch: Oliver Pautsch drehbuch at experte pt autorenforum pt de Fandom: Thomas Kohlschmidt fandom at experte pt autorenforum pt de Fantasy: Stefanie Bense fantasy at experte pt autorenforum pt de Heftroman: Arndt Ellmer heftroman at experte pt autorenforum pt de Historischer Roman: Titus Müller historischer.roman at experte pt autorenforum pt de Kinder- und Jugendbuch: Michael Borlik kinderbuch at experte pt autorenforum pt de Kriminalistik: Kajo Lang kriminalistik at experte pt autorenforum pt de Lesungen: Rüdiger Heins lesungen at experte pt autorenforum pt de Lyrik: Martina Weber lyrik at experte pt autorenforum pt de Sachbuch: Gabi Neumayer sachbuch at experte pt autorenforum pt de Schreibaus- und -fortbildung: Uli Rothfuss fortbildung at experte pt autorenforum pt de Schreibgruppen: Ute Hacker schreibgruppen at experte pt autorenforum pt de Schreibhandwerk: Ute Hacker schreibhandwerk at experte pt autorenforum pt de Sciencefiction: Andreas Eschbach sf-autor at experte pt autorenforum pt de Übersetzung: Barbara Slawig uebersetzerin at experte pt autorenforum pt de Verlagswesen: Bjørn Jagnow verlagswesen at experte pt autorenforum pt de ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ................. Experten-Special: ................. Bjørn Jagnow hat seine über 80 Fragen und Antworten zu den Themen Urheberrecht, Verlagswesen und Vermarktung der letzten Jahre gesammelt und in einem Buch zusammengefasst - thematisch sortiert und aktualisiert: Björn Jagnow: "Fragen und Antworten zu Urheberrecht, Verlagswesen und Vermarktung", 2009, 188 Seiten, 10,00 Euro, Edition Octopus ********************************************************************* FRAG DEN EXPERTEN FÜR DREHBUCH: --------------------------------------------------------------------- Oliver Pautsch (drehbuch at experte pt autorenforum pt de) Frage: Ich schreibe nun schon länger an einem Drehbuch zu einer schon laufenden Soap [...] im Fernsehen. Und habe meine eigenen Ideen dort eingebracht. Meine Frage ist, gibt es überhaupt eine Chance, dass sich jemand mein Drehbuch durchliest, oder ist es unmöglich, womöglich sogar strafbar, wenn man das Drehbuch an die betreffende Adresse schicken würde? Antwort: Da ich selbst schon in zwei Staffeln für [...] gearbeitet habe, kann ich dir versichern, dass es auf gar keinen Fall strafbar ist, den Produzenten der Soap einen Vorschlag zu machen. Allerdings stellen diese Produzenten hohe Ansprüche an die handwerklichen Fähigkeiten ihrer Autoren. Aber ausgeschlossen ist es natürlich nicht, dass du nach einem Vorschlag zumindest zu einem Gespräch eingeladen wirst. Versuch es einfach! **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Oliver Pautsch, Jahrgang 65, sammelte zunächst Erfahrungen als Fahrer, Beleuchter, Aufnahmeleiter und Regieassistent im Fernsehgeschäft. Später ein Zwischenspiel an der Uni Düsseldorf, doch er wollte lieber direkt für die Branche schreiben. Es entstanden Drehbücher für Kurzfilme, Serienfolgen und für den sog. "abendfüllenden" Film. http://www.pautsch.net +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, der mit getrennter Mail kommt +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Einsendeformalien: Einsendungen sind zu allen Rubriken von autorenforum.de - nach Rücksprache - erwünscht. Das Urheberrecht verbleibt bei der Autorin bzw. beim Autor. Einsendungen bitte im RTF-Format und per E-Mail, und zwar an: beitrag at team pt autorenforum pt de. Fragen zu Einsendungen sollten ebenfalls an diese Adresse gerichtet werden. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ I M P R E S S U M ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Herausgeber: Ramona Roth-Berghofer public.relations at team pt autorenforum pt de Gabi Neumayer redaktion at team pt autorenforum pt de Stefan Schulz webmaster at autorenforum pt de Thomas Roth-Berghofer Thomas.Roth-Berghofer at team pt autorenforum pt de ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "The Tempest" ist ein kostenloser Newsletter für Autorinnen und Autoren. Abonnenten sind herzlich aufgefordert, den Newsletter weiterzugeben oder nachzudrucken, solange alle Urheberrechte beachtet werden (Näheres s. http://www.autorenforum.de/?UeberUns/Impressum) und der VOLLSTÄNDIGE Newsletter weitergegeben wird. 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