The Tempest

Ausgabe 10-06 (20. Juni 2008)

Editorial
Hall of Fame
Schreib-Kick
Lese-Tipp
Schreibkurs
   "Schreiben für alle Sinne"
   von Elke Bockamp
Interview mit Heike Fischer
Verlagsportrait
   "Christel Göttert Verlag"
Veranstaltungsbericht
   "Autorentreffen 2008 in Nürnberg"
   von Ursula Schmid-Spreer und Susanne Oswald
Erfahrungsbericht
   "Ich schreibe auch!"
   von Jennifer Schreiner
Besondere Lesungen
   "Improvisationstheater"
   von Ursula Schmid-Spreer
Küss mich, ich bin ein Autor!
Frag den Experten für Historischen Roman
   (Titus Müller)
Frag die Expertin für Lyrik
   (Martina Weber)
EDITORIAL:  
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Liebe Autorinnen und Autoren, 

diesmal gibt es so viel Neues mitzuteilen und anzukündigen, dass ich  
am besten gleich damit anfange, bevor das Editorial so lang wird, dass  
unsere ohne Zweifel vielbeschäftigten LeserInnen gar nicht mehr dazu  
kommen, all die herrlichen neuen Beiträge in dieser Ausgabe zu lesen,  
zumal ... äh ... 

Also los: Nach dem Erfolg seines wunderbaren Buches "Vier Seiten für  
ein Halleluja" hätte sich Hans Peter Roentgen auch eine Weile auf die  
faule Haut legen können. Aber zu unserem Glück hat er schon ein neues  
vielversprechendes Projekt in Arbeit. Und ihr könnt mitmachen! Hier  
der Aufruf: 

.......... 
"Ein Exposé zum Knutschen": Exposés sind der Alptraum vieler Autoren.  
Wie kondensiert man 400 Seiten Text auf zwei, wie presst man einen  
Elefanten durch ein Nadelöhr? 

Hans Peter Roentgen will zeigen, wie es gemacht wird. Aber nicht abs- 
trakt, sondern wie bei "Vier Seiten für ein Halleluja" an praktischen  
Beispielen. Wer also immer schon wissen wollte, warum sein Exposé  
nicht funktioniert und wie man es verbessern kann, der kann es ihm per  
E-Mail schicken. Maximal 5.000 Anschläge, wenn möglich RTF-Format. Wer  
möchte, kann auch eine Kurzfassung ("Pitch") seines Projekts mitsen- 
den, eine Darstellung der Geschichte in drei Sätzen, maximal 200 An- 
schläge. Mailadresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. 

Aus den Einsendungen werden beispielhafte ausgesucht und besprochen,  
und daran wird gezeigt, wie man Exposés schreibt und verbessert. 
.......... 

Auch im Tempest werden wir die eine oder andere Exposé-Analyse veröf- 
fentlichen. Also: Exposé schreiben, überarbeiten und an Hans Peter  
schicken! 

Im zweiten Teil des Tempest findet ihr wie immer neue Wettbewerbe und  
Ausschreibungen - und diesmal sind viele für Jugendliche dabei. Auf  
einen möchte ich besonders hinweisen (ihr findet ihn unter dem Datum  
10. August): Lizzynet, die Online-Community für Mädchen, schreibt ei- 
nen Krimiwettbewerb für Mädchen und Frauen zwischen 12 und 22 Jahren  
aus. Eingereicht wird dabei keine fertige Geschichte, sondern ein Ex- 
posé. Und zu gewinnen gibt es weder eine Trophäe noch Geld, sondern  
das, was junge AutorInnen am dringendsten brauchen: Jede der drei  
Preisträgerinnen bekommt eine erfahrene Krimiautorin der "Mörderischen  
Schwestern" für drei Monate als Mentorin an die Seite, die ihr beim  
Ausarbeiten ihres Kurzkrimis hilft. Und alle drei werden dann auf dem  
großen Literaturfestival "Lit.Cologne" im nächsten Jahr vorgestellt. 

"Sensationeller Preis! Wahnsinn! Die Glücklichen!", das waren meine  
ersten Gedanken, als ich davon hörte. Und die zweiten: "Warum gab's so  
was eigentlich nicht, als ich jung war? Und wer fördert mich? Wann  
kommt endlich der Super-Hammer-Wettbewerb speziell für 45-jährige  
Rheinländerinnen mit Faltrad?" Nichtsdestotrotz freue ich mich sehr,  
in der Jury zu diesem Preis zu sitzen, und bin gespannt auf die  
Einsendungen. 

Und jetzt: Tataaaa!! In dieser Ausgabe heben wir eine neue Rubrik aus  
der Taufe: "Küss mich, ich bin ein Autor!" Worum geht es? Extrem kur- 
ze, pointierte Dialoge, die Freud und Leid des AutorInnenlebens auf  
den Punkt bringen. Und wie üblich hängt das Überleben dieser Rubrik  
von euch ab: Schickt uns eure Kürzestdialoge! Und sagt nicht, ihr hät- 
tet noch nichts Merkwürdiges, Schreckliches, Lustiges, Unglaubliches  
... als AutorIn erlebt! 

Wie immer lohnt sich euer Engagement gleich mehrfach: Ihr erntet Ruhm  
und Ehre, haltet die neue Rubrik am Leben - und könnt zu allem Über- 
fluss auch noch bei der nächsten Überraschungsverlosung gewinnen! Bei  
der letzten hat übrigens Regula Gerber den Preis abgesahnt: gleich  
drei Seitendiener in verschiedenen Größen und Farben. Diese prakti- 
schen Helfer machen das einhändige Lesen zu einem Vergnügen. Ideal für   
alle, die lesen und gleichzeitig die besten Stellen klau..., äh: als  
Stiltraining abschreiben möchten. Und als Lesezeichen lassen sich die  
Seitendiener auch noch verwenden.  

Also: Schickt uns eure Beiträge für "Küss mich, ich bin ein Autor!",  
für den Schreibtipp im Editorial (maximal 300 Zeichen), für den Lese- 
tipp (lohnenswerter Link mit kurzer Begründung), oder schlagt der Re- 
daktion einen Beitrag für eine der anderen Rubriken vor. Damit seid  
ihr bei der nächsten Verlosung dabei, dann wieder mit einem neuen sen- 
sationellen und natürlich absolut autorengerechten Preis! 

Und was erwartet euch in dieser Ausgabe? Wie man für alle Sinne  
schreibt, das führt Elke Bockamp vor. Die Roth-Berghofers haben Heike  
Fischer vom Verlag fredebold&fischer interviewt. Ursula Schmid-Spreer  
stellt den Christel Göttert Verlag vor und berichtet zusammen mit Su- 
sanne Oswald vom Autorentreffen 2008. Jennifer Schreiner hat in ihrem  
Erfahrungsbericht ein leidiges Thema aufgegriffen, mit dem sich viele  
AutorInnen konfrontiert sehen. Und unsere ExpertInnen geben wieder  
ausführlich, präzise und praxisnah Antwort auf Fragen, die euch bewe- 
gen. Und dann sind da natürlich noch der Schreib-Kick, die besondere  
Lesung, die Hall of Fame und ... 

Der Tipp des Monats Juni, diesmal von Gabriele Pluskota: 

     Wie wäre es mit einen einfachen und klaren Stil?  
     Also schreiben wie Franz Kafka. Hier meine  
     fünf KAFKA-Kriterien: 

     K onkret schreiben 
     A ktiv schreiben 
     F üllwörter und Floskeln meiden 
     K urz schreiben 
     A djektive sparsam verwenden 

Zum Schluss noch eine Berichtigung: Die Adresse unter Stefanie Benses  
Artikel im letzten Tempest war unvollständig. Richtig lautet sie  
http://www.romantisch.essdeh.de/. 

Und ganz zum Schluss: Tor! Tor! Tor!!! Oder vielmehr: Möget ihr auch  
in diesen ballbewegten Zeiten noch Zeit zum Schreiben finden! Muss ja  
keine Fußballgeschichte sein ... 

  Gabi Neumayer 
  Chefredakteurin 

~~~~~~~~~~~ 
Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen  
wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen  
freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt,  
aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto  
von autorenforum.de: 

Sparda Bank Südwest eG 
BLZ 550 905 00 
Kto. 100 724 515 
Stichwort: "Beitrag 2008" 

Für AuslandsabonnentInnen: Am 1. Juli 2003 wurden die Auslandsüberwei- 
sungsgebühren gesenkt. Aber natürlich könnt ihr uns euren Beitrag auch  
weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest). 

Wer aus Österreich überweist, braucht außerdem diese Nummern (bitte  
genau so zusammenschreiben!) 
IBAN: DE16 5509 0500 0100 7245 15 
BIC: GENODEF1S01 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 
ISSN 1439-4669   Copyright 2008 autorenforum.de. Copyright- und 
                 Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe 
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 

   INHALT DIESER AUSGABE: 


TEIL 1: 

      Editorial 
      Hall of Fame 
      Schreib-Kick 
      Lese-Tipp 
      Schreibkurs 
         "Schreiben für alle Sinne" 
         von Elke Bockamp 
      Interview mit Heike Fischer 
      Verlagsportrait 
         "Christel Göttert Verlag" 
      Veranstaltungsbericht 
         "Autorentreffen 2008 in Nürnberg" 
         von Ursula Schmid-Spreer und Susanne Oswald 
      Erfahrungsbericht 
         "Ich schreibe auch!" 
         von Jennifer Schreiner 
      Besondere Lesungen 
         "Improvisationstheater" 
         von Ursula Schmid-Spreer 
      Küss mich, ich bin ein Autor! 
      Frag den Experten für Historischen Roman 
         (Titus Müller) 
      Frag die Expertin für Lyrik 
         (Martina Weber) 
      Impressum 


TEIL 2: 

      Veranstaltungen 
      Ausschreibungen 
      Publikationsmöglichkeiten 
           mit Honorar 
           ohne Honorar 
      Seminare 
      Messekalender 
      Impressum 

~~~~~~~~~ 
Auf unserer Homepage gibt es mittlerweile einen praktischen Service  
für orientierungslose Tempest-LeserInnen: Inhaltsübersichten für ein- 
zelne Tempest-Jahrgänge, nach AutorInnen sortiert. Eberhard Kamprad  
(http://www.kamprad-online.de) hat freundlicherweise die aufwendige  
Arbeit übernommen, nach und nach die Verzeichnisse für alle bisherigen  
Jahrgänge zu erstellen.  

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HALL OF FAME: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 

Die "Hall of Fame" zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest.  
Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst -  
dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen  
können. 

Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen nach diesem Schema: 

....... 
AutorIn: "Titel", Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende  
oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich  
könnt ihr in maximal 60 Zeichen inklusive Leerzeichen (nicht Wörtern!)  
weitere Infos zu eurem Buch unterbringen. 
....... 

Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Ei- 
genverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie  
Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen.  

ACHTUNG, NEU! 
Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bes- 
tätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem  
Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! 

Schickt eure Texte unter dem Betreff "Hall of Fame" an  
redaktion at team pt autorenforum pt de.  

Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen  
Schema gemacht werden! 
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Stephan R. Bellem: "Die Chroniken des Paladins - Das Amulett", Other- 
world Verlag 2008, Fantasy. Band 2 der Trilogie,  
http://www.srbellem.de 

Franziska Kelly, Max Herfert (Hrsg.): "Million Dollar Mama - 21 Krimi- 
nalstorys rund um den Boxsport", Romantruhe 2008, Krimi. Was nicht  
auch außerhalb des Rings so alles passieren kann 


Franziska Kelly: "Das Schweigen des Lammragouts ... - 13 Kriminalsto- 
rys mit Rezepten!", Romantruhe 2008, Krimi. Geschichten von Typen,  
denen KEINE eine Träne nachweint ... 

Michael Thiel: "Böses Erwachen", Scratch Verlag 2008, epische Fantasy.  
Action mit Tiefgang. http://www.michaelthiel-autor.de 

Claudia Kejwal: "Überwiegend sonnig, zeitweise bewölkt", Papierfres- 
serchens MTM Verlag 2008, Lesebuch. 21 (ent)spannende Geschichten -  
trübe Stunden sind passé! 

Birgit Hermann: "Der Ferman", Schillingerverlag 2008, Historischer  
Roman. Eine Spieluhr für den Sultan, www.birgit-hermann.de 

Wartan Bekeredjian: "Bugo das einhöckrige Kamel", Pamela Helmer Verlag  
2008, Kinder- und Jugendbuch. Schön illustriert. Mehr unter  
www.verlag-pamela-helmer.de 

Manuela Wetzel: "Morgenspaziergänge", Schmöker Verlag 2008, Ratgeber.   
Begeisterung und Sinn im Leben, www.morgenspaziergaenge.de 


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SCHREIB-KICK: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


Unser Schreib-Kick für den Juni, diesmal von Frank Bonse: 

Wenn der Plot hängt, wenn der Schreibfluss zu einem Rinnsal versiegt,  
fange ich an, meine Gedanken aufzuschreiben. Ich schreibe im Text, an  
der Stelle, wo ich hänge, "MEMO" und dann einfach weiter, z. B.: 

"Was passiert jetzt? Antag ist wieder auf der Burg, will immer  noch  
das Schwert und die Rache. Protag ist mit dem Schwert auf dem Weg zur  
Burg, hat Antag noch nicht als Gegner erkannt, sondern will ihn sogar  
warnen. Wo ist Sidekick? Er wird noch immer von Antags Sirene umgarnt  
und verstrickt sich immer tiefer in ihre Spinnereien. - Wie kommt Pro- 
tag in die Burg? Was sagt er? Wie wird er empfangen?" 

Indem ich die Situation und die daraus entstehenden Fragen nieder- 
schreibe, beginnt der Fluss zu strömen. Langsam erst, doch mit jeder  
beantworteten Frage schneller, und manchmal habe ich schon ein Kapitel  
geschrieben, ohne den Übergang bemerkt zu haben. 


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LESE-TIPP: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


Ein Tipp von Regula Gerber: 

http://www.andreaseschbach.de/schreiben/page96/page96.html: Spätestens  
nach der dritten Überarbeitung sieht man nichts mehr, was sich ver- 
bessern lässt. Dagegen kann man was unternehmen. Der 10-Punkte-TÜV von  
Andreas Eschbach deckt nochmals einige textliche Schwachstellen auf. 


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SCHREIBKURS: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


                      "Schreiben für alle Sinne" 
                          von Elke Bockamp 

Wenn es um lebendige Erzählformen geht, würde ich gerne von äußeren  
und inneren Kriterien sprechen. Äußere Kriterien wie abenteuerliche  
Schauplätze, interessante Protagonisten und exotische Requisiten (hier  
sollten wir beim Planen einer Geschichte tunlichst Stereotype vermei- 
den) und innere Kriterien, die ich am Schreibstil festmache - wobei  
der Hauptgrund, dass eine Geschichte als langweilig empfunden wird,  
sicher darin liegt, dass zu wenig erzählt und zu viel beschrieben  
wird. - Ein Beispiel:  

.......... 
Ich ging am Morgen über die Straße und sah vor dem Supermarkt zwei  
Halbstarke. Ich hoffte nur, sie würden mich nicht ansprechen, und  
huschte an ihnen vorbei zu den Einkaufswagen. Ich musste Brot und  
Getränke kaufen, würde also gleich wieder draußen sein. In den Regalen  
fand ich, was ich brauchte. Nachdem ich bezahlt hatte, ging ich  
schnell wieder nach Hause. 
.......... 

Intuitiv spüren wir, dass an diesem Text etwas falsch ist. Aber warum  
genau will er uns nicht richtig unterhalten? 

Das hat mehrere Gründe:  
1. Nur das Auge wird bedient, man hört, schmeckt und riecht nichts. 
2. Dem Konflikt wird ausgewichen. 
3. Es werden keine Emotionen geweckt. 
4. Es wird zu chronologisch erzählt. 


          Nicht dem Konflikt ausweichen! 

Ich persönlich lasse mich nicht gerne von jugendlichen Halbstarken  
ansprechen, da gehe ich auch "im echten Leben" lieber auf Distanz. In  
der Literatur sind Konflikte jedoch der Motor einer jeden Geschichte.  
Wenn wir eine Szene mit zwei jugendlichen Halbstarken ausstaffieren,  
sollten wir ihnen auch ein Drehbuch in die Hand drücken - ansonsten  
fallen sie in die Rubrik überflüssige Details. 

Der Autor / Die Autorin sollte sich an jeder Stelle kritisch fragen,  
ob er / sie einem Konflikt aus dem Wege geht, denn das kann durchaus  
unbewusst passieren. Im Alltag packen wir auch nicht jede Gelegenheit  
beim Schopfe, Streit vom Zaun zu brechen. 

Anders in der Belletristik, wo Konflikt das Salz in der Lese-Suppe  
ist!  


          Was denkt der Leser über mich? 

Womit wir beim Thema Identifikation sind: Was wird, fragt sich der  
Autor, der Leser über mich denken, wenn ich so schreibe?  

Der Grund, warum so viele Geschichten dramaturgisch nicht über den  
"abgesicherten Modus" hinauskommen, liegt darin, dass der innere Zen- 
sor uns beim Schreiben ständig ausbremst. Der Autor hat Angst, mit dem  
Geschriebenen identifiziert zu werden. 

Ich will euch nicht ermutigen, einen Ich-Protagonisten zu kreieren und  
ihn / sie loszuschicken, um am frühen Morgen Harakiri zu begehen. Lie- 
ber würde ich anregen, darüber nachzudenken, wie viel ihr euch  
zutraut, wie viel ihr wagt von euch preiszugeben. 

Hinzu kommt, dass ein Autor / eine Autorin in der ständigen Problem- 
atik steckt, nicht nur Schreibende/r, sondern auch "Komplett- 
Inszenierende/r" zu sein. Zum Vergleich: Beim Film oder Theater gibt  
es neben dem eigentlichen Stück (Drehbuch) für die szenische Umsetzung  
einen Dramaturgen, einen Regisseur, gute Schauspieler, Beleuchter,  
Tontechniker etc. Und wir? Sitzen beim Schreiben allein im stillen  
Kämmerlein und müssen all diese Funktionen im Alleingang erfüllen,  
dazu in vollkommener Ungewissheit, ob die Bilder, die wir erzeugen,  
beim Leser ankommen! 

Zurück zum Textbeispiel vom Anfang: Wie schaffe ich es, es lebendig  
umzugestalten? 

          Sinneseindrücke und Gefühl 

Zunächst einmal beschränke ich mich beim Schreiben nicht darauf, le- 
diglich das wiederzugeben, was das Auge sieht. Vielmehr frage ich mich  
- schon während des Schreibens -, was es zu hören, zu riechen, zu  
schmecken gibt.  

Fügen wir einige wenige Sinneseindrücke hinzu:  

.......... 
Ich ging am Morgen über die Straße und sah vor dem Supermarkt zwei  
Halbstarke. Eine hässliche Bierfahne wehte in meine Richtung. Ich hof- 
fte nur, sie würden mich nicht ansprechen und huschte an ihnen vorbei  
zu den Einkaufswagen. Ich musste Brot und Getränke kaufen, würde also  
gleich wieder draußen sein. In den Regalen fand ich, was ich brauchte,  
ein Marmeladenglas war auf dem Boden in Scherben gegangen, der süße  
Duft hing in der Luft. Nachdem ich bezahlt hatte, ging ich schnell  
wieder nach Hause. 
.......... 

Ein weiterer Punkt: Gerne identifizieren sich die Leser mit dem Pro- 
tagonisten, schlüpfen in seine / ihre Haut, sehen das Erlebte mit  
seinen / ihren Augen, zittern mit, freuen sich. 

Emotionen wecken Mitgefühl, auch die Identifikation mit dem Protago- 
nisten zieht den Leser in den Text. - Nun das Ganze mit Gefühl:  

.......... 
Ich ging am Morgen über die Straße und sah vor dem Supermarkt zwei  
Halbstarke. Bitte sprecht mich nicht an, betete ich. Eine hässliche  
Bierfahne wehte in meine Richtung, dass mir übel wurde. Ich huschte an  
ihnen vorbei zu den Einkaufswagen. Nur schnell Brot und Getränke  
kaufen, dachte ich, bald würde ich wieder draußen sein. Es war nicht  
mein Tag, das spürte ich. Ein Marmeladenglas rutschte mir aus der Hand  
und ging auf dem Boden in Scherben. Verdammt, wie peinlich. Der süße  
Duft war widerlich. Nachdem ich bezahlt hatte, ging ich schnell wieder  
nach Hause. 
.......... 


          Nicht immer eins nach dem anderen! 

Als Nächstes müssen wir die Chronologie der Erzählung hier und dort  
aufbrechen, sonst liest sich der Text wie das Protokoll eines Verhörs:  
"Ich ging zuerst hierhin, machte das, dann das, dann das ..." Auf  
Dauer ist das ermüdend. 

.......... 
Vor dem Supermarkt standen zwei Halbstarke. Bitte sprecht mich nicht  
an, betete ich. Eine hässliche Bierfahne wehte in meine Richtung, dass  
mir übel wurde. Ich huschte an ihnen vorbei zu den Einkaufswagen. Nur  
schnell Brot und Getränke kaufen, dachte ich, bald würde ich also  
wieder draußen sein. Es war nicht mein Tag, das spürte ich. Ein Mar- 
meladenglas rutschte mir aus der Hand und ging auf dem Boden in Scher- 
ben. "Verzeihung!" Ich sah mich um. Verdammt, wie peinlich.  
Der süße Duft hing mir zu Hause noch nach. 
.......... 

Hinzu gekommen ist außerdem "Verzeihung", ein Dialogfetzen. Das ist  
die einfachste Methode, das Ohr zu bedienen - der Leser bekommt etwas  
zu hören.  

Klar, klingt einleuchtend, doch es ist ein langer Weg, direkt auf An- 
hieb so zu schreiben. Am Anfang mag es einfacher sein, erst einmal die  
Geschichte "frei Schnauze" herunter zu schreiben und sie dann später,  
wie oben demonstriert, aufzuarbeiten. 


          Überarbeiten 

Wahrscheinlich wirst du bemerkt haben, dass mit jedem Ausarbeiten,  
Ausschmücken der Text länger geworden ist. Also folgt als letzter (und  
wichtigster) Arbeitsschritt das Kürzen.  

Das ist das Schwierigste überhaupt. Man denkt, jedes Wort wäre  
wichtig, doch es kann immer noch ausgeschlankt werden. Kürzt man, wird  
der Text zudem dichter. Die weggekürzten Stellen bleiben zwischen den  
Zeilen stehen, also keine Scheu! 

.......... 
Vor dem Supermarkt standen zwei Halbstarke. Bitte sprecht mich nicht  
an, betete ich. Eine hässliche Bierfahne wehte in meine Richtung, ich  
huschte zu den Einkaufswagen. Nur schnell Brot und Getränke kaufen. Es  
war nicht mein Tag, das spürte ich. Ein Marmeladenglas rutschte mir  
aus der Hand und ging auf dem Boden in Scherben. "Verzeihung!" Ich sah  
mich um. Wie peinlich!  
Der süße Duft hing mir zu Hause noch nach. 
.......... 

Auch das Kürzen (besonders das Vermeiden von Floskeln und Füllwörtern)  
wird mit zunehmendem Schreibtraining automatisiert. Für den Anfang  
gilt folgende Regel:  

Kürze deinen Text zum Schluss immer und auf jeden Fall um mindestens  
20 Prozent (Textverarbeitung: "Wörter zählen")! 

Wer will, kann sich nun den folgenden Text vorknöpfen und ihn belle- 
tristisch aufpeppen: 

.......... 
Am Sonntag sind wir in den Zoo gegangen. Wir mussten lange an der  
Kasse anstehen. Die Kinder hatten ihren Spaß, am besten haben ihnen  
die Krokodile gefallen. Auch die Delfin-Vorführung war sehr schön.  
Erst spät am Abend waren wir wieder zu Hause. 
.......... 

Viel Erfolg! 

                    **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~**  

Elke Bockamp leitet an der VHS-Duisburg Fernstudienseminare im belle- 
tristischen Schreiben. Infos unter:  
http://www.lemontree.de/schreibschule 


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INTERVIEW: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


             "Deutsche Autoren schreiben nicht schlechter  
                    als ihre ausländischen Kollegen" 
                      Interview mit Heike Fischer 

Ramona und Thomas Roth-Berghofer: Liebe Frau Dr. Fischer, Sie sind  
Lektorin und Programmleiterin des Verlags fredebold&fischer. Wie sehen  
Ihre Aufgaben als Lektorin und Programmleiterin aus? 

Heike Fischer: Das sind kurz gesagt neben den klassischen Aufgaben der  
prinzipiellen Ausrichtung und Festlegung des Programms und dem sich  
daran anschließenden Suchen und Akquirieren der dementsprechenden  
Stoffe natürlich auch das Generieren neuer Projektideen, für deren  
Umsetzung ich dann geeignete Autoren suche, Marktbeobachtung und - 
analyse und natürlich die Betreuung der Autoren rund ums Manuskript  
herum. 

Daneben, weil wir ein sehr kleiner Verlag sind, liegen noch die ge- 
samte Vertragsabwicklung und der Lizenzverkauf bei mir. 


RRB/TRB: Warum wurde der neue Verlag fredebold&fischer gegründet?  
Worin unterscheidet fredebold&fischer sich von anderen Verlagen. Was  
ist das Einzigartige? 


HF: Gegründet haben wir den Verlag, weil es in der Belletristik noch  
keinen anderen Verlag gab, der im Unterhaltungsbereich nur deutsch- 
sprachige Autoren verlegte, und zwar in allen wichtigen Genres. Ein  
weiterer Grund war, dass ich der festen Überzeugung bin, dass deutsche  
Autoren nicht schlechter schreiben als ihre ausländischen Kollegen und  
dass sie viel eher Themen abdecken können oder der Verlag mit ihnen  
zusammen Stoffe entwickeln kann, für die es eine Nachfrage auf dem  
Markt gibt, also beim Leser. 


RRB/TRB: Wie schätzen Sie die derzeitige Lage der Verlagslandschaft  
ein? 

HF: Sowohl auf Verlagsseite wie auch auf Seiten des Handels haben sich  
die Größenordnungen in den letzten Jahren dahingehend verschoben, dass  
die großen Verlagsgruppen und Handelsketten immer weiter gewachsen  
sind, während das Mittelfeld ausgedünnt worden ist und die kleineren  
Buchhandlungen und Kleinverlage immer mehr auf Spezialisierung und  
Nischenthemen setzen. Wir haben hier keine andere Entwicklung als die,  
die wir auch in allen anderen Branchen unserer Wirtschaft vorfinden,  
und in diesem Kontext heißt es eben, sich zurechtzufinden. Aber nach- 
dem es für mich auf dieser Welt nichts, aber auch rein gar nichts Sta- 
tisches gibt, ist die derzeitige Situation für mich eher ein Grund,  
nach neuen Möglichkeiten zu suchen, als zu jammern. 

RRB/TRB: Welches Know-how benötigt ein Verlag, um in der heutigen  
Buch- und Medienbranche erfolgreich zu sein?  

HF: Neben den jeweiligen zielgruppenorientierten Stoffen bedarf es  
heutzutage, mehr als jemals zuvor, vor allem eines guten Vertriebs und  
einer guten Presseabteilung, denn die besten Bücher nützen nichts,  
wenn sie nicht auch im Buchhandel ausliegen, keine Aufmerksamkeit für  
sie geschaffen wird und sie daher auch nicht gekauft werden. Das  
Gleiche gilt natürlich auch in umgekehrter Reihenfolge. 


RRB/TRB: Auf welche Gebiete / Genres hat sich fredebold&fischer  
spezialisiert? 

HF: Da wir kein Literaturverlag sind, sondern gutgemachte Unterhaltung  
verlegen, versuchen wir auch alle wesentlichen Genres in diesem  
Bereich abzudecken. Also: Frauenroman, Fantasy, Krimi/Thriller, His- 
torischer Roman und Erzähltes Leben. 


RRB/TRB: Was lieben Sie an Ihrem Beruf besonders - und was nicht so  
sehr?  

HF: "Nicht so sehr" gibt es bei mir zum Glück nicht. Ich genieße es  
vor allem, mit den unterschiedlichsten Leuten in Kontakt zu kommen,  
über die Arbeit hinaus etwas von ihnen zu erfahren und teilweise sehr  
freundschaftliche Beziehungen mit ihnen zu haben.  

Und darüber hinaus finde ich es sehr schön, mit den Autoren am  
Manuskript arbeiten und durch den einen oder anderen handwerklichen  
Tipp zu deren Verbesserung beitragen zu können. 


RRB/TRB: Der fredebold&fischer Verlag nennt sich im Untertitel auch  
derdeutscheautorenverlag. Sind Sie tatsächlich ausschließlich an  
deutschen Autoren interessiert?  

HF: Ja, wir arbeiten tatsächlich ausschließlich mit deutschsprachigen  
Autoren zusammen, die im Bereich Unterhaltung auf dem nach wie vor  
sehr angloamerikanisch orientierten hiesigen Buchmarkt meiner Meinung  
nach immer noch zu kurz kommen, obwohl sie in keiner Weise schlechter  
schreiben als ihre ausländischen Kollegen. 


RRB/TRB: Wie viele unverlangt eingesandte Manuskripte erhalten Sie pro  
Monat so im Durchschnitt? Und wie viele davon werden von Literatur- 
agenturen eingereicht?  

HF: So ungefähr zwischen 30 und 50. Die Agenturen selbst reichen keine  
unverlangten Manuskripte ein, sondern stellen für den Verlag in Frage  
kommenden Manuskripte im persönlichen Gespräch vor. 


RRB/TRB: Wie viele von diesen Manuskripten nehmen Sie an? Was ist der  
häufigste Ablehnungsgrund, von formalen Fehlern (passt nicht in den  
Verlag etc.) einmal abgesehen? 
HF: Grob gesagt, ist unter 100 unverlangt eingeschickten Manuskripten  
vielleicht eines, das man publizieren will. Grund für die Absage ist  
so gut wie immer die mangelnde Originalität des Stoffes, die sich auch  
in der Dramaturgie und der gesamten sprachlich-formalen Aufbereitung  
des Manuskriptes fortsetzt. 


RRB/TRB: Was ist für eine Lektorin und Programmleiterin ein guter  
Autor?  

HF: Inhaltlich gesehen, ist das jemand, der eine wirklich gute  
Geschichte zu erzählen hat, gut in dem Sinn, dass man sie in dieser  
Form noch nicht gelesen hat und sie, hat man erst einmal mit dem Lesen  
angefangen, nicht mehr weglegen, sondern unbedingt zu Ende lesen will. 


RRB/TRB: Gibt es etwas, das Sie unseren Lesern zum Schluss noch ganz  
besonders ans Herz legen wollen? 

HF: Nicht wirklich, außer dass sie auch weiterhin gerne viele gute  
Bücher lesen und natürlich auch schreiben sollen. 


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VERLAGSPORTRAIT: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


Christel Göttert Verlag 
Virchowstraße 21 
65428 Rüsselsheim 
Telefon + Fax: (0 61 42) 5 98 44 
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. 
http://www.christel-goettert-verlag.de  


          Verlagsgeschichte 

Die Gründerin des Verlages ist die Verlegerin Christel Göttert, die  
mit freien Mitarbeiterinnen zusammenarbeitet. Christel Göttert ar- 
beitet hauptberuflich im Verlag. Der Anlass für die Verlagsgründung  
war, einen Frauenverlag zu gründen. Es gab ein ganz konkretes  
Buchvorhaben. Ein Frauenprojekt sollte dokumentiert werden: fünf Jahre  
Ausstellungen von Künstlerinnen im Rüsselsheimer Frauenzentrum. 

Gegründet wurde der Frauenbuchverlag 1992 in Rüsselsheim. Von Anfang  
an wirkte ein Kreis von freien Mitarbeiterinnen (Grafikerinnen, Lek- 
torinnen, Übersetzerinnen ...) an der Entstehung der Bücher mit. Reis- 
ende halten den Kontakt zum Buchhandel, der von der Auslieferung SOVA  
bestückt wird. Privatkundinnen können über die Internetseiten des Ver- 
lages bestellen. Die Verlagsräume befinden sich in einer ehemaligen  
Bäckerei - die somit zur Bücherbackstube wurde und in der gern inter- 
essierte Frauengruppen empfangen werden. Jeden Dienstag, 10 bis 12  
Uhr, bietet zudem ein Frauenlesecafé die Möglichkeit zum gedanklichen  
Austausch oder einfach nur zum Schmökern.  

          Programm und Philosophie 

Der Verlag möchte die Unterschiedlichkeit von Frauen zeigen und die  
Vielfalt weiblichen Schaffens und Denkens sichtbar machen. Daher ist  
die Bandbreite des Verlages groß, sie reicht von der Auto-Ratgeberin  
bis zum Weiblich-Göttlichen. Alle Bücher verbindet der Wunsch, dem  
weiblichen Blick auf die Welt Ausdruck zu verleihen und in der  
Geschlechterdifferenz zu denken. Im Sinne weiblicher Genealogien soll  
zugleich an Leben und Werk vorausgegangener Frauen angeknüpft werden,  
so z. B. bei den Büchern zu der Bildhauerin Camille Claudel und der  
Psychoanalytikerin Sabina Spielrein. 


          Welche Autoren wurden bisher verlegt?  

Im Verlag wurden ausschließlich Frauen verlegt, und das soll auch  
zukünftig so bleiben. Im Programm sind - analog unseren Schwerpunkten  
- Philosophinnen und Vermittlerinnen von Philosophie (aus Frankreich,  
Italien und Deutschland) vertreten wie die Differenzdenkerinnen Luce  
Irigaray, Luisa Muraro, Chiara Zamboni, Andrea Günter und Gisela Jür- 
gens und die Leibphilosophin Annegret Stopczyk und Marit Rullmann.  
Matriarchatsforschung und weibliches spirituelles Wissen vermitteln  
Frauen wie Heide Göttner-Abendroth, Erika Wisselinck, Irene Fleiss,  
Dagmar Margotsdotter-Fricke, Uschi Madeisky mit ihren analytischen  
Texten (und Filmen), aber auch Geschichtenerzählerinnen wie Saheta S.  
Weik, die Maori-Autorin Cathie Dunsford und die Tanzpädagogin Gabriele  
Fischer. Frauengeschichte präsentieren in ganz unterschiedlicher Form  
etwa die Bildhauerin Eva-Gesine Wegner, die Familiensoziologin  
Marianne Krüll (die 2007 zur BücherFrau des Jahres gewählt wurde) und  
Frauen, die sich kritisch mit Theologie und Politik auseinander set- 
zen, wie Christa Mulack oder Hanna Strack. 


          Autorinnen gesucht? 

Wir nehmen gern neue Autorinnen ins Verlagsprogramm auf - solche, für  
die die Sichtweisen von Frauen Bedeutung haben und für die die Frauen- 
bewegung nicht nur Geschichte ist, sondern auch Zukunft. Die Kondi- 
tionen werden für jedes Buchprojekt separat ausgehandelt. 


          Zukunftspläne, Perspektiven 

Für uns ist es wichtig, noch mehr Frauen zu finden, die die Arbeit des  
Verlages (auch finanziell) unterstützen. Die es ermöglichen, sei es  
als Sponsorinnen oder als Käuferinnen, mit unseren Büchern an der  
weiblichen Freiheit weiterzuarbeiten. 

Wir möchten unsere Programmschwerpunkte ausbauen, auch neue aufbauen  
(z. B. zum Bereich "Frauen und ihre Wege zur Gesundheit", wo wir uns  
Ratgeberinnen neben Romanen zum Thema vorstellen können). Und wir wol- 
len weiterhin gern mit Frauennetzwerken zusammenarbeiten, interessante  
Projekte vorstellen und auch weiter am Leben halten, wie "Virginia",  
die einzige deutsche Zeitschrift für Frauenbuchkritik, oder "WE'MOON",  
das astrologische Jahrbuch für Frauen, das Texte und Bilder von Frauen  
aus allen Teilen der Welt beinhaltet. 

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VERANSTALTUNGSBERICHT: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


                   "Autorentreffen 2008 in Nürnberg" 
              von Ursula Schmid-Spreer und Susanne Oswald 


Es wird schon eine feste Institution: Einmal im Jahr trifft man sich  
in Nürnberg zum Austausch, zur Fortbildung und zum Kontakteknüpfen. Da  
dieses Treffen immer an einem bayerischen Feiertag ist (Himmelfahrt  
oder Fronleichnam), nutzen viele TeilnehmerInnen das Autorentreffen  
auch, um ein verlängertes Wochenende in Nürnberg zu verleben. 

Heuer war es ein bisschen schwierig mit günstigen Unterkünften, da  
eine große Messe in Nürnberg abgehalten wurde. Letztendlich musste  
aber keiner in der Badewanne übernachten; in der benachbarten Stadt  
Fürth gab es noch Hotels. 


          Der Anfang 

Am Tag vor dem großen Treffen gab es, wie immer, eine Lesung von Titus  
Müller in der Grauer'schen Buchhandlung. Und auch, wie immer, ein  
gemütliches Beisammensein der Autoren in einem Lokal. Dort konnte man  
Harald Landgraf (Heftroman) und Titus Müller (Geburt eines Romans) in  
privater Atmosphäre befragen. 

Am nächsten Morgen ging es um 9:30 Uhr los. Aus Erfahrung wusste ich,  
dass viele Autoren schon mitten in der Nacht losfahren und beim Ankom- 
men im Bildungszentrum recht dankbar für eine Tasse Kaffee sind. Me- 
inem Mann haben wir am Ende des Tages den "Kaffee-Koch-Orden" über- 
reicht. 


          Der Heftroman 

Der erste Vortragende war Harald Landgraf, der seinen Beruf lebt und  
liebt. Er erzählte uns von seinen Anfängen, als er die Heftromane  
seiner Mutter heimlich unter der Bettdecke las. Schon mit zwölf wollte  
er Heftromane schreiben. Er erklärte, worauf es bei dieser Textart  
ankommt und was auf keinen Fall erlaubt ist. Der Heftromanmarkt hat  
strenge Regeln und wenig Platz für Neuerungen. Die treue Leserschaft  
hat Erwartungen, die erfüllt werden müssen. Gewünscht und verlangt  
sind klare Handlungsstränge mit gutem Ausgang. Gut und Böse müssen  
deutlich gezeichnet sein, Graumalerei ist im Heftroman nicht willkom- 
men. Am Ende siegt das Gute und das Böse bekommt seine Strafe - in  
modernen Romanen auch manchmal noch eine Chance. 


          Die Geburt eines Romans 

Nach dem Mittagessen referierte Titus Müller über die "Geburt eines  
Romans". Wie entsteht (s)ein Roman? Er verbindet zwei oder mehr Ideen  
miteinander und strickt daraus spannende Geschichten. Er beleuchtete  
auch die Frage des Romanthemas. Braucht ein Roman eine Botschaft? Er- 
gebnis: Es gibt keine allgemein gültige Antwort, nur eine persönliche  
Entscheidung.  

Titus zeigte uns, wie er selbst an Ideen strickt (obwohl er nach ei- 
gener Aussage noch nie gestrickt hat) und einen Plot entwirft und er- 
mutigte uns, unsere Figuren zu quälen, um sie am Ende - sollte es ein  
gutes Ende sein - aus der Folter zu erlösen. "Fragt euch, was das  
Schlimmste wäre, was eurer Figur passieren kann", forderte er uns auf.  
"Und dann lasst genau das geschehen."  

Immer wieder machte Titus deutlich, dass es keine unumstößlichen Re- 
geln dafür gibt, wie man einen Roman schreibt. Es gibt immer nur den  
persönlichen Weg. Er gewährte uns Einblicke in sein Vorgehen, sprach  
über die Perspektiventscheidung, über Handlungsverknüpfung, Höhepunkt  
und Auflösung.  


          Lektorenalltag 

Max Dorner musste leider krankheitsbedingt absagen. Zum Glück erklärte  
sich Sabine Franke vom Mitteldeutschen Verlag bereit, das Referat zu  
übernehmen.  

Sie öffnete ihr Nähkästchen und gab uns Einblicke in die Verlagsarbeit  
- nüchterne Zahlenspiele, die mit der Kreativität in Einklang gebracht  
werden müssen. Frau Franke zeigte uns den Weg vom Manuskript zum Buch  
auf und erzählte auf wunderbar natürliche Art von Freud und Leid des  
Lektorenalltags.  

Zum Abschluss kam die Frage von Titus: "Wie kann ein Autor einen Lek- 
tor glücklich machen?" Franke: "Indem er ein wunderbares Buch  
schreibt!" 

Viel zu schnell ist die Zeit vergangen. Nach dem Abendessen gab es -  
auch wieder traditionell  -  eine Lesung von einigen Teilnehmern. Lei- 
der stand uns der Saal nur bis 20 Uhr zur Verfügung (die Angestellten  
wollen am Feiertag schließlich auch mal Feierabend machen!), so dass  
nicht alle berücksichtigt werden konnten.  

Auch 2009 wird es ein Autorentreffen geben. Und da dieses Jahr mehr  
Anmeldungen als Plätze da waren: Rechtzeitig anmelden!  


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ERFAHRUNGSBERICHT: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


                         "Ich schreibe auch!" 
                        von Jennifer Schreiner 

Kaum ein zweiter Satz bringt mich so rasch zum Zittern - und mein Ge- 
hirn dazu, sich von meinem Körper scheiden lassen zu wollen.  
Inzwischen hat es allerdings gelernt und stellt auf Automatik um. Der  
Dialog lautet deshalb meist wie folgt: "Ich schreibe auch!"- "Schön  
für Sie." Wer sich nach meiner Entgegnung dann noch nicht hat ab- 
schrecken lassen, dem ist es meistens ernst. 

Welchen Eindruck macht der Sprecher auf Sie? 

1) Jemand, bei dem in Ihnen plötzlich der Traum erwacht, Sie könnten  
ein hoffnungsvolles Nachwuchstalent entdeckt haben. 
2) Jemand, der lediglich glaubt, dieses hoffnungsvolle Nachwuchstalent  
zu sein. 
3) Künstler (Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht veröffen- 
tlicht haben oder nur in einer Auflage in Höhe der Anzahl ihrer Fre- 
unde, weil alle anderen Menschen sie nicht verstehen, nicht verstehen  
wollen oder die Zeiten einfach noch nicht reif für ihre Kunst sind) 
4) Hobbyautor (was ich hier meine, sind Autoren, die schreiben, aber  
bisher aus einem anderen Grund als 3 nicht veröffentlicht haben) 

Kommen wir zu dem ersten Grund, warum ich diesen Satz hasse:  

1) weil Punkt 1 bisher noch nie auch nur ansatzweise erfüllt wurde. 
2) weil diese Schreiber vielleicht tatsächlich Talent haben, aber ein- 
fach nicht gewillt sind, zu üben oder Feedback anzunehmen. (Merke: Wer  
um ein Feedback bittet, muss auch damit leben, dass er eines bekommt.)  
Es gibt Leute, die sind auch noch nach vier Jahren beleidigt, weil ich  
ihre Orthographie und ihren Textaufbau trotz wirklich guter Idee  
bemängelt habe. (Der Text ist übrigens immer noch unveröffentlicht.) 
3) Weil die meisten Künstler schon mit dem Satz beginnen: "Du wirst  
mich sicher auch nicht verstehen.", "Das ist aber kein Mainstream!" 

Oder spätestens nach dem Feedback sagen: "Ich wusste, du würdest das  
nicht verstehen." 
4) Okay, ich gestehe, ich lese Texte von Hobbyautoren. Gerne sogar,  
schließlich gehen damit Punkt 1 und eine immer noch latent vorhandene  
Hoffnung einher. 

Kommen wir zu dem zweiten Grund, warum ich diese Aussage hasse: weil  
direkt danach meistens der Satz folgt: "Ich habe auch ein Manuskript  
(beliebig austauschbar durch "Kurzgeschichte", "Gedicht", "Text") in  
der Schublade." Und ich soll es lesen, wetten?! Jedenfalls habe ich  
diesen Satz noch nie gehört, ohne hinterher lesen zu sollen.  

Jedes Mal bringt solch ein Gespräch mich in die Position, ablehnen zu  
müssen - aus Mangel an Interesse, inzwischen meist auch aus Zeitman- 
gel. Das ist besonders unangenehm, wenn es sich um Nachbarn, Arbeitsk- 
ollegen, Clubmitglieder etc. handelt. Und: Von zehn Leuten fühlt sich  
mindestens einer mehr oder weniger heimlich zum Schreiben berufen. 

Tipp 1:  
Wenn Sie einen Text haben, geben Sie ihn jemandem, den Sie wirklich  
mögen und der auch fähig ist, ein ehrliches Feedback zu geben. Lassen  
Sie es sich schriftlich geben, am besten als Randnotiz, lesen Sie es  
notfalls auch in Etappen, und denken Sie darüber nach. Und dann? Dann  
denken Sie noch einmal darüber nach ... und noch einmal, und dann erst  
sprechen Sie darüber. Sagen Sie dabei aber nicht, was Sie mit dem und  
dem Satz sagen wollten, sondern überlegen Sie, wie Sie es besser for- 
mulieren können. 

Tipp 2:  
Sagen Sie niemandem, niemals und unter gar keinen Umständen, dass Sie  
schreiben. Wenn jemand durch Zufall auf Ihre Website stößt oder Sie  
wiedererkennt, leugnen Sie. Üben Sie den überraschten Ausdruck und das  
empörte "Nein" vor dem Spiegel, um glaubwürdig zu erscheinen. 

PS: Ich möchte mich für alle Verallgemeinerungen entschuldigen. Sicher  
sind nicht alle Schreiber, Künstler und Autoren so, aber eben überra- 
schend viele. Und auch ich bin nicht frei von Vorurteilen oder gar ein  
perfekter Mensch. Ich wünschte, es wäre so ... aber dann könnte ich  
auch diese Artikel nicht schreiben und mich über meine eigenen Vorur- 
teile mockieren. 

Ach ja: Ich schreibe NICHT. 

                    **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** 

Jennifer Schreiner wurde 1976 in Gelsenkirchen geboren, ist Magister  
der Philologie, Autorin und Herausgeberin. Ihre Geschichten erschienen  
in zahlreichen Anthologien (u. a. Ubooks "Honey", Boccaccio "Wild nach  
dem Erdbeermund") und Zeitschriften (u. a. Feigenblatt-Magazin, Elfen- 
schrift). Mehr zu ihr und ihrem bissig-erotischen Vampirroman "Zwill- 
ingsblut" unter http://www.JenniferSchreiner.com. 


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BESONDERE LESUNGEN: 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


                        "Improvisationstheater" 
                       von Ursula Schmid-Spreer 

In Nürnberg gibt es eine Improvisations-Theater-Gruppe "6 auf Kraut".  
Ein Autor hat eine (Kurz-)Geschichte gelesen und das Impro-Theater hat  
die Story weitergesponnen. Sie sind dabei in die Rollen geschlüpft,  
die der Autor vorgegeben hat. Auf der Bühne stand eine rote Couch, der  
Autor saß drauf und hat gemütlich Pfeife geraucht. Zwischendrin ließ  
er Kommentare ab, die meist hilfreich für das Theaterstück waren. 


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KÜSS MICH, ICH BIN EIN AUTOR! 
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                              (redaktion at team pt autorenforum pt de) 


"Liebling, das Exposé ist fertig! Ich glaube, mir ist da ein richtig  
gutes und rundes Teil gelungen. So eins, das am Ende nach Fortsetzung  
schreit! - Wann wirst du es lesen?" 

"Morgen. Solange kannst du dich noch freuen."  


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UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN:      
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Bitte schickt den ExpertInnen nur Fragen zu ihrem Expertenthema -  
keine Manuskripte zur Beurteilung. 

Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst  
kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber sofort gelöscht wird. 


  Drehbuch: Oliver Pautsch 
                              drehbuch at experte pt autorenforum pt de 
  Fandom: Thomas Kohlschmidt 
                                fandom at experte pt autorenforum pt de 
  Fantasy: Stefanie Bense 
                               fantasy at experte pt autorenforum pt de 
  Heftroman: Arndt Ellmer 
                             heftroman at experte pt autorenforum pt de 
  Historischer Roman: Titus Müller 
                    historischer.roman at experte pt autorenforum pt de 
  Kinder- und Jugendbuch: Michael Borlik 
                            kinderbuch at experte pt autorenforum pt de 
  Lesungen: Rüdiger Heins 
                              lesungen at experte pt autorenforum pt de 
  Lyrik: Martina Weber 
                                 lyrik at experte pt autorenforum pt de 
  Sachbuch: Gabi Neumayer 
                              sachbuch at experte pt autorenforum pt de 
  Schreibaus- und fortbildung: Uli Rothfuss 
                           fortbildung at experte pt autorenforum pt de 
  Schreibgruppen: Ute Hacker 
                        schreibgruppen at experte pt autorenforum pt de 
  Schreibhandwerk: Ute Hacker 
                       schreibhandwerk at experte pt autorenforum pt de 
  Sciencefiction: Andreas Eschbach 
                              sf-autor at experte pt autorenforum pt de 
  Technik (physikalisch!): Woldemar Schilgen 
                               technik at experte pt autorenforum pt de 
  Übersetzung: Barbara Slawig  
                         uebersetzerin at experte pt autorenforum pt de 
  Verlagswesen: Bjørn Jagnow 
                          verlagswesen at experte pt autorenforum pt de 

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Experten-Special: 
................. 

Bjørn Jagnow hat seine über 80 Fragen und Antworten zu den Themen Ur- 
heberrecht, Verlagswesen und Vermarktung der letzten acht Jahre gesam- 
melt (jetzt inklusive 2007) und stellt sie euch als kostenloses PDF  
zur Verfügung. Das Tolle daran: Die Fragen sind nun thematisch geord- 
net, das elektronische Format erlaubt eine schnelle Volltextsuche -  
und Björn hat außerdem alle Antworten überarbeitet und aktualisiert.  
Ob ihr Infos sucht zu Ausfallhonorar, Book on demand, Buchpreisbin- 
dung, Druckkostenzuschussverlag, Exposé,  Honorar, ISBN, Leseprobe,  
Nebenrechte, Plagiat, Titelschutz, Verlagsgründung, Zitat oder ...  
Hier werdet ihr fündig: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0062- 
tempest2-4. 


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FRAG DEN EXPERTEN FÜR HISTORISCHEN ROMAN: 
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Titus Müller (historischer.roman at experte pt autorenforum pt de) 


Frage: 
Ich schreibe an einem historischen Roman. Meine Recherchen waren recht  
umfangreich. Doch ich frage mich, wie viel man an fiktiven Personen an  
die realen geschichtlichen anheften darf.  Beispiel: Kann ich einem  
Herzog, den es tatsächlich gegeben hat, statt dem einen realen Sohn  
beispielsweise noch einen zusätzlichen andichten, den es nie gegeben  
hat? Wo ist da die Grenze? 


Antwort: 
Die Frage nach Fakten versus Fiktion beim historischen Roman wurde mir  
schon öfter gestellt. Du findest die Antworten dazu im Archiv des Tem- 
pest, schön aufgegliedert: 

http://www.autorenforum.de/content/view/20/19/ 

Grundsätzlich gilt: Du schreibst einen Roman, also darfst du alles.  
Leser historischer Romane sind natürlich besonders glücklich, wenn die  
Fakten stimmen oder es zumindest so hätte sein können.  

Was deinen speziellen Fall angeht: Söhne von Herzögen wurden nicht  
vergessen. Um glaubwürdig zu machen, dass dieser Sohn nirgendwo in den  
Annalen auftaucht, gib der Familie am besten einen guten Grund, wes- 
halb sie ihn versteckt. Und sie muss ihn dann auch gut verstecken! Ihn  
nur aus dem Testament zu streichen genügt nicht. Wächst er unter fal- 
scher Identität auf? Oder sogar eingesperrt? Wie gesagt, du darfst  
alles! Du musst es nur glaubhaft erzählen. 

                    **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** 

"Bestechend detailgenau recherchierte Erzählung. Von der bloßen   
Münchner Milieustudie über den Entwicklungsroman bis zum Thriller."   
(DeutschlandRadio Kultur) Titus Müller: Das Mysterium, 469 Seiten,  
19,95 Euro. 


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FRAG DIE EXPERTIN FÜR LYRIK: 
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Martina Weber(lyrik at experte pt autorenforum pt de) 


Frage:  
Worauf soll / kann / muss ich achten, wenn ich Gedichte lektoriere?  
Gibt es eine Art Checkliste inhaltlicher bzw. formaler Kriterien? 


Antwort:  
Sie haben Glück: Vor kurzem bin ich vom ersten internationalen Treffen  
der LyriklektorInnen in Berlin zurückgekehrt, wo ein rechtsverbindli- 
cher Kodex für Lyriklektorate erarbeitet wurde, nach dem ... 

Spaß beiseite. Wer sollte eine Checkliste vorgeben? Es gibt keine,  
weil es spätestens seit der Romantik keine vorgegebene Regelpoetik  
mehr gibt. Vor 220 Jahren und vor allem in der Barockzeit hätte ich  
Ihnen noch eine ausgefeilte Liste bieten können, anhand derer Sie die  
Qualität von Gedichten wie mit Schulnoten hätten beurteilen können.  
Heutzutage folgt jedes gute Gedicht eigenen, oft sehr eigenwilligen  
Gesetzen, und die interessantesten Gedichte betreten auf irgendeine  
Art Neuland und erweitern damit die Grenzen der Gattung "Lyrik". Ein  
Gedicht zu lektorieren erfordert ein Gespür für die individuelle Poe- 
tologie, die dem Gedicht zugrunde liegt. Deshalb wäre Ihre Frage viel  
leichter zu beantworten, wenn ich Ihnen anhand eines konkreten Gedich- 
tes zeigen könnte, wie ein Lektorat aussehen könnte. 

Ihre Frage ist aber viel zu wichtig, um sie auf einem allgemeinen Ni- 
veau zu beantworten. Deshalb stelle ich hier einige Punkte zusammen,  
die bei der Überarbeitung von Gedichten - sei es durch die Autorin  
selbst, sei es durch ein Lektorat - berücksichtigt werden sollten,  
wobei ich davon ausgehe, dass es eher um Gedichte von LyrikanfängerIn- 
nen geht. 

- Allgemein geht es in der Lyrik nicht darum, Gefühle auszudrücken,  
indem man sich etwas von der Seele schreibt, dabei aber möglichst ne- 
bulös bleibt, um doch nicht allzu viel über sich zu verraten. Vielmehr  
geht es darum, im Lesenden etwas auszulösen, ihm also Material zu lie- 
fern für eigene Gedanken und Gefühle. 
- Wer mit Metren arbeitet, muss darauf achten, dass das Metrum korrekt  
eingehalten wird. Auch ein regelmäßiges Reimschema muss stimmen.  
- Betrachten Sie jedes Adjektiv skeptisch darauf hin, ob es wirklich  
nötig ist. Wie in der Prosa werden beschreibende Adjektive (zum Bei- 
spiel "rot") eher akzeptiert als bewertende ("ungezogen"), denn wer  
wertende Adjektive verwendet, steht im Verdacht, etwas zu erklären,  
was er hätte zeigen sollen. Dies gilt auch für Adverbien. 
- Meiden Sie Klischees sowohl im sprachlichen Ausdruck als auch in der  
Lebenshaltung, die sich im Gedicht zeigt.  
- Verwenden Sie originelle Details und Bilder, die dem Lesenden einen  
neuen Blick auf die Welt bieten. 
- Meiden Sie Abstrakta, ziehen Sie Konkreta vor. Ein Apfel ist an- 
schaulicher als "Obst".  
- Die Sprache muss stimmen.   
- Das Ende eines Gedichtes ist gelungen, wenn die Leserin das Gedicht  
sofort noch einmal lesen möchte. 
- Ist das Gedicht vom Aufbau her insgesamt stimmig? Stimmt die Drama- 
turgie? Diese Fragen sind die schwierigsten, weil sie an Erfahrungen  
anknüpfen, die nur durch eine intensive Lyriklektüre zu erlangen sind.  
- Lesen Sie das Gedicht laut, halten Sie nach jeder Zeile kurz inne,  
und spüren Sie ihr Wort für Wort nach. Wenn das Gedicht in Ihnen etwas  
auslöst, das nicht direkt in den Zeilen steht, ist es gut. 

Die Einschränkung, dass sich die genannten Punkte eher auf Gedichte  
von AnfängerInnen beziehen, habe ich deshalb genannt, weil vorgerückte  
LyrikerInnen alle Regeln durchbrechen können - allerdings muss man den  
Gedichten anmerken, dass sie die Regeln verstanden haben. 

[Im April ist die 2. Auflage von Martina Webers Buch "Zwischen Hand- 
werk und Inspiration. Lyrik schreiben und veröffentlichen" erschienen  
(http://www.uschtrin.de/weber.html). Darin finden Sie unter anderem  
einen Artikel von Karin Fellner mit dem Titel "Mitschwingen. Widerhall  
- Möglichkeiten und Ziele eines Lyriklektorats." - die Red.] 

                    **~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~** 

Martina Weber ist Autorin des Buches "Zwischen Handwerk und Inspirati- 
on. Lyrik schreiben und veröffentlichen" Uschtrin Verlag München 2008,  
http://www.uschtrin.de/weber.html. Mehr über Martina Weber unter:  
http://www.poetenladen.de/martina-weber-person.html 


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Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen  
und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, der mit getrenn- 
ter Mail kommt! 
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Einsendeformalien: 
Einsendungen sind zu allen Rubriken von autorenforum.de - nach Rück- 
sprache - erwünscht. Zurzeit können jedoch noch keine Honorare gezahlt  
werden. Das Urheberrecht verbleibt bei der Autorin bzw. beim Autor.  

Einsendungen bitte im RTF-Format und per E-Mail, und zwar an:  
beitrag at team pt autorenforum pt de. 

Fragen zu Einsendungen sollten ebenfalls an diese Adresse gerichtet  
werden. Die genauen Richtlinien findet ihr unter der Adresse  
http://autorenforum.de/Tempest/richtlinien.html. 

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Herausgeber:  
   Ramona Roth-Berghofer public.relations at team pt autorenforum pt de  
   Gabi Neumayer                redaktion at team pt autorenforum pt de 
   Stefan Schulz                     webmaster at autorenforum pt de 
   Thomas Roth-Berghofer  
                    Thomas.Roth-Berghofer at team pt autorenforum pt de 
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Ausgabe 26-11 (vom 20. November 2024)

TEIL 1 (Schreiben und Veröffentlichen):

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Autorenwissen
     „Die ersten Romanseiten‟
     von Hans Peter Roentgen
   Buchbesprechung
      „Paris, ein Fest fürs Leben"
      besprochen von Tanja Wirnitzer
   Leserbrief     
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TEIL 2 (Info) (nur im kostenlosen Abonnement):

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