Editorial
Hall of Fame
Schreib-Kick
Lesetipps
Autorenwissen
"Was mache ich, wenn ...?
Fragen und Antworten zu Schreibproblemen,
Teil 4: Schreibmotivation fördern und erhalten"
von Stefanie Bense
Schreibkurs
"Ein Drehbuch schreiben, Teil 2"
von Marie Amsler
"Spannung, Teil 2"
von Anna Kaleri
Spannung, der Unterleib der Literatur
"Verfolgungsjagd"
Text: anonym, Lektorat: Hans Peter Roentgen
Interview mit Stefan Wendel
Frag den Experten für Verlagswesen
(Bjørn Jagnow)
Frag den Experten für Kinder- und Jugendbuch
(Michael Borlik)
EDITORIAL: --------------------------------------------------------------------- Liebe Autorinnen und Autoren, Rosenmontag - und dazu noch ein bis zum Platzen gefüllter Tempest, mit Fortsetzungen der Schreibkurse von Stefanie Bense, Anna Kaleri und Marie Amsler (mit Überschneidungen, was durchaus gewollt ist), mit einem neuen Spannungslektorat von Hans Peter Roentgen, einem Interview mit Stefan Wendel und neuen Expertenantworten. Da fasse ich mich lieber mal ganz kurz und weise euch nur noch auf das nächste Autorentreffen hin, das am 17. Mai stattfindet (s. zweiter Teil des Tempest) und wie immer von Ursula Schmid-Spreer veranstaltet wird. Unter anderem gibt es dort ein Seminar von Titus Müller, unserem Experten für den historischen Roman. Einen Aufruf möchte ich aber auch noch starten. Wir haben so viele AbonnentInnen, da würde uns interessieren: Wo in aller Welt (wörtlich gemeint) sitzt ihr eigentlich und lest den Tempest? Schreibt uns! Der Tipp des Monats Februar, diesmal von Norbert Schimmelpfennig: Für Charaktere habe ich mir eine kompakte Excel-Tabelle angelegt: - Für jede/n Geschichte / Roman je ein Tabellenblatt - Charaktere in oberste Zeile - darunter beliebige Eigenschaften Um Charaktere bei bestimmten Eigenschaften zu vergleichen (etwa Charakter A - dünn; Charakter B - dick), benutze ich die gleiche "Füllfarbe". Und hier noch mal ein wichtiger Hinweis in eigener Sache Ab sofort haben wir ein neues Konto für eure freiwilligen Beiträge (s. u.). Es läuft NICHT auf den Namen "autorenforum.de", sondern auf "Jürgen Schloßmacher", der unser Team als neuer Mitherausgeber verstärkt. Allaf, helau, hejo und so weiter! Gabi Neumayer Chefredakteurin ~~~~~~~~~~~ Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt, aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto: Jürgen Schloßmacher Kreissparkasse Köln BLZ 370 502 99 Kto. 11 42 17 61 63 Stichwort: "Beitrag 2012" Wichtig: Das Konto läuft NICHT mehr auf den Namen "autorenforum", sondern nur auf "Jürgen Schloßmacher"! Für AuslandsabonnentInnen: Am 1. Juli 2003 wurden die Auslandsüberweisungsgebühren gesenkt. Aber natürlich könnt ihr uns euren Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest). Wer aus Österreich überweist, braucht außerdem diese Nummern (bitte genau so zusammenschreiben!) IBAN: DE16 5509 0500 0100 7245 15 BIC: GENODEF1S01 ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ISSN 1439-4669 Copyright 2012 autorenforum.de. Copyright- und Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ INHALT DIESER AUSGABE: TEIL 1: Editorial Hall of Fame Schreib-Kick Lesetipps Autorenwissen "Was mache ich, wenn ...? Fragen und Antworten zu Schreibproblemen, Teil 4: Schreibmotivation fördern und erhalten" von Stefanie Bense Schreibkurs "Ein Drehbuch schreiben, Teil 2" von Marie Amsler "Spannung, Teil 2" von Anna Kaleri Spannung, der Unterleib der Literatur "Verfolgungsjagd" Text: anonym, Lektorat: Hans Peter Roentgen Interview mit Stefan Wendel Frag den Experten für Verlagswesen (Bjørn Jagnow) Frag den Experten für Kinder- und Jugendbuch (Michael Borlik) Impressum TEIL 2: Veranstaltungen Ausschreibungen Publikationsmöglichkeiten mit Honorar ohne Honorar Seminare Messekalender Impressum ********************************************************************* HALL OF FAME: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) Die "Hall of Fame" zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest. Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst - dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen können. Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!) nach diesem Schema: ....... AutorIn: "Titel", Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen weitere Infos zu eurem Buch unterbringen, zum Beispiel eine Homepage- Adresse. ....... Ein Beispiel (!): Johanna Ernst: "Der Fall der falschen Meldung", Hüstel Verlag 2009, Mystery-Thriller. 60 Zeichen - und kein einziges mehr! Inklusive Homepage! ....... Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen. ACHTUNG! Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen muss, Lektorat bezahlt o. Ä. Schickt eure Texte unter dem Betreff "Hall of Fame" an redaktion at team pt autorenforum pt de. Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten. Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall ist, werden ab sofort nicht mehr verschickt! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Veronika A. Grager: "Nanobots - Gefährliche Teilchen", p.machinery 2011, Wissenschaftsthriller. ISBN 978-3-942533-22-5, http://www.grager.at Stephanie Fey: "Die Gesichtslosen", Heyne Verlag 2011, Rechtsmedizin- Thriller. http://www.stephanie-fey.de Stephanie Madea: "Night Sky 02 - Schwur des Blutes", Sieben Verlag 2012, Paranormal Romance. Spannende Vampirliebesgeschichte. www.stephanie-madea.com ********************************************************************* SCHREIB-KICK: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) Unser Schreib-Kick für den Februar, diesmal von Jennifer Schreiner: Familienrituale Jeder kennt aus seiner Familie Abläufe, die sich immer wiederholen (Fernsehabend, Fußball gucken, Weihnachten). Schreibe eine "Satire", in der durch anschauliche Übertreibung deutlich wird, wie du ein Ritual erlebst und beurteilst. ********************************************************************* LESETIPPS: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) http://bookshelfporn.com Für alle Buchliebhaber unter euch: eine Fotosammlung der schönsten Buchregale rund um die Welt. Schaut rein und lasst euch verzaubern! http://handbuch-medien.de/wordpress Um Medienarbeit in Betrieben, Gewerkschaften und nicht kommerziellen Institutionen geht es in dem Handbuch mit dazugehöriger Website. ********************************************************************* AUTORENWISSEN: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Was mache ich, wenn ...? Fragen und Antworten zu Schreibproblemen Teil 4: Schreibmotivation fördern und erhalten" von Stefanie Bense Eigentlich macht das Schreiben ja Spaß. Eigentlich stürzt man sich am liebsten in die Geschichte und will gar nichts anderes mehr anfangen. Eigentlich Aber was kann man tun, wenn das Eigentliche nicht mehr so selbstverständlich ist? Wenn es "sich zieht" oder wenn "die Luft raus ist"? Woher weiß ich, was für die Story am besten ist? Du benötigst klare Entscheidungen. Manchmal hat man einfach zu viele Ideen, die sich gegenseitig Konkurrenz machen. Soll der Held sich in eine Dämonin verlieben oder besser in die Geliebte des Antagonisten (hm, hier schließt das eine das andere nicht mal aus)? Soll er reiten oder fliegen? Wie unterscheidet sich seine von der "bösen" Magie? All das musst du entscheiden und die Konsequenzen bedenken. Dafür muss man eventuell eine Pause beim Schreiben einlegen. Und das alles nicht nur für Figuren und Plot, sondern auch für Zeitschienen, Orte, Schauplätze und Details, die das Ganze lebendig machen. Manchmal ähnelt das dem Simultanschach, bei dem ein Spieler etliche Partien parallel bestreitet. Es gibt auch hier kein Patentrezept! Ich plane viel, daher weiß ich meist, was zu meiner Story passt und was nicht. Aber manchmal entwickelt sich die Story auch anders. Dann folge ich meinem Bauchgefühl oder meiner Erfahrung, auch wenn ich hinterher vieles ändern muss. Bauchgefühl oder Erfahrung entwickeln sich im Laufe der Zeit mit viel Schreibroutine und viel Handwerk. Es ist ein Gespür für das, was wirkt. Hast du dieses Gefühl nicht, dann probiere beide Wege (zumindest ansatzweise) aus, gewinne Abstand (Text liegenlassen), und entscheide dich für die Variante, die dir im Nachhinein mehr liegt. Und wenn das alles langweilig ist? Ob eine Geschichte an bestimmten Stellen oder im Ganzen langweilig oder langwierig ist, kann man als Autor/in schlecht feststellen, wenn man mitten im Schreiben ist. Man sieht den Wald vor Bäumen nicht. Da gilt der alte Grundsatz: Erst schreiben, dann Abstand gewinnen (lange Pause, damit einem der Text wieder "fremd" wird), dann laut lesen. Am besten das Gelesene aufnehmen und nach einiger Zeit nochmals anhören. Oft klingt es dann gar nicht so langweilig. Du kannst es auch ausgewählten Testlesern geben, die alles anmarkern, was ihnen langweilig vorkommt. Oder besser: Wo ist's besonders spannend, wo ist's ziemlich langweilig? (Motiviert mehr, wenn du siehst, dass es auch spannende Storyteile gibt!) Am besten noch eine Farbe für Unklarheiten: Wo steigt der Leser nicht durch, was ist missverständlich? (zum Thema Testleser s. u.) Wenn es wirklich langweilig ist, frag dich, warum: - Stehen die Figuren nur herum und reden? Dann sollten sie besser handeln. Außerdem sollte im Dialog etwas auf dem Spiel stehen, z. B. muss der Held eine wichtige Information bekommen oder er will etwas verbergen. - Wird zu viel erklärt und beschrieben? Hast du seitenweise Informationen (Infodump)? Zählst du auf oder nennst zu viele Namen? Behauptest du, wie die Magieregeln funktionieren, anstatt zu zeigen, was passiert? Dann erkläre nur, was gerade zum Verständnis wichtig ist, und setz es in eine Szene. Denk dir, es stehen Schauspieler auf einer Bühne, die umsetzen müssen, was du erklären willst. Wie bewegen sie sich? Welche Körperreaktionen gibt es? Wie reagieren andere Figuren darauf? Show, don?t tell! Zeigen, nicht nennen! - Ergehen sich Figuren in langen inneren Monologen? Gedanken und Gefühle sind meist statisch, es bewegt sich nichts voran in der Handlung. Du brauchst sie, um die Motivation und Entscheidungsfindung der Figur zu zeigen, aber sie müssen sich der Handlung unterordnen. Kürze oder verknüpfe innere Monologe mit äußerer Handlung (wie bei Dialogen). - Gibt es eine lange oder viele Rückblenden? Rückblenden erzählen aus der Vergangenheit, das heißt, sie reißen den Leser aus dem Geschehen der Story. Besonders Erinnerungen an frühere Ereignisse oder Dialogteile, die jemanden über entferntes Geschehen informieren, sind Stolpersteine. Nutze nur Rückblenden, wenn sie für die Story wichtig sind! Halte die Rückblende handlungsorientiert, also setze sie in Szene, und möglichst kurz. - Wird eine Reise in die Länge gezogen? Beschreibst du jeden Reisetag, ohne dass etwas Wesentliches passiert? Warum ist eine Figur an diesem oder jenem Ort? Ist es relevant, wie sie dort hinkommt? Falls ja, musst du die Reise erwähnen, falls nein, kannst du sie auslassen oder raffen. Langeweile kann beim Leser auch entstehen, wenn er nicht erkennt, warum die Figuren etwas tun (reisen, kämpfen, studieren). Ach, schon wieder ein Artefakt, das beschafft werden muss - wozu eigentlich? Dann stell die Wichtigkeit für die Figuren stärker heraus, erhöhe den Einsatz (rising the stakes), lass mehr auf dem Spiel stehen, und steigere die Konflikte der Beteiligten. Was leisten Testleser? Was eine Schreibgruppe? Testleser sind so etwas wie "Gutachter" für ein Projekt, sie lesen und kommentieren, aber sie üben nicht mit dir. Eine Schreibgruppe kann interaktiv und produktiv sein. Da sind auch gemeinsame Übungen möglich. Achtet darauf, dass ihr euch gegenseitig motiviert, nicht demotiviert! Die Testleser sollte man möglichst nicht aus Verwandtschaft oder Freundeskreis wählen. Erstens sind sie oft wenig geübt in Kritik, zweitens mögen sie dich einfach und wollen dir nicht weh tun. Du findest Testleser im Schreibkurs oder in Schreibgruppen (z. B. im Internet), in Foren oder inserierst in Autorenzeitschriften oder im Echo-Service des Tempest. Leute, die ebenfalls schreiben und dir nicht so nahe stehen, können meist besser beurteilen, wie die Story läuft und wo man sie wie verbessern könnte. Vereinbart gegenseitige Textbegutachtungen und vor allem klare Regeln: Alle Kritikpunkte sind Vorschläge, man muss nichts ändern, aber man kann; Kritik geht an den Text, nicht an die Person, hütet euch vor persönlichen Zuweisungen (vermeidet: "du musst", "du darfst nicht"); trotzdem muss Kritik konkret sein (die Story ist unspannend - hilft nicht, besser: Die Story ist in der Mitte zu langatmig, da der Heldmagier die Hexe aufsucht und sie nur reden); Kritik am besten schriftlich mit Nachfragemöglichkeit, aber keine ausufernde Diskussionen mit Rechtfertigung ("aber ich wollte doch ..."; "aber das muss so sein"; besser fragen: "Wie kriege ich das hin? Wie macht ihr das? Habt ihr ein Gegenbeispiel?"); haltet euch nicht mit Komma- Diskussion auf, sondern kümmert euch erst um Struktur und Figuren, dann könnt ihr immer noch nach Kommafehlern suchen (selbstverständlich niemandem fehlerstrotzende Texte zumuten!). Noch eine Möglichkeit ist es, einen Textcoach in Anspruch zu nehmen, das ist jedoch kostenpflichtig, z. B. bei Hans-Peter Röntgen, http://www.textkraft.de (lies mal in seiner Rubrik nach, in der er Textproben analysiert und auf Spannung untersucht). Wichtig: Bitte keine Texte an die Tempest-Experten schicken, für Textkritik sind wir nicht zuständig! Und wie übe ich nun das Schreiben? Üben kannst du nur, indem du schreibst. Dies ist kein Spruch, sondern kurz: die Wahrheit. Du lernst, indem du es tust. Wie beim Radfahren. Es gibt Abkürzungen, z. B. Schreibratgeberbücher, Seminare und Gruppen, denen man sich anschließen kann, um Textkritik zu lernen. Sehr gute Seminare findest du unter http://www.bundesakademie.de, die kann man sich zum Beispiel zum Geburtstag wünschen. Bücher kannst du auch auf die Wunschliste setzen oder aus Bibliotheken ausleihen (was vor Ort nicht da ist, kann man zur Fernleihe bestellen). Aber wichtiger als alle Hilfsmittel ist: schreiben, schreiben, schreiben. Erst, was du selbst durch dein Schreiben erfahren, erlebt und vertieft hast, wird in deinen Werkzeugkasten übergehen. Sammle Schreibübungen, Schreibspiele und Methodikspiele - z. B. aus dem Tempest oder aus Schreibratgebern, etwa von Gisela Schalk und Bettina Rolfes: "Schreiben befreit", Verlag Kleine Schritte 1986, oder von Anne Bernays und Pamela Painter: "Was wäre wenn ", Alexander Verlag 2002. Bücher zum Thema Schreibenlernen findest du im Tempest, z. B. in meinen älteren Artikeln und vor allem in Gabi Neumayers Rezensionen. Einen guten Rundumschlag zum Romanschreiben bietet Louise Doughty: "Ein Roman in einem Jahr", Autorenhaus-Verlag 2009. Der Titel ist etwas großsprecherisch (was sie selbst zugibt). Doch sie bietet in 52 Kapiteln 14-tägig wechselnd sinnvolle Übungen und Hintergrundwissen an. Dazu gab es eine Webseite und Community: http://www.ein-roman-in- einem-jahr.de Viel Motivation (allerdings auf englisch) bietet: Heather Sellers: "Chapter after Chapter", Writer?s Digest 2009. Leider betont sie zu stark, dass man nur die Bücher schreiben könne, die man schon in sich trage. Das sehe ich nicht so. Dennoch liefert sie viel an Übungen, Durchhaltestrategien und Fallenvermeidungstaktiken. Bin ich zu jung / alt zum Schreiben? Lass dir bloß nicht erzählen, du seist zu jung oder zu alt oder zu dick oder zu dünn zum Schreiben! Es gibt schlichtweg kein "richtiges" Alter, um mit dem Schreiben anzufangen. Wie bei jeder Kunst. Lass dich nicht verunsichern! Niemand sagt, es wäre jemand zu jung / alt zum Töpfern oder Malen. Wenn du körperlich eingeschränkt bist, musst du dir den Alltag und deine Schreibzeiten vielleicht anders organisieren. Ich kenne eine Autorin, die sitzt im Rollstuhl, schreibt mit drei Fingern auf der Tastatur und bekommt dennoch ihre Bücher zustande. Wenn sie das schafft, warum nicht du? Mit dem Veröffentlichen ist das anders. Wenn du ein Manuskript verkaufst, musst du geschäftsfähig sein (d. h. mindestens 18 Jahre), oder deine Eltern müssen für dich den Vertrag eingehen. Aber wozu gleich an das Verkaufen denken? Lass dir unbedingt Zeit, zu lernen und zu schreiben! Bedenke, für einen Roman wirst du Monate oder Jahre benötigen. Das schreibt man nicht an ein paar Wochenenden. Du wirst dich mit Recherche beschäftigen, mit Struktur, Plot und Spannung. Du wirst mit Dialog, Beschreibung, Erzählung umgehen lernen und mit Sprache. Das Schwierigste jedoch wird sein, deine Motivation, deinen Spaß und die Disziplin zu erhalten - es ist ein Marathonlauf, kein Sprint. Lies viel! Querbeet! Und zwar nicht nur zum Vergnügen. Schau dir an, wie verschiedene Autoren Schlachten beschreiben, wie sie Figuren miteinander reden lassen, wie Welten aufgebaut und eingerissen werden, wie Götter und Magier handeln, wie die Sprache klingt, was sich spannend liest ... Arbeite damit! Schreib z. B. einen Ausschnitt von Dialogen oder eine Schlachtenbeschreibung ab, schreib um, versuche, die Art, wie jemand geschrieben hat, auf deine Geschichte anzuwenden, schreib absichtlich ähnlich und absichtlich ganz anders. Such dir einen Beispielroman, bei dem du sagst: So gut will ich auch schreiben! Und einen, bei dem du sagst: Das kann ich aber besser! Halte die Bücher in Reichweite, und lies darin (vor allem im schlechten Beispiel) - das motiviert! Bei allen Hilfen jedoch: Schreiben lernt man nur durchs Schreiben! Mir geht der Überblick ständig verloren Ich kenne das gut, irgendwann so dicht im Romanmanuskript zu stecken, dass man "das große Ganze" aus dem Blick verliert. ("War doch als Abenteuer gedacht, aber wo ist das jetzt?") Da hilft es, einen ganz kurzen Klappentext (wie man ihn hinten auf Buchcovern findet) zu verfassen, der die wichtigsten Hauptanliegen deines Romans aufnimmt. Am besten mit nicht mehr als 60 Wörtern. Ist nebenbei ein gute Übung, um zu testen, ob einem klar ist, worum es im Buch eigentlich geht. Diesen Klappentext oder auch eine Stichwortsammlung kannst du dir an den PC kleben oder unter die Schreibtischunterlage klemmen oder sonstwie sichtbar anbringen. Dann kannst du immer mal einen Blick drauf werfen. Den Überblick beim Speichern eines Romanprojektes kannst du z. B. behalten, indem du den gesamten Text in einer Datei behälst (gut, um mit STRG + F eine bestimmte Stelle zu suchen und um Statistik abzurufen). Dann speichere die verschiedenen Versionen unter dem Datum ab. Nebenbei kannst du eine Tabelle, ein Schreibjournal, ein Romanjournal o. Ä. führen, in dem du nach Datum oder Kapitel sortierst, mit kurzer Inhaltsangabe, eventuell wichtigen Informationen (Tageszeit, Wetter, beteiligte Figuren) und Bemerkungen wie "widerspricht Szene X" oder "hier: mehr Tempo!". Es gibt Programme, die solche Funktionen anbieten, z. B. MemoMaster 4.1.1 bei http://memomaster.softonic.de/ Eine andere Art von Übersicht bieten Mindmaps, die es für technikaffine Leute auch als Programm gibt, z. B. FreeMind 9.0 bei http://freemind.softonic.de/ Und was ist, wenn ich nur Mist schreibe? Sorge dich nicht, dass du "Mist" schreibst, den du "am Ende sowieso wieder doof" findest und rausnimmst. Na klar! Macht jede/r so. Ich kenne niemanden, der oder die nicht in der Schreibphase jammert, wie fürchterlich das Geschriebene alles sei! Und - mir geht's genauso. Manches Mal heule ich auf, weil das alles so platt, banal, verschroben, bescheuert ... klingt, weil nichts passen will und die Geschichte so doof ist, dass ich mich frage, warum ich sie überhaupt schreibe. Dann hilft ein Schreibjournal, in dem man seine Erfolge festgehalten hat, sozusagen seine Schreib-Fortschritte. Wenn du das nachliest, merkst du: Hey, da hab ich schon was gelernt - und eigentlich ist das Ganze ja doch nicht so dämlich ... Oder es helfen Gleichgesinnte, Leute, die ebenfalls in Schreibprojekten stecken und einen aufbauen und motivieren können: "He, lass dich nicht hängen, das wird schon; komm erzähl mal, wo's hakt ..." Oder jemand, der alles testliest und eine zweite Meinung abgibt: "Gar nicht so schlecht, aber das mit der Reise, da passiert ja nix ..." Und dann ist da immer noch die Alternative: liegen lassen und an was anderem, Kurzem arbeiten. Bis du Abstand gewonnen und wieder Lust und Laune zum großen Projekt hast. Auf keinen Fall aufgeben! Eigentlich, ja, eigentlich sollte mit diesem Teil der Artikel abgeschlossen sein. Da ich jedoch von einigen Lesern angeregt wurde, auch etwas zum Thema "Dialog" zu schreiben, wird es einen Teil 5 geben: "Dialoge spannend und informativ aufbauen". **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Stefanie Bense lebt und arbeitet in Emden, gibt Schreibkurse und führt eine Roman-Werkstatt, http://www.romantisch.essdeh.de, veröffentlicht sporadisch und schreibt an ihrem dritten Roman. ********************************************************************* SCHREIBKURS: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Ein Drehbuch schreiben, Teil 2" von Marie Amsler Die Heldenreise Richtungsweisend als Struktur-Hilfe ist die in vielen Heldenmythen anzutreffende Heldenreise, die über zwölf Stationen geht. Sie stammt von Joseph Campbell und wurde von Christopher Vogler auf Filmstrukturen angewendet. "Star Wars" und "Herr der Ringe" sind danach gebaut, aber auch viele andere Genre-Filme, von denen man es nicht vermutet hätte. "Thelma und Louise", "Matrix", "Schlaflos in Seattle", "Der Pate" und auch "Das Schweigen der Lämmer" gehören dazu. Die zwölf Stationen, die der Held / Protagonist durchlaufen muss, sind für die Struktur von Filmen nach Vogler: 1. "Ordinary World" - die normale Welt: Der Ausgangspunkt der Geschichte ist die normale Welt des Helden. 2. "Call to adventure" - der Ruf zum Abenteuer: Der Ruf zum Abenteuer erreicht den Helden und fordert ihn auf, zu handeln. 3. "Redusal" - Verweigerung: Diesem Ruf verweigert er sich. 4. "Meeting with the mentor" - Treffen mit dem Mentor: Ein Mentor überzeugt ihn, die Reise anzutreten. Das Abenteuer beginnt. 5. "Crossing the threshold" - Überschreiten der Schwelle: Der Held überschreitet die erste Schwelle, nach der es kein Zurück gibt. 6. "Tests, allies, enemies" - Prüfungen, Mitstreiter, Feinde: Daraufhin wird der Held vor erste Bewährungsproben gestellt und trifft auf Verbündete und Feinde. 7. "Approach to inmost cave" - Kurz vor dem Betreten der Höhle des Löwen: Der Held hat Niederlagen erlebt und sucht nach neuen Lösungsmöglichkeiten. An der Schwelle zur Höhle des Feindes geht ihm durch den Kopf, wie weit ihn seine Reise gebracht hat. Die Größe seiner Aufgabe wird ihm bewusst. Angst und Zweifel überfallen ihn. 8. "Ordeal" - Prüfung: Nun findet die entscheidende Prüfung und größte Herausforderung statt. Es kommt zur Konfrontation mit dem Gegner. Der Held muss seine größten Ängste überwinden und schafft es, seinen schlimmsten Feind zu besiegen. 9. "Reward / Seizing the sword" - Belohnung/ Ergreifen des Schwertes: Der Held wird nach seinem Sieg belohnt. Er kommt aus dem Kampf stärker als je zuvor. Als Belohnung erhält er einen Schatz oder ein Elixiers (auch im übertragenen Sinn). 10. "The road back" - Der Weg zurück: Der Held tritt den Rückweg an. Er steht diesmal, im Gegensatz zu dem Moment, als ihn der Ruf zum Abenteuer erreichte, voll und ganz hinter der Sache, für die er kämpft. Aber auch hier muss er wieder eine Schwelle überschreiten. Seine Aufgabe ist es, ein neues Gleichgewicht zwischen seinen früheren Ambitionen und den Zielen finden, für die er sich nunmehr bestimmt sieht. 11. "Resurrection" - Wiederauferstehung: Dies ist der Höhepunkt der Geschichte. Der Held tritt seinen letzten, entscheidenden Kampf an, in dem es um Leben und Tod geht (kann auch symbolisch sein). In diesem Kampf geht es nicht nur um seine eigene Existenz, sondern um auch das Schicksal der übrigen Menschen, die von ihm abhängen. Der Held gewinnt diesen Kampf und tritt aus ihm als neuer Mensch (wie neugeboren) hervor. 12. "Return with the elixir" - Rückkehr mit dem Elixier: Anschließend tritt der Held mit dem "Elixier" den Heimweg an. Er hat sich verändert. Er ist als Mensch gewachsen, hat viele Dinge gelernt, und viele gefahrvolle Situationen überlebt. Nunmehr sieht er einem neuen Leben entgegen. Bei seiner Rückkehr kann er eine neue Hoffnung, eine neue Problemlösung oder eine neue Perspektive für alle bringen. Die Belohnung für den Helden kann materiell oder im übertragenen Sinne als Bereicherung gemeint sein. Sie kann für ihn eine neue Einsicht bedeuten, beinhaltet aber auf jeden Fall Veränderung, Erfolg und den Beweis, dass seine Heldenreise richtig war. Das Ende der Heldenreise lässt die Zweifler zum Schweigen kommen, bestraft die Feinde und belohnt die Mitstreiter. Der Held ist in seiner alten Welt angekommen, aber nichts in dieser Welt wird für ihn so sein wie zuvor. Insgesamt ist die Heldenreise - egal, ob die Stationen der Filmgeschichte wortwörtlich oder im übertragenen Sinne stattfinden - eine in sich abgerundete Struktur. Man lernt sie am besten verstehen, wenn man sich die eigenen Lieblingsfilme vornimmt und mit Hilfe dieser Schablone die Heldenreise einiger Lieblingsprotagonisten analysiert. Beispiel: "Der Pate" Zur Verdeutlichung hier die zwölf Stationen der Heldenreise am Beispiel des bekannten Films "Der Pate" mit dem Protagonisten Michael, dem Sohn Don Vitos. Logline: Ein junger Mann, der das Mafiageschäft seiner eigenen Familie verabscheut, übernimmt die Position seines Vaters und wird zum mächtigen Paten. 1. Die Hochzeitsfeier / Michael ist zwar der Sohn des Mafiabosses Don Vito, will aber mit dem Mafiageschäft nach seiner Entlassung aus der Armee nichts zu tun haben. Dies versichert er auch Kay, der Frau, die er liebt und mit der er sein Leben teilen will. 2. Don Vito macht Jack Woltz ein Angebot, das dieser nicht ausschlagen kann / Don Vito aber weigert sich, ins Drogengeschäft einzusteigen. 3. Mehrere Ereignisse, die Michael zum Eingreifen zwingen: Sollozo ermordet Brasi, Sollozzo entführt Tom Hagen, Don Vito wird angeschossen. Michael sieht die Zeitungsüberschriften. 4. Michael begibt sich zum verlassenen Hospital, wo sein Vater liegt. Er versichert ihm, er stünde jetzt ganz und gar an der Seite seines Vaters. 5. Sonny wartet auf eine Nachricht, wo Michaels Treffen stattfinden soll. 6. Michael erschießt Sollozzo und McCluskey. 7. Don Vito kehrt nach Hause zurück. 8. Michael wird sicherheitshalber nach Sizilien geschickt und heiratet dort Apollonia. 9. Sonny wird niedergeschossen / Apollonia wird bei einer Explosion ermordet / Don Vito sorgt für Michaels sichere Rückkehr. 10. Don Vito warnt Michael, auf welche Weise sich der Verräter selbst verraten wird. Bei der Beerdigung von Don Vito wird klar, dass Tessio dieser Verräter ist. 11. Während der Taufe regelt Michael die noch offen stehenden Familienrechnungen. 12. Michael hat die Position seines Vaters als Oberhaupt der Mafia- Familie eingenommen. Man nennt ihn ehrfürchtig Don Corleone, den Paten. Michael belügt seine zweite Frau, Kay, und versichert ihr, er habe nichts mit der Mafia zu tun. Die Planung Es ist sinnvoll, wenigstens eine oder zwei Methoden zur Strukturierung eines Drehbuchs zu kennen und damit sehr früh, möglichst schon bei der Planung, zu arbeiten. Es kann riesigen Spaß machen, zum Beispiel mit farbigen Grafiken oder simplen Karteikarten eine ganze Wand mit der 3- Akt-Struktur, eventuell auch um die Methode der acht Sequenzen erweitert, zu dekorieren. Oder man übernimmt das Raster der Heldenreise. Man ordnet die einzelnen Handlungsschritte den zwölf Stationen zu. Zum Trost: Bei Anfängern wie Profis unter den Drehbuchautoren macht sich die gleiche Verzweiflung breit, wenn irgendetwas am Drehbuch nicht stimmt. Spätestens dann sollte man den Mut haben, einfach alles an der Geschichte noch einmal in Frage zu stellen. Hilfreich ist es dabei, noch einmal zur ursprünglichen Planungsstruktur zurückzukehren und die einzelnen Schritte gründlich zu überprüfen. Dazu ist es wichtig, die einzelnen Planungsstadien aufzubewahren, zum Beispiel, indem man sich Fotos davon macht. Die Fallhöhe Doch eins sollte man beim Schreiben nie vergessen: Was nützt die ausgefeilteste Struktur, wenn dem Protagonisten nichts passieren kann? Wenn die Fallhöhe des Protagonisten nicht groß genug ist? Wenn das, was ihm am Ende passiert, keine Konsequenzen für ihn hat? Wenn die Aussage des Films überhaupt nicht wichtig ist? Man muss im Auge behalten, dass das, was für den Protagonisten auf dem Spiel steht, erst der zentralen dramatischen Frage Bedeutung und Zielsetzung verleiht. Beim Beispiel von "Thelma und Louise" ist die Fallhöhe sehr groß. Thelma und ihre Freundin Louise geben lieber ihr Leben auf, als die neugewonnene Freiheit zu verlieren. Im Film "Gran Torino" opfert der verbitterte Rassist Walt Kowalski, ein Veteran des Koreakrieges, der seine asiatischen Nachbarn bis aufs Blut hasst, für sie zum Schluss sogar sein eigenes Leben. Ihm sind diese Nachbarn, die er einst verabscheute, menschlich so wichtig geworden, dass er sie aus einer Lebensgefahr befreit und bei seinem Einsatz ganz bewusst das eigene Leben opfert. Thelma und Louise, aber auch Kowalski setzen das ein, was für jeden Menschen das wichtigste Gut ist: das Leben. Jeder Filmstoff sollte von einem wirklich bedeutsamen Ereignis im Leben eines Menschen handeln und zeigen, wie dieser damit umgeht. Der Zuschauer bleibt nämlich bei einer so konzipierten Geschichte nicht desinteressiert und passiv in seinem Sessel im dunklen Kinosaal sitzen. Er geht aktiv mit, und die Aussage des Filmes kann für ihn sogar Anstoß zu einer eigenen inneren Entwicklung sein. **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Die Drehbuchautorin Marie Amsler, die seit 2010 Drehbuchschreiben online unterrichtet, studierte Literatur- und Filmwissenschaften in Europa und den USA. Ihr erster Spielfilm, "Puppe", entstand mit Corinna Harfouch als deutsch-schweizerische Koproduktion und kommt 2012 in die Kinos. Mehr zu ihren Kursen im Drehbuchschreiben unter http://www.StoryScript.eu ********************************************************************* SCHREIBKURS: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Spannung, Teil 2" von Anna Kaleri Wenn man spannende Texte schreiben will, lohnt es sich, den möglichen Rezipienten zu beleuchten. Gespannt zu sein, das hat für die meisten Menschen einen positiven Grundton. Es bedeutet, dass ihr Interesse geweckt ist, dass sie voll und ganz dabei sind und sich immer weiter in das Geschehen hineinziehen lassen. Ein Zustand, in dem sich ein Rezipient wohl fühlt, denn er wird unterhalten, das heißt: gefordert. Auf der anderen Seite kann er sich aber auch entspannen - spätestens, wenn (beim Film) der Abspann läuft. Suspense In Film und Literatur bezeichnet man diese Gespanntheit als Suspense. Im ersten Teil hatten wir das Bild der Hängebrücke, die zwei Seiten eines Tals miteinander verbindet und uns über schwindelerregende Abgründe führt, so dass der ängstliche Teil in uns erwartet, abzustürzen, der optimistische schon die nahe andere Seite sieht. Suspense bezieht sich also auf die Erwartung eines bestimmten Ereignisses (siehe Patricia Highsmith: "Suspense oder Wie man einen Thriller schreibt"). Wir befürchten, dass etwas Unerwünschtes passiert, und hoffen, dass etwas Erwünschtes eintritt. Welches von beiden sich einlöst - also das Happy End oder das finale Inferno - und wie weit der Weg dahin ist, das macht den Spannungsbogen aus, zu dessen Dramaturgie wir gleich kommen. Identifikation mit dem Protagonisten Im ersten Teil haben wir außerdem gesehen, dass die Spannung als hoch empfunden wird, wenn die Identifikation mit den Protagonisten oder die empathische Verbundenheit mit dem Thema/ Konflikt hoch ist. Psychologisch betrachtet ist Suspense eine "emotionale Reaktion, die typischerweise aus akuter Besorgnis um beliebte Protagonisten entspringt, die durch unmittelbar erwartete Ereignisse bedroht werden, wobei diese Besorgnis aus einer hohen, aber nicht vollständigen subjektiven Gewissheit über das Eintreten der erwarteten bedauernswerten Ereignisses erwächst" (Dolf Zillmann: "The Psychology of Suspense in Dramatic Exposition"). Gern identifizieren wir uns im Film mit Figuren, die etwas haben, das wir nicht haben, zum Beispiel das Sexappeal eines Chefs, der durch Hugh Grant verkörpert wird. Zum anderen haben wir auch gern etwas Vertrautes, die ganz normalen Sorgen und Nöte, mit denen Woody Allens Filme uns so wunderbar unterhalten. Ein kleiner Clou, den man sicher auch von Film in die Literatur rüberziehen kann, ist der unsympathische Held. Erinnern Sie sich an den ungeschickten Pfadfinder in "Oben", der einfach total nervt und nichts auf die Reihe kriegt? Oder der Matratzenverkäufer Ingo in "Lichter", der zum Loser geboren scheint? Am Ende der Filme ist jedes Mal eine Transformation in uns vorgegangen: Wir haben die Typen, die wir am Anfang abstoßend fanden, ins Herz geschlossen. Nicht nur der Held wächst über sich hinaus, sondern auch der Zuschauer. Vielleicht gelingt uns das auch in unseren Prosatexten? Im Schwebezustand Wenn Spannung erzeugt wird durch einen Schwebezustand zwischen Ungewissheit und Gewissheit, so ist im Umkehrschluss klar, dass absolute Gewissheit über den Ausgang einer Handlung den Leser über der Lektüre einschlafen lässt. Natürlich sind wir aufgrund unserer persönlichen und medialen Vorerfahrungen nie ganz im Ungewissen. Wir rechnen bei einem Krimi mit bestimmten Ereignissen wie etwa Mord und bei einer Liebesgeschichte mit einem dramatischen Ausgang. Auf solche negativen Ereignisse bereiten wir uns vor und senken aus Selbstschutz ein Stück weit die empathische Identifikation ("Das ist doch nur ein Film / Roman."). Die größte Spannung entsteht theoretisch dann, wenn die subjektiv geschätzte Wahrscheinlichkeit für einen positiven Ausgang sehr klein, aber größer Null ist, einen Zustand, der gut beschrieben wird mit "die Hoffnung stirbt zuletzt". Die Erfolgswahrscheinlichkeit besteht, um es noch mal etwas mathematisch auszudrücken, aus dem Verhältnis von der Höhe einer Gefahr und der Fähigkeit des Protagonisten, eine Herausforderung zu meistern. Das Phänomen kennen wir in Filmen, aber auch im Märchen. Zweimal hat die böse Königin schon versucht, Schneewittchen zu töten, zweimal konnten die Zwerge sie gerade noch retten. Beim dritten Mal kommen sie zu spät. Aber wir können und wollen einfach nicht glauben, dass unsere (zugegeben ziemlich passive) Heldin diesmal wirklich tot sein soll. Mikro- und Makroebene In "Kim Novak badete nie im See Genezareth" geraten ein 13-Jähriger und sein Freund zwischen die Fronten von Liebe, Eifersucht und Tod. Angesichts der Gefahren, in die sie geraten, sind sie schwach, Kinder eben, gerade an der Grenze zu Jugendlichen. Im kritischsten Moment wird der eine Junge krank. Die Spannung kann über zwei Wege erhöht werden: über die Erhöhung der Gefahr, also wenn die Schraube noch ein wenig zugedreht wird, oder über die Verringerung der Verteidigungskräfte der Protagonisten. Also, die Bedrohung wird höher oder der Held schwächer. Man kann außerdem Schritt für Schritt neue Informationen geben, etwa beim oben genannten literarischen Kriminalroman. Subtil wird immer wieder die Rätselspannung unterfüttert und sorgt für unerwartete Wendungen. In dem Vexierspiel wollen wir endlich erfahren, wer der Mörder ist. Doch Håkan Nesser zieht kurz vor Schluss, wenn eine Lösung schon in Sicht ist, noch mal die Bremse. Der Spannungsbogen Das führt zu den handwerklichen Mitteln, mit denen man Spannung erzeugt. Das eine ist der Spannungsbogen, der sich aus einem Zusammenspiel von Handlung und Figurenkonstellation / Konflikt ergibt. Das ist die Makroebene der Spannung. Um sie besser zu fassen, kann man verschiedene dramaturgische Konzepte zu Hilfe ziehen. Am überschaubarsten ist die klassische Dramaturgie nach Freytag und die recht universell anwendbare Dramaturgie der Heldenreise nach Joseph Campbell, in der der Held elf Stationen durchläuft: Ausgangssituation; Auslöser; Weigerung des Helden, die Herausforderung anzunehmen; Erster Wendepunkt; Freunde und Feinde; Mittelpunkt der Geschichte; Zerreißprobe; Zweiter Wendepunkt; Katastrophe; Höhepunkt; Neue Situation/ Ausklang. Übung: ...... Wenn Sie diese Stationen auf kleine Kärtchen schreiben, können Sie in einem Märchen oder Hollywood-Drehbuch und auch in manchem Krimi oder Trivialroman die Eckpunkte den entsprechenden Abschnitten zuordnen. Es lohnt auch, mindestens eine Kurzgeschichte zu entwerfen mit Konflikt und Figurenprofil und dann die Stationen der Heldenreise "abzuklappern". Die Fünf-Akt-Struktur Mit der Heldenreise lässt sich die klassische Dramaturgie recht gut vereinen. Sie geht auf die Poetik von Aristoteles zurück. Interessanterweise empfiehlt dieser einen Verzicht auf Nebenhandlungen und die zeitliche Beschränkung der Handlung auf einen "Sonnenlauf", also einen Tag. Dieser Engführung wurde in der französischen Klassik noch die Konzentration auf einen Ort hinzugefügt, so dass man von der Einheit von Ort, Zeit und Handlung spricht, was im Drama oft, in der Short Story fast immer angewendet wird. Die Einteilung in fünf Akte geht auf den römischen Dichter Horaz zurück. Beide Theorien, die von Aristoteles und die von Horaz, bilden die Grundlage des Regeldramas, das letztlich von Gustav Freitag so eingeteilt wurde: Einführung - Steigerung - Höhepunkt - retardierendes Moment - Lösung In der Einleitung werden die handelnden Personen eingeführt, der dramatische Konflikt kündigt sich an. Daraufhin steigert sich der Konflikt. Die Handlung erreicht ihren Höhepunkt, an dem sich die (Glücks-)Umstände des Helden umkehren. In der Retardation wird die Handlung kurz vor der Lösung entschleunigt, oder es kommt noch ein unerwartetes Problem hinzu. Dann folgt die Lösung oder Katastrophe. Übung: ....... Teilen Sie doch einmal die Handlung eines Prosatextes, den Sie schon geschrieben haben oder schreiben möchten, in diese fünf Teile ein, um zu sehen, wie oder ob der Text funktioniert. Dabei hilft es auch, die wichtigsten Punkte der Handlung in eine Zeichnung einzufügen und dabei selbst den Steigungswinkel zu bestimmen. Spannungselemente Auf der Mikroebene gibt es kleinteilige Spannungselemente wie die "Überraschung" (surprise), die uns für einen Moment den Atem stocken lässt, aber langfristig nicht von Bedeutung ist und eher wie ein kleiner Paukenschlag wirkt. "Mystery" beschreibt die geistige Aktivität des Lesers, wenn es darum geht, Zusammenhänge aufzudecken, von denen er auf rätselhafte Weise einige Bruchteile zugespielt bekommt. Dann gibt es die Ebene der "Atmosphäre", die von bestimmten Topoi wie Wald bei Mondschein oder Schloss in Finsternis oder Friedhof bei Nebel stärker auszugehen scheint als von einem Büro bei Tageslicht - jedenfalls auf den ersten Blick. Erzeugen Sie Stimmungen durch sinnliche Beschreibungen, in denen man meint, die feuchte Luft einzuatmen oder das kalte Metall auf seiner Haut zu spüren. Und auch in der Sprache an sich gibt es spannungserzeugende Schlüsselwörter und Wortfelder. Bei Nesser finden wir, als gerade zu erahnen ist, dass etwas Schlimmes passieren muss, an einer eigentlich entspannenden Szene "ein leicht vibrierendes Gefühl ganz im Innern meines Kopfes", "eine aufblitzende Sekunde", "Blutsbrüderschaft" und "Geheimbund". Mit dem Wort "Blutsbrüderschaft" tut sich ein ganzes Feld auf und natürlich ist Blut in ihm enthalten und schwingt auch als Einzelbedeutung mit. **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Anna Kaleri hat am Deutschen Literaturinstitut Leipzig studiert. Sie hat zwei Bücher veröffentlicht, im Herbst 2012 erscheint ihr neuer Roman. Sie arbeitet als freie Journalistin und leitet seit 2008 die Prosawerkstatt Leipzig, die eine fortlaufende Werkstatt beinhaltet sowie sechs Intensivkurse im Jahr zu den handwerklichen Grundbausteinen der Prosa. www.prosawerkstatt.de ********************************************************************* SPANNUNG, DER UNTERLEIB DER LITERATUR: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) Was macht Romane spannend, und vor allem: Was macht sie langweilig? Wer Szenen hat, die sie oder er für spannend hält, oder Szenen, bei denen er sich nicht sicher ist, oder solche, die eigentlich spannender gestaltet sein sollten, doch die Frage ist: Wie? - wer solche Szenen hat, kann sie mir schicken. Ich wähle dann einige aus, die ich im Tempest bespreche. Schickt die Szenen als E-Mail-Anhang im RTF-Format an:Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. Bitte nicht mehr als 7.000 Anschläge, also etwa vier Normseiten. Dazu zählt auch der Vorspann! Da die Szenen aus beliebigen Stellen eurer Manuskripte stammen dürfen, müsst ihr eventuell die Vorgeschichte der Szene erklären. Diese Erklärung sollte 400 Anschläge nicht überschreiten! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "Verfolgungsjagd" Text: anonym, Lektorat: Hans Peter Roentgen Zuerst dachte Malvin, seine Sinne hätten ihn getäuscht. Schon oft hatte er Wut- oder Hassgefühle dank seiner besonderen Begabung wahrgenommen. Selbst von seiner Frau und seinen Kindern. Dabei war es egal, ob diese Emotionen ihm galten oder anderen Menschen. Wenn Malvin nahe genug an der "Quelle" der Gefühle stand, dann konnte er sie beinahe körperlich spüren. Dies hier aber war anders als alles, was er bisher erlebt hatte, bedrohlicher. Meist waren die Gefühle berechtigt. Seine Frau war sauer, weil er zu spät aus dem Büro nach Hause kam. Seine Kinder beschimpften ihn, weil er wieder einmal ihre quatrogeile neuronengothic Heavybeschallung leiser regelte. Und sein Chef murrte, weil er immer noch vergaß, sich beim Tanken mit dem Firmengleiter die Quittung geben zu lassen. Diese Gefühle kamen und gingen und waren für Malvin so leicht zu spüren wie ein Haar auf der Zunge. Nicht angenehm, aber man konnte damit leben. Aber was Malvin heute Abend, auf dem Weg nach Hause, wahrnahm, hatte nichts zu tun mit zänkischen Teeniestreitereien oder Eheweibsterror. Dies hier fühlte sich ernst an, richtig ernst. So mussten sich Mordgedanken anfühlen. Malvins Nackenhaare sträubten sich. Dies war kein Haar mehr auf der Zunge, sondern ein ganzes Fell. Ihm wurde übel von der Anwesenheit des Todes. Es war wieder einmal zu spät im Büro geworden. Die Straßenlaternen brannten. Es regnete. Außer Malvin waren keine Menschen auf der Straße zu sehen. Laufbänder gab es in diesem Teil von Terrania City nicht. Die Retros, eine kleine Bürgerinitiative, bestehend aus reichen Terranern, hatten es tatsächlich geschafft, einen kleinen Teil der Hauptstadt einem Timewarp zu unterwerfen, wie sie es nannten. Zurück in die Vergangenheit. Keine Laufbänder, Lokale mit echter Bedienung, Straßenlaternen. Seiner Firma konnte diese Retrobewegung nur recht sein. Sie stellte Gummidichtungen für Duschen her. Diese Menschen wuschen sich tatsächlich freiwillig mit Wasser, statt die Segnungen einer Ultraschallreinigung in Anspruch zu nehmen. Shower Industries war die einzige Firma, die solche Dichtungen noch herstellte. Trotz dieser Monopolstellung waren die paar Freaks, die sich noch mit Wasser duschten, zu wenige Abnehmer, um die Produktion auf Dauer am Leben zu halten. Aber seit der Retrobewegung brummte der Laden. Sich mit Wasser zu waschen war wieder in. Der Name Sebastian Kneipp tauchte immer häufiger im Trivid auf. Er war angeblich der Mann, der das Duschen erfunden haben sollte, und wurde zur Galionsfigur dieser Bewegung. Malvin hatte es sich angewöhnt, den Gleiter ein paar Blocks entfernt von seinem Büro abzustellen, damit er wenigstens etwas Bewegung hatte. Heute verfluchte er sich für diese Angewohnheit. Er war 63 und somit eigentlich im besten Mannesalter, und trotzdem oder vielleicht gerade deswegen zeigte seine Waage kontinuierlich zwanzig Kilo zu viel an. Die empathischen Empfindungen der Mordgedanken beunruhigten ihn immer mehr. Und sie waren zweifelsohne an seine Adresse gerichtet. Das machte keinen Sinn. Er war stellvertretender Leiter einer mittelständischen Firma, aber weder sein Gehalt noch seine nicht vorhandene politische Ausrichtung rechtfertigten einen Mord. Egal, nach dem nächsten Block kam sein Gleiter in Sicht, hier hoffte er in Sicherheit zu sein. Zu sehen war von seinem Verfolger immer noch nichts, aber das war in Zeiten von Deflektorfeldern auch nicht weiter verwunderlich. Endlich stand er schweratmend vor dem Gleiter. Die Tür schwang auf und Malvin hechtete in Sicherheit. Mit einem leichten Fingerdruck auf den syntronischen Signalgeber wollte er den Gleiter starten. Doch der vibrierte nur kurz, hob aber nicht vom Boden ab. Malvin fluchte. Da sah er eine Bewegung aus den Augenwinkeln. Neben dem Fenster schälte sich eine Gestalt aus dem Nichts. Ein Mann, hochgewachsen, hager, fast schon dürr. Die gespenstisch weiße Haut spannte sich wie Pergament über seine Gesichtsknochen. Er trug einen langen schwarzen Mantel, von dem er einen Ärmel zurückschob, um Malvin das Kombiarmband zu zeigen, welches den Start des Gleiters verhindert hatte und in wenigen Sekunden auch den Öffnungsmechanismus des Gleiters geknackt haben würde. Malvin erbleichte. Schnell rutschte er auf den Beifahrersitz. Er wusste, dass der Fremde die Bewegung durch die halbverspiegelten Fenster nicht sehen konnte. Als die Fahrertür aufschwang, schlüpfte Malvin auf der anderen Seite schnell ins Freie. Über seinen Signalgeber ließ er die Türen schließen und sie mit einem neuen Öffnungscode versehen. Das Fluchen des Fremden hörte er noch mehrere Meter weiter. Einen großen Vorsprung würde ihm dieser Trick nicht einbringen. Der Fremde sah durchtrainiert aus. Bei ihm zerrte keine Gravitation an zwanzig Kilogramm Übergewicht. Malvins einzige Hoffnung war es, schnell ins Bürogebäude zurückzukommen. Die Eingangstür war syntronisch zu gut gesichert, um mit einem einfachen Kombiarmband geknackt zu werden. Auf der anderen Seite: Dieses "einfache" Kombiarmband des Fremden hatte es auch geschafft, seinen Gleiter am Starten zu hindern. Egal, er musste in die Sicherheit eines geschlossenen Gebäudes. Sein Arbeitsplatz war ungefähr ein halben Kilometer entfernt. Fünfhundert Meter fast im Sprinttempo zurückzulegen war für eine trainierte Person kein Problem, für Malvin aber war es ein unüberwindbares Hindernis. Einzig seine Todesangst schleuderte seine Beine in einem Tempo nach vorne, welches Malvin sonst nie erreicht hätte. Gehetzt schaute er sich um. Die Fahrertür seines Gleiters schwang auf. Malvin blickte wieder nach vorne und packte alle Panik in seine Beine, damit sie ihn noch schneller vorwärts treiben würden. Die kalte Nachtluft brannte in seinen Lungen. Die mordlüsternen Gefühle des Fremden bekamen eine zusätzliche Färbung. Es war das kindliche Vergnügen an einem tollen Spiel. Ein Katz-und-Maus-Spiel, und die Maus hatte eindeutig die kürzeren Beine und weniger Ausdauer. Malvins Muskeln wurden schwer. Ein sicheres Zeichen, dass sie übersäuerten. Ein Blick zurück bestätigte Malvin, dass der Fremde aufholte. Sein Mantel umgab ihn wie die Schwingen eines Todesengels. Wie silberne Pistolenkugeln stoben die Wassertropfen davon, wenn der Fremde durch die Pfützen lief. Sein bleiches Gesicht zeigte keine Spur von Anstrengung. Er schien sich seiner Sache sicher zu sein. Selbst auf das Deflektorfeld hatte er verzichtet. Konstant und fast mühelos verringerte er die Entfernung zu seinem Opfer. Malvins Atemzüge wurden immer kürzer. Seitenstechen war sein geringstes Problem. Farbige Kreise tanzten vor seinen Augen. Noch konnte er seine Beine durch reine Willensanstrengung nach vorne schleudern, doch seine physiologischen Grenzen waren bald erreicht. Noch hundert Meter, schätzte Malvin, dann hatte er das schützende Bürogebäude erreicht. Er wagte es nicht mehr den Kopf zu wenden, vor Angst, die Bewegung könnte ihn zum Stürzen bringen. Sein Kreislauf würde sich in einigen Sekunden von ihm verabschieden. Die farbigen Kreise verengten sich zu einem Tunnel. Am Ende dieses Tunnels sah Malvin den Eingang zu seinem Bürogebäude. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Lektorat von Hans Peter Roentgen Eine Science-Fiction-Geschichte, ein Mann wird verfolgt. Finden Sie diese Geschichte spannend? Ich ja. Na gut, ist vielleicht nicht Dan Brown, aber ragt doch deutlich heraus aus den Geschichten, die ich normalerweise bekomme. - Warum ist das so? Informationen geschickt einbinden Da ist einmal die Art, wie der Autor seine Informationen verpackt. Eine Welt der Zukunft, mit eigener Technik, eigenen Regeln und die muss man dem Leser natürlich vermitteln. Hier wird das so geschickt verpackt, dass der Leser es gar nicht merkt. Denn es wird uns nicht als Infodump an den Kopf geworfen, nicht als statischer Lexikonartikel: .......... "In Terrania City war alles modern, es gab Laufbänder und Gleiter, das sind Fortbewegungsmittel, die die Autos ersetzt haben. Statt mit Duschen säuberte man sich mit Ultraschallreinigern, die die säubernde Wirkung des Ultraschalls nutzten, weil das viel bequemer war als Wasser. In einem kleinen Viertel lebten Retros, die nur alte Techniken duldeten, sich deshalb duschten, die Transportbänder verbannt hatten und Duschdichtungen benötigten. Verbrecher nutzten Kombiarmbändern, um elektronische Schlösser zu knacken ..." .......... Spätestens bei den Duschdichtungen wäre der Leser eingeschlafen. Stattdessen werden die Informationen dort angebracht, wo die Handlung es benötigt, sie werden nicht statisch vermittelt, sondern eingebunden. Das Kombiarmband taucht dort auf, wo es benutzt wird. Wir erfahren nur das, was es in der Handlung tut: den Start eines Gleiters verhindern und eine Tür illegal öffnen. Aber das Retroviertel? Darüber wird uns doch einiges erzählt? Richtig. An dieser Stelle erfahren wir etwas über den Hintergrund. Aber erstens nicht alles, und zweitens wird es mit der Person verbunden. Malvin vertritt eine Firma mit Duschdichtungen, für diese Firma ist das Retroviertel ein Segen, hier werden die Produkte der Firma benötigt. Einige wenige Details erfahren wir, den Rest fügt sich der Leser selbst im Kopf zusammen. Aufbau der Handlung Zweitens baut die Handlung langsam aufeinander auf. Malvin ist allein auf der Straße; wie diese Straße aussieht, zeichnet der Autor mit einigen wenigen Strichen. Abends allein auf der Straße, sicher schon ein bisschen bedrohlich, aber nicht so recht. Aber die Gedanken. Malvin kann die fühlen, und da sind bedrohliche Gedanken, Gedanken, die Mord denken. Was steckt dahinter? Zu sehen ist niemand. In Zeiten von Deflektorfeldern nicht verwunderlich. Merken Sie, wie beiläufig hier Deflektorfelder eingeführt werden? Hier denkt jemand über diese Deflektoren nach, für den sie selbstverständlich sind. Jedenfalls hat unser Held den Wagen erreicht. In Sicherheit, die Frage, ob er es schaffen wird, ist damit beantwortet. Dann taucht jemand auf, und dieser Jemand sieht nicht angenehm aus. Schnell losfliegen, das will unser Held. Geht nicht, der Gegner zeigt das Kombiarmband. Halt! Warum sollte er das seinem Opfer zeigen? Weil der Autor eine Begründung braucht, warum der Gleiter nicht startet, und etwas, das Malvin warnt. Hier kommt etwas ins Spiel, das man besser nicht tun sollte: Der Autor lässt etwas geschehen, weil er es für seine Geschichte braucht, das sich aber nicht richtig organisch in die Geschichte einpasst. In diesem Falle wäre es besser, das beiläufiger passieren zu lassen. .......... "Der Ärmel war zurückgeschoben, die rechte Hand drückte auf ein Armband. Verdammt, ein Kombiarmband!" .......... Auf diese Weise wäre das Kombiarmband besser eingefügt. Möglich wäre natürlich auch ein Täter, der dem Opfer ganz bewusst Angst einjagen will und ihm eine Chance geben will, zu entkommen. Dann wäre dieses bewusste Herzeigen wiederum besser. Was passt, das entscheidet sich manchmal erst später im Text. Fragen halten den Leser bei der Stange Malvin jedenfalls entkommt zunächst mal. Er muss jetzt rennen, aber er ist alt und übergewichtig. Wird er es schaffen? Das ist die nächste Frage, die sich der Leser stellt. Schaut nicht gut aus für den armen Malvin, der Kreislauf spielt nicht mit. Aber den endgültigen Schluss hat uns der Autor vorenthalten - auch wenn ich ziemlich sicher bin, dass Malvin davonkommen wird. Möglicherweise fällt er aber doch dem Verfolger auf den letzten Metern in die Hände? Und muss dann alles geben, um doch noch zu entkommen? Fragen sind es, die den Leser bei der Stange halten. Und das funktioniert hier ganz gut. Kleine Verbesserungen Aber ich bin von Beruf Meckerer. Also habe ich an den Einzelheiten der Geschichte doch etwas auszusetzen, auch wenn sie schon recht gut gelungen ist. Fangen wir also mit den Korinthen an. Der erste Satz lautet: "Zuerst dachte Malvin, seine Sinne hätten ihn getäuscht." Natürlich ist das eine schöne Einstimmung darauf, dass jetzt etwas Dramatisches geschieht. Aber benötigen wir das überhaupt? Denn anschließend erfahren wir etwas über die Fähigkeit, Gedanken wahrzunehmen, an Beispielen aus dem Familienleben. Für mich würde das als Hook am Anfang reichen, ich würde also den Anfangssatz streichen, gebe aber gerne zu, dass wir hier in den Bereich des persönlichen Geschmacks kommen. Das Nächste, woran ich mich störe, ist dieses Bild mit dem Haar auf der Zunge: "Dies war kein Haar mehr auf der Zunge, sondern ein ganzes Fell." Ein ungewöhnliches Bild, aber für mich passt es nicht so recht. Da würde ich nach einem passenderen Vergleich suchen. .......... "Shower Industries war die einzige Firma, die solche Dichtungen noch herstellte. Trotz dieser Monopolstellung waren die paar Freaks, die sich noch mit Wasser duschten, zu wenige Abnehmer, um die Produktion auf Dauer am Leben zu halten. Aber seit der Retrobewegung brummte der Laden." .......... Was fällt Ihnen an diesem Absatz auf? Dass erst gesagt wird, dass die Firma zu wenig Abnehmer hatte, dann, dass der Laden seit der Retrobewegung brummt. Beim ersten Lesen hat mich das verwirrt. Ließe sich aber einfach lösen: "Trotz dieser Monopolstellung waren früher die paar Freaks ..." Mit einem einfachen "früher" könnte man Irritationen vermeiden. .......... "Einzig seine Todesangst schleuderten seine Beine in einem Tempo nach vorne, welches Malvin sonst nie erreicht hätte. Gehetzt schaute er sich um. Die Fahrertür seines Gleiters schwang auf. Malvin blickte wieder nach vorne und packte alle Panik in seine Beine, damit sie ihn noch schneller vorwärts treiben würden." .......... Die Beine, die nach vorne geschleudert werden und in die alle Panik gepackt wird, die werden mir hier ein wenig zu sehr überfrachtet, die Aufmerksamkeit darauf abgelenkt. Da wäre ein weniger ablenkendes Bild von Vorteil. Vielleicht: .......... "Die Todesangst trieb seine Beine in einem Tempo voran, welches Malvin sonst nie erreicht hätte. Gehetzt schaute er sich um. Die Fahrertür seines Gleiters schwang auf. Malvin zwang sich, noch schneller zu laufen." .......... Später werden die Beine noch mal "geschleudert", auch da könnte man treffender erzählen. Aber meine Meckereien betreffen eher Kleinigkeiten. Es gibt sicher noch das eine oder andere, bei dem man überlegen könnte: Ist das so passend oder sollte man doch noch ein wenig feilen? Was könnte man noch verbessern? Das überlasse ich aber Ihnen. Gehen Sie Satz für Satz durch. Wo stocken Sie, welche Formulierungen könnte man verbessern? Wie wirkt Ihre veränderte Fassung? Wenn Sie noch mehr für Ihre Spannungsmuskeln tun möchten, kann ich Ihnen noch zwei weitere Übungen empfehlen. 1. Wie sieht die Szene aus, wenn Sie sie aus der Sicht des Verfolgers schreiben? Ebenfalls möglichst spannend, versteht sich? 2. Und wie sähe es aus, wenn Sie ganz in die Gedanken von Malvin gehen würden, um die Verfolgungsszene zu schildern? .......... "Sofort auf den Beifahrersitz, die Sitzkontrolle krachte ihm in die Eier, schnell die Tür öffnen, das Steuergerät raus, Schließen drücken und neuer Code, und jetzt rennen, rennen musste er ..." .......... Schreiben Sie also die Szene mal ganz aus dem Kopf von Malvin, und folgen Sie nur seinen hektischen Gedanken. Wenn Sie fertig sind: Welche Szene gefällt Ihnen am besten? **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Hans Peter Roentgen ist Autor der Bücher "Vier Seiten für ein Halleluja" über Romananfänge und "Drei Seiten für ein Exposé". Außerdem hält er Schreibkurse und lektoriert. ********************************************************************* INTERVIEW: --------------------------------------------------------------------- (redaktion at team pt autorenforum pt de) "Lektoren müssen noch immer eines sein: Trüffelschweine!" Interview mit Stefan Wendel Ramona und Thomas Roth-Berghofer: Lieber Herr Wendel, Bücher spielten in Ihrem Leben schon immer eine große Rolle. Sie haben Germanistik und Anglistik studiert, viele Jahre lang als Lektor und Programmleiter bei Thienemann gearbeitet, zusammen mit Autorengrößen wie Michael Ende, Otfried Preußler und Ralf Isau, und nun bieten Sie Ihre Expertenkenntnisse seit 2011 über Ihre Website autorenberatung.net Autoren, Illustratoren, Agenten und Verlagen an. Wie wir gehört haben, hat sich das Berufsfeld des Verlagslektors in den letzten Jahren sehr gewandelt. Ganz allgemein gefragt: Welche Fähigkeiten sollte ein Lektor haben? Stefan Wendel: Rückblickend sind die Veränderungen, die sich vollzogen haben, tatsächlich enorm. Im stillen Lektoratskämmerlein oder gar im literarischen Elfenbeinturm sitzt da niemand mehr. Manche Verlage bezeichnen ihre Lektoren heute als Redakteure oder gar Produktmanager, und das ist Ausdruck dafür, dass es mit literarischem Gespür allein längst nicht mehr getan ist. Bei fast allen Entscheidungen, die Lektoren treffen müssen, steht die Verkäuflichkeit eines Titels an oberster Stelle. Die Aspekte der Vermarktung spielen eine große Rolle, von Anfang an. Betriebswirtschaftliche und urheberrechtliche Kenntnisse werden gefordert. Marketingstrategien werden häufig schon in den Lektoraten angedacht und entwickelt. Ohne ein ausgesprochenes Organisationstalent ist man angesichts der Titelzahl, für die man zuständig ist, völlig aufgeschmissen. Doch abgesehen davon müssen Lektoren immer noch eines sein: gute "Trüffelschweine", die ein Gespür dafür haben, was auf dem momentanen Markt angesagt ist. Das war schon immer so, daran hat sich nichts geändert. RRB/TRB: Was macht ein Manuskript für Sie interessant? Nach welchen Qualitätskriterien wählen Sie aus bzw. ab wann ist ein Manuskript geeignet, um mit Ihrer Hilfe veröffentlichungsreif zu werden? SW: Ich war nie ein Freund von "Me-too-Büchern". Geschichten, die es bereits gibt (womöglich sogar in einer besseren Variante), finde ich uninteressant. Originalität als "Variation des Vertrauten" ist für mich entscheidend. Langeweile ist tödlich. Geschichten müssen es wert sein, erzählt zu werden, sonst stiehlt man seinen Lesern nur die Zeit - und das rächt sich. RRB/TRB: Sind Sie bei der Auswahl auf bestimmte Genres spezialisiert? SW: Als Autorenberater bin ich ja nun kein Programmmacher mehr, wähle also nicht mehr für ein bestimmtes Programm aus und stelle mich stattdessen auf die individuellen Bedürfnisse meiner Klienten ein. Meine Kernkompetenz liegt im Bilder-, Kinder- und Jugendbuch in all seinen Ausprägungen vom Pappbilderbuch bis zum All-Age-Roman sowie beim belletristischen Unterhaltungsroman in all seinen Varianten (Krimis, Thriller, historische Romane, Fantasy). RRB/TRB: Wie dürfen wir uns Ihre Zusammenarbeit mit Ihren Autoren vorstellen? Wie unterscheidet sie sich von Ihrer früheren Tätigkeit im Verlag? So bieten Sie u. a. auch Ihre Hilfe bei der Erstellung von Dossiers für eine Verlagsbewerbung an. SW: Der größte Unterschied zu früher ist, dass ich die Seite des Schreibtisches gewechselt habe. Ich sitze den Autoren nicht mehr gegenüber, sondern ich befinde mich neben ihnen und stehe ihnen mit Rat und Tat und Zeit zur Verfügung. Mein in der Verlagspraxis erworbenes Know-how setze ich nicht mehr für einen Verlag, sondern einzig und allein für meine Klienten ein. Nur deren Interessen sind entscheidend, wenn es beispielsweise um die Suche nach einem passenden Agenten oder um Vertragsverhandlungen geht. RRB/TRB: Sie bieten Ihr Know-how als Lektor auch Verlagen und Agenturen an. Wie sieht die Zusammenarbeit hier aus? SW: Wegen der oben beschriebenen Veränderungen und der allseits spürbaren Dynamisierung oder gar Turboisierung des Marktes ist Zeit in vielen Lektoraten und Agenturen Mangelware. Um den Autoren dennoch eine gute, umfassende Betreuung angedeihen zu lassen, biete ich meine Unterstützung an. Beispielsweise indem ich im Auftrag von Agenturen gemeinsam mit den Autoren professionelle Exposés für die Präsentation von Projekten in den Verlagen erstelle. Diese Form des Outsourcings macht Sinn für alle Beteiligten und erhöht die Chancen auf Erfolg, denn Exposés bilden üblicherweise die Grundlage, auf der man ins Gespräch kommt. RRB/TRB: Seit diesem Jahr unterstützen Sie auch das Team der Autoren- und Verlagsagentur AVA international im Kinder- und Jugendbuchbereich. Bedeutet dies, Sie sind nun auch Literaturagent bzw. vermitteln auch Manuskripte an Verlage? SW: Meine Aktivitäten als Autorenberater überschneiden sich von Fall zu Fall mit denen eines klassischen Agenten, ich biete jedoch bewusst nicht die umfangreiche Logistik einer Agentur mit allem, was dazugehört. Dafür gibt es genügend hervorragende Agenten, die ich zum Teil persönlich kenne und deren Arbeit für ihre Autoren ich sehr schätze. Ich sehe mich vielmehr im Umfeld zwischen Autoren, Agenten und Verlagen und trete nur punktuell als Mittler auf, indem ich mein gewachsenes Netzwerk nutze und mitunter auch direkte Kontakte herstelle, wenn es sich ergibt. Im Unterschied zu einem Agenten muss man sich nicht vertraglich an mich als Berater binden, sondern nur bedarfsweise. Das kann eine ganz konkrete Frage sein, die es kurz und kompetent zu klären gilt, das kann auch ein längerer Prozess sein. Manchen Autoren, die sich nicht dauerhaft binden möchten, kommt dies entgegen. Roman Hocke, der Kopf der AVA international, und ich kennen uns schon seit vielen Jahren, denn er war früher der Leiter des Weitbrecht Verlags unter dem Dach von Thienemann. In den vergangenen zehn Jahren hat er die 1981 von Reinhold G. Stecher gegründete Agentur unter enormem persönlichem Einsatz gekonnt ausgebaut, weiterentwickelt und viele namhafte Autoren lanciert, die sich auf den Bestseller-Listen wiederfinden. Diese Entwicklung habe ich mit großem Respekt verfolgt. Jetzt bündeln wir unsere Kompetenzen im Sinne einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung: Ich wähle Kinder- und Jugendbuchprojekte, die der AVA international angeboten werden, gezielt mit aus und mache sie gemeinsam mit den Autoren von Stuttgart aus präsentationsreif. Alles Weitere übernimmt dann wieder Roman Hocke mit seinem Münchner Team. Wir sind beide guter Dinge, dass die AVA international auf diese Weise zu einer noch attraktiveren Adresse für Kinder- und Jugendbuchautoren werden kann. RRB/TRB: Wie umfangreich ist im Schnitt die Arbeit an einem eingereichten Manuskript bis zur Bewerbungsreife bei einem Verlag? SW: Das lässt sich nicht verallgemeinern und hängt ganz und gar von der Grundlage ab, die ein Autor liefert. Manche Autoren sind in der Lage, hervorragende Exposés für ihre eigenen Projekte zu schreiben, andere benötigen dabei eben mehr Unterstützung. Ich habe lange genug auf der anderen Seite des Schreibtisches gesessen und weiß, worauf es ankommt. RRB/TRB: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? SW: Von Alltag kann glücklicherweise überhaupt keine Rede sein! Nach zwanzig Jahren im Verlag kam ich mir manchmal wie ein altgedientes Zirkuspferd vor - immer im Kreis rum, ein Frühjahrsprogramm, ein Herbstprogramm, ein Frühjahrsprogramm, ein Herbstprogramm Jetzt ist jeder Tag anders und voller Überraschungen, und ich hoffe, dass sich auch dauerhaft keine lähmende Routine einstellt. Die Vielseitigkeit meiner Aufgaben sollte mich davor bewahren. Viel Beratung läuft per E- Mail oder am Telefon ab. Am spannendsten sind jedoch die Einzel- Workshops, die ich zwecks Orientierung oder (Neu-)Positionierung anbiete. Dabei klinken sich die Autoren und ich fünf, sechs Stunden aus und entwickeln eine individuelle, maßgeschneiderte Strategie für den jeweiligen Autor. RRB/TRB: Arbeiten Sie noch als Übersetzer? SW: Das Übersetzen der Elmar-Bilderbücher von David McKee war immer so eine Art Hobby, das ich mir am Wochenende neben der Verlagsarbeit geleistet habe, ganz einfach weil es mir Spaß macht. Wenn es sich ergibt, bin ich auch für andere Übersetzungsaufträge offen. Ein Kinder- oder Jugendbuch würde mich schon sehr reizen RRB/TRB: Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Autor aus? SW: Ich glaube, ein Autor ist dann ein guter Autor, wenn er tatsächlich etwas zu erzählen hat und es versteht, seine Leser zu fesseln. So einfach, so schwer RRB/TRB: Welchen Roman (welche Zeitschrift, Kurzgeschichte, welches Sachbuch ...) lesen Sie gerade? Was hat Sie am stärksten beeindruckt? SW: Während meiner Auszeit, in der ich nicht nach Santiago de Compostela gewandert bin, sondern u. a. das Konzept für meine Autorenberatung entwickelt habe, habe ich meterweise Romane gelesen - all die, für die ich nie Zeit hatte ("Middlemarch"!) oder was ich schon immer einmal wiederlesen wollte ("Das Parfüm"). Sehr viel aus dem Diogenes Verlag, dessen Programm ich sehr schätze, weil die Qualität stimmt und die Mischung aus U und E gelingt. Besonders inspirierend fand ich "Lustig ist das Verlegerleben. Briefe von und an Daniel Keel", ein Buch, das sich alle Verleger unters Kopfkissen legen sollten, dessen Lektüre sich aber auch auf Autoren motivierend auswirken kann. Denn wenn man weiß, was man will, geht?s mit etwas Glück - und sei der Markt auch noch so verrückt. RRB/TRB: Hätten Sie sonst noch einen Rat für angehende Autoren und Autorinnen? SW: Patentrezepte gibt es nicht. Jeder muss seinen eigenen Weg gehen. Generell kann ich allen Autoren nur empfehlen, sich schlau zu machen und sich in allen Bereichen schriftstellerischen Schaffens zu professionalisieren. Das ist freilich noch keine Erfolgsgarantie, aber zumindest ein erster Schritt, um dem Glück auf die Sprünge zu helfen. RRB/TRB: Herzlichen Dank für das Interview. ********************************************************************* UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN: --------------------------------------------------------------------- Bitte schickt den ExpertInnen nur Fragen zu ihrem Expertenthema - keine Manuskripte zur Beurteilung. Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber sofort gelöscht wird. Drehbuch: Oliver Pautsch drehbuch at experte pt autorenforum pt de Fandom: Thomas Kohlschmidt fandom at experte pt autorenforum pt de Fantasy: Stefanie Bense fantasy at experte pt autorenforum pt de Heftroman: Arndt Ellmer heftroman at experte pt autorenforum pt de Historischer Roman: Titus Müller historischer.roman at experte pt autorenforum pt de Kinder- und Jugendbuch: Michael Borlik kinderbuch at experte pt autorenforum pt de Kriminalistik: Kajo Lang kriminalistik at experte pt autorenforum pt de Lesungen: Rüdiger Heins lesungen at experte pt autorenforum pt de Lyrik: Martina Weber lyrik at experte pt autorenforum pt de Sachbuch: Gabi Neumayer sachbuch at experte pt autorenforum pt de Schreibaus- und -fortbildung: Uli Rothfuss fortbildung at experte pt autorenforum pt de Schreibgruppen: Ute Hacker schreibgruppen at experte pt autorenforum pt de Schreibhandwerk: Ute Hacker schreibhandwerk at experte pt autorenforum pt de Sciencefiction: Andreas Eschbach sf-autor at experte pt autorenforum pt de Übersetzung: Barbara Slawig uebersetzerin at experte pt autorenforum pt de Verlagswesen: Bjørn Jagnow verlagswesen at experte pt autorenforum pt de ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ................. Experten-Special: ................. Bjørn Jagnow hat seine über 80 Fragen und Antworten zu den Themen Urheberrecht, Verlagswesen und Vermarktung der letzten Jahre gesammelt und in einem Buch zusammengefasst - thematisch sortiert und aktualisiert: Björn Jagnow: "Fragen und Antworten zu Urheberrecht, Verlagswesen und Vermarktung", 2009, 188 Seiten, 10,00 Euro, Edition Octopus ********************************************************************* FRAG DEN EXPERTEN FÜR VERLAGSWESEN: --------------------------------------------------------------------- Bjørn Jagnow (verlagswesen at experte pt autorenforum pt de) Frage: Ich habe ein Buch [...] geschrieben, das fast ausschließlich aus Passagen aus Büchern, Nachrichten, Zeitschriften, Zeitungen, Internet etc. besteht (maximal 15 geschriebene Zeilen) [...]. Pro Tag des Jahres gibt es einen Beitrag, 365 insgesamt. Die meisten davon sind mit einem persönlichen Kommentar von mir versehen, um den Inhalt zu erklären, vertiefen, zur Diskussion anzuregen. [...] Meine Frage ist, ob ich für jeden "Fremdbeitrag" die Genehmigung des Verlages, der Zeitung etc. einholen muss, wenn ich ihn in meinem Buch veröffentlichen will. Die genaue Quellenangabe habe ich jedem Beitrag beigefügt, so dass der Leser weiß, woher der Inhalt stammt, und sich bei Interesse auch das jeweilige Buch besorgen oder eine interessante Zeitschrift abonnieren kann. Antwort: Ja, Sie benötigen für jede Textpassage, die Sie nicht selbst geschrieben haben, eine Genehmigung. Es ist zwar erlaubt zu zitieren, allerdings nur im unbedingt nötigen Umfang (d. h. so wenig wie möglich) und nur dann, wenn Ihre Arbeit nur zu Bruchteilen aus Zitaten besteht. Eine Arbeit aus anderen Quellen "zusammenzuzitieren", ist nur mit Genehmigung möglich. ++++++++++ Nachfrage: Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass solche Genehmigungen erteilt werden? Schließlich wäre das ja auch eine Form der Werbung / des Marketings, die Leute sollen ja angeregt werden, durch einen "Appetithappen" Lust auf mehr zu bekommen. Vielleicht können Sie mir noch sagen, an wen (Abteilung) ich eine solche Anfrage in den Verlagen senden müsste. Antwort: Ich vermute, dass die Verlage dies weniger als Werbung denn als Lizenzgeschäft sehen und erwarten, dass Sie dafür Geld bezahlen. Die richtigen Ansprechpartner wären daher auch im Lektorat bzw. in der Lizenzabteilung zu finden. Wenn es um kostenlose Verwertung geht, wird die Wahrscheinlichkeit, alle Genehmigungen zu erhalten, vermutlich stark in sich zusammenfallen. **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Bjørn Jagnow ist Schriftsteller, Verlagsfachwirt, Verlagskaufmann und Buchhändler (http://www.bjoernjagnow.de/). Sein Fantasy-Thriller "Wilde Jagd" ist als kostenloses PDF lieferbar (http://nbn- resolving.de/urn:nbn:de:0062-wildejagd1-8). ********************************************************************* FRAG DEN EXPERTEN FÜR KINDERBUCH: --------------------------------------------------------------------- Michael Borlik (kinderbuch at experte pt autorenforum pt de) Frage: Seit vier Jahren arbeite ich an einem Stoff für ein fantastisches Kinderbuch. [...] Zu meinem Erschrecken stellte ich fest, dass es jetzt einen Kinofilm gibt, der genau dieses Thema beinhaltet, über das ich mein Kinderbuch schreiben will. Was soll ich nun tun? Kann ich mein Buch jetzt vergessen? Ist der Stoff für alle Zeiten "vergeben"? Mein Buch ist in einigen Punkten anders, aber vom Thema her ist es genau gleich. Nun meine Frage: Was soll ich machen? Kann ich u. U. etwas warten und dann mit dem Thema rauskommen? Antwort: Natürlich gibt es in vielen Büchern ähnliche Grundthemen. Wichtig ist, dass Sie auf neue, originelle Weise an das Thema herangehen und sich nicht an dem bereits existierenden Film/Buch orientieren. Beispielsweise können Sie eine besondere Erzählstimme wählen, indem Sie die Geschichte aus dem Blickwinkel einer ungewöhnlichen Hauptfigur schildern. Arbeiten Sie die Unterschiede Ihrer Geschichte zu der bereits existierenden heraus. Diese Unterschiede geben Ihrer Erzählung letztendlich die besondere Note. Sollte dies nicht möglich sein oder die Übereinstimmungen zu groß, empfehle ich Ihnen, sich einem neuen Projekt zuzuwenden und das "alte" zunächst ruhen zu lassen. **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** Michael Borlik, 1975 geboren, ist freier Schriftsteller, der bereits über 30 Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht hat. Mehr Infos zu seinen Büchern unter http://www.borlik.de. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, der mit getrennter Mail kommt +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Einsendeformalien: Einsendungen sind zu allen Rubriken von autorenforum.de - nach Rücksprache - erwünscht. Das Urheberrecht verbleibt bei der Autorin bzw. beim Autor. Einsendungen bitte im RTF-Format und per E-Mail, und zwar an: beitrag at team pt autorenforum pt de. Fragen zu Einsendungen sollten ebenfalls an diese Adresse gerichtet werden. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ I M P R E S S U M ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Herausgeber: Ramona Roth-Berghofer public.relations at team pt autorenforum pt de Gabi Neumayer redaktion at team pt autorenforum pt de Stefan Schulz webmaster at autorenforum pt de Thomas Roth-Berghofer Thomas.Roth-Berghofer at team pt autorenforum pt de Jürgen Schloßmacher juergen.schlossmacher at team pt autorenforum pt de ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "The Tempest" ist ein kostenloser Newsletter für Autorinnen und Autoren. Abonnenten sind herzlich aufgefordert, den Newsletter weiterzugeben oder nachzudrucken, solange alle Urheberrechte beachtet werden (Näheres s. http://www.autorenforum.de/?UeberUns/Impressum) und der VOLLSTÄNDIGE Newsletter weitergegeben wird. Ansonsten bitten wir darum, mit der Redaktion Kontakt aufzunehmen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Zugesandte Artikel können von der Redaktion bearbeitet und gekürzt werden. Für unverlangt eingesandte Beiträge wird keine Haftung übernommen. Das Recht zur Veröffentlichung wird prinzipiell vorausgesetzt. Alle bei autorenforum.de veröffentlichten Beiträge, Grafiken und Bilder sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur mit vorheriger Einwilligung von autorenforum.de bzw. der Einwilligung des verantwortlichen Autors/der verantwortlichen Autorin nachgedruckt oder anderweitig weiterverwendet werden. Auf die Gestaltung der Links haben wir keinen Einfluss. Die Inhalte der verlinkten Seiten machen wir uns nicht zu Eigen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Anschrift: autorenforum.de c/o Gabi Neumayer Im Goldacker 41 50126 Bergheim ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~