Editorial
Hall of Fame
Neues aus der Buchszene
Autorenwissen
„Kurzprosa: Knackig, kantig, pointiert“
von Eleonore Wittke
„Klappentext-Lektorat“
von Hans Peter Roentgen
Drei Fragen
... an Cäcilie Kowald
Seminarbericht
„Schreibretreat mit Fenna Williams: Kurzgeschichten schreiben“
von Ursula Schmid-Spreer
Verlagsportrait
„8 grad verlag“
Impressum
Liebe Autor*innen,
die Beiträge in diesem Tempest sind nicht nur spannend, hilfreich und informativ, sondern dazu noch besonders zahlreich. Ihr könnt euch in dieser Ausgabe freuen auf: einen Artikel übers Schreiben von Kurzprosa von Eleonore Wittke, einen über packende Klappentexte von Hans Peter Roentgen, einen Seminarbericht und ein Verlagsportrait von Ursula Schmid-Spreer.
Und wer das alles durchgearbeitet hat, kann sich immer noch weiter bilden mit den Neuigkeiten aus dem Netz von Ramona Roth-Berghofer, neuen Ausschreibungen und Seminaren (in Teil 2 des Tempest) und den Tipps einer weiteren Autorin in unseren „Drei Fragen“. Na, wer da nicht bis zum nächsten Tempest beschäftigt ist ...
Der Tipp des Monats, diesmal von Oliver Markus Malloy:
Don't worry about offending people. Any time you write something thought provoking, some idiots will complain, because they hate it when you make them think.
Habt eine gute Zeit, und bitte überweist eurem Tempest-Team einen kleinen Beitrag (Daten unterm Editorial).
Gabi Neumayer
Chefredakteurin
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Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt, aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto:
Jürgen Schloßmacher
Kreissparkasse Köln
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Stichwort: „Beitrag Tempest“
Ihr könnt auch über unsere Website direkt per Paypal überweisen!
Und wer nicht überweisen möchte, kann uns den Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest).
ISSN 1439-4669 Copyright 2023 autorenforum.de. Copyright- und Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe
INHALT DIESER AUSGABE
TEIL 1
Editorial
Hall of Fame
Neues aus der Buchszene
Autorenwissen
„Kurzprosa: Knackig, kantig, pointiert“
von Eleonore Wittke
„Klappentext-Lektorat“
von Hans Peter Roentgen
Drei Fragen
... an Cäcilie Kowald
Seminarbericht
„Schreibretreat mit Fenna Williams: Kurzgeschichten schreiben“
von Ursula Schmid-Spreer
Verlagsportrait
„8 grad verlag“
Impressum
TEIL 2 (in separater E-Mail, falls ebenfalls abonniert)
Veranstaltungen
Ausschreibungen
Publikationsmöglichkeiten
mit Honorar
ohne Honorar
Seminare
Messekalender
HALL OF FAME (
Die „Hall of Fame“ zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest. Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst - dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen können.
Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!) nach diesem Schema:
.......
AutorIn: „Titel“, Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen weitere Infos zu eurem Buch unterbringen, zum Beispiel eine Homepage-Adresse.
.......
Ein Beispiel (!):
Johanna Ernst: „Der Fall der falschen Meldung“, Hüstel Verlag 2015, Mystery-Thriller. Dann noch 60 Zeichen - und keins mehr! Inklusive Homepage!
.......
Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen.
ACHTUNG!
Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen muss, Lektorat bezahlt o. Ä.
Schickt eure Texte unter dem Betreff „Hall of Fame“ an d
Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten. Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall ist, werden nicht mehr verschickt!
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Gerd Zipper: „Flieg weiter, Gordon“, Einhorn Verlag 2022, Romantische Komödie. Eine Geschichte über die Liebe und das Fliegen.
NEUES AUS DER BUCHSZENE (
Wir leben in turbulenten Zeiten, die Buchbranche ist in Bewegung wie nie zuvor. Ob es nun um neue Vertragsbedingungen mit Amazon geht, die zunehmende Digitalisierung des Marktes oder all die neuen Chancen und Möglichkeiten, die sich Verlagsautoren und professionellen Selfpublishern bieten: Eine Nachricht jagt die nächste. Damit ihr den Überblick behaltet und nichts Wichtiges verpasst, fassen wir hier alle interessanten Links zusammen, die uns jeden Monat ins Auge fallen - natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Interview
Video-Interview mit der Literaturagentin Julia Dösch.
Selfpublishing
Cornelia Lotter: Wie ich mit Selfpublishing erfolgreich wurde und davon leben kann.
SPIEGEL-Bestseller: Marah Woolfs neue Romantasy-Trilogie ist höchster Neueinsteiger.
Künstliche Intelligenz
Verlage
Kommentar von Sandra Thoms: „Kleinere Verlage wird es einfach bald nicht mehr geben.“
Kultur / Politik / Literaturszene
PEN solidarisiert sich mit Asli Erdogan.
Weltbild lädt 2.600 Schulkinder zum Welttag des Buches ein.
Das sind die Lieblingsverlage der Buchhändler:innen im April.
International
London Book Fair rechnet mit mehr Besuchern aus den USA.
Graphic Novel von Anne Franks Tagebuch aus Schulbibliothek entfernt.
Wettbewerbe /Auszeichnungen
Thomas-Mann-Preis 2023 für Ralf Rothmann.
Die Nominierten für den Deutschen Sachbuchpreis 2023.
Der mit 10.000 Euro dotierte Ben-Witter-Preis geht 2023 an Elsemarie Maletzke.
Messen / Veranstaltungen
Sticker-Aktion lotst Leser über Leipziger Buchmesse.
AUTORENWISSEN (
„Kurzprosa: Knackig, kantig, pointiert“
von Eleonore Wittke
In ungezählten Schreibgruppen und natürlich zu Hause am Schreibtisch oder unterwegs mit Notizbuch wird Kurzprosa verfasst. So viele kleine Texte, hingetippt, gekritzelt, abgelegt in Schubladen und Dateien, im Orkus. Undefinierte Formen und Formate mit unentschiedener Aussage.
Schade eigentlich. Denn es könnten Diamanten unter ihnen sein. Witze, Impressionen, Aphorismen. Schön geschnitzte Kurzprosa.
Kostbare Momente und Erlebnisse, Eindrücke, Gedanken, Assoziationen gehören wirklich festgehalten. Sie sind aber meistens keine Geschichten im eigentlichen Sinn. Was denn sonst? Vielleicht Kurzprosa.
Literature en miniature füllt als eigenständiges Genre die Leerstelle zwischen Gedicht und erzählender Prosa, dort, wo reflektiert, empfunden, erlebt, erfahren, aber nicht ausführlich verhandelt wird. Nicht Spannungsbogen, Handlungsstrang, epische Breite, Rückblende, Dramatik sind hier gefragt, sondern Kürze und Prägnanz. Mal knackig und kantig, mal leicht und locker kann Kurzprosa tiefe Reflexionen vermitteln und anstoßen. Informationen werden vorenthalten, deswegen muss in dem Wenigen genug Bedeutung stecken, um den Text lesenswert zu machen.
Verdichtet sind diese Texte, doch nicht in Gedichtform, sondern in literarisch bestimmbaren Gattungen wie Anekdote oder Kürzestgeschichte.
Kurztexte sind so etwas wie das „Light“ in der Literatur und keineswegs eine moderne Erfindung. Michel Eyquem de Montaigne (1533-1592) schrieb „Essais“ (zu Deutsch: Versuche). Sie sind wunderbare Beispiele für Kürzesttexte, minimalistisch bisweilen, knapp und würzig. Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) sammelte kleinen Aufzeichnungen in seinen „Sudelbüchern“. Moderne Autor/innen dieser Gattung sind beispielsweise: Bert Brecht, Bernardo Sares, Umberto Eco, Peter Handke und Gerhardt Roth. Olga Torkarczuk bietet höchste Qualität in ihrem Buch „Unrast“. Einzigartige Texte, in ihrer Dezenz umwerfend. Die polnische Autorin bekam 2018 den Literaturnobelpreis.
In Kurzprosa werden Dinge, Raum, Zeit und Personen nur andeutungsweise beschrieben. Autor / Autorin entwirft eine Skizze, einen Hinweis, einen Gedanken, den wir beim Lesen ganzheitlich empfinden. Die Lückenhaftigkeit soll gerade als Impuls für die Fantasie der Leser/innen wirken.
Wie aber Kurzprosa so schreiben, dass man sie gerne liest?
Genres
Da helfen die Genres weiter, Kategorien mit relativ eindeutigen Kriterien, mit denen der jeweils gewollte Ton gestaltet wird. Ganz einfach: Ein Witz muss witzig sein.
Aber wie kommt es dazu? Die Witz-Struktur basiert auf Einleitung wie „Kennst du den schon?“, fiktionaler Mini-Erzählung und überraschender Pointe. Meist geht es um Schadenfreude gegenüber einer bestimmten Personengruppe.
„Siri, Frauen sind immer so komisch zu mir, warum bloß?“
„Ich heiße Alexa.“
Ein Aphorismus als weiteres Beispiel. Er bringt eine Erkenntnis, eine Erfahrung, eine Lebensweisheit hervor.
„Das Lächeln des Freundes ist wie eine Welle voll Licht.“ (Jean Paul, 1763-1825)
Heute würde man das anders ausdrücken. Aber Pauls Worte erreichen uns doch auch noch nach 300 Jahren, oder?
Die wichtigsten Genres sind: Anagramm, Anekdote, Aphorismus, Blog, Tweet, SMS & Co, Episode, Erinnerung, Fabel, Groteske, Impression, Kalendergeschichte, Kürzestgeschichte, Miniatur / Momentaufnahme / Skizze / Fragment, Parabel und Gleichnis, Reflexion, Tagebuchaufzeichnung, Traumaufzeichnung, Witz.
Jedes lässt sich recht genau definieren, beim Lesen genauso wie beim Schreiben. Es ist doch einfach angenehm zu wissen, worauf ich mich einlassen soll: zum Beispiel Fantasy, Liebe, Crime bei Romanen - Spannung, Moral, Erkenntnis, Besinnung oder Überraschung bei Kurzprosa.
Die unterschiedlichen Tonfälle befriedigen unterschiedliche Erwartungen. Wer zu einem Büchlein mit Aphorismen etwa von Jean Paul greift, will anders unterhalten werden als jemand, die Reiseimpressionen sucht. Und will ich als Autorin Leser/innen belehren? Dann schreibe ich eine Parabel. Will ich sie amüsieren? Dann vielleicht mit einem Witz. Will ich sie zum Weiterdenken animieren? Dann könnte das eine Reflexion bewirken.
Kurzprosa drängt sich auf, tut so leicht, fordert aber Disziplin. Wie einfach und schnell kann ein langer Text geschrieben werden, und wie lange muss man bisweilen an drei Zeilen sitzen, wenn sie sitzen sollen!
„Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen einen langen Brief schreibe, für einen kurzen habe ich keine Zeit“, soll der Physiker Blaise Pacal erklärt haben. Er war auch Literat. Deswegen mag ihm die Schwierigkeit vertraut gewesen sein.
Wenn wir uns erst einmal auf eine Tonlage eingestellt haben wie z. B. anekdotisch, assoziativ, belehrend, empfindsam, fabelhaft, geistreich, impressionistisch, intellektuell, ironisch, parabolisch, reflektierend, satirisch, surreal, grotesk oder witzig, dann haben wir die wichtigste Entscheidung getroffen für unseren kleinen Text, den wir jetzt verfassen werden.
Gerade an alten Texten lässt sich sehr deutlich die implizite Absicht oder die Stimmung des Autors / der Autorin erkennen. Johann Peter Hebels Anekdote „Die Ohrfeige“ enthält viel Ungesagtes. Er war auf moralisch, mitleidig, zynisch, empört eingestellt. Was noch kannst du herauslesen?
Die Ohrfeige
Ein Büblein klagte seiner Mutter: „Der Vater hat mir eine Ohrfeige gegeben.“
Der Vater aber kam dazu und sagte: „Lügst du wieder? Willst du noch eine?“
Ein anderes Beispiel ist der Aphorismus. Theodor Fontane (1819-1898) schrieb:
„Die Dichtung hat andere Wahrheitsgesetze als die Geschichte.“
Besser kann man es doch gar nicht auf den Punkt bringen.
„Allein bin ich, weil ich den anderen ausgeladen habe, einsam bin ich, wenn sich der andere ausgeladen hat.“
Dieser Aphorismus fiel mir in einem Schreibworkshop ein.
Auch die Fabel, eine sehr alte Gattung, wirkt durch ihre Pointe. Beatrice Fabricius-Kaán, eine Teilnehmerin unserer Gruppe „Schreiben im Café“, textete:
Die Weide
„Ist es dir nicht langweilig, immer am gleichen Ort zu stehen?“ fragte der sprudelnde Bach die Weide am Ufer.
„Nein, wenn ich stehe, kommt das Leben zu mir.“
Der Bach hörte die Antwort nicht, er hatte es viel zu eilig.
(Fabricius-Kaán, Beatrice, in: Wittke, Eleonore, Gut und kurz: So will ich schreiben, 2022)
Diese Beispiele können vielleicht ein Schups sein, um die eigenen Texte einmal zu durchforsten nach brauchbarem Material für reizvolle Impressionen, Grotesken oder Kalendergeschichten.
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Die Autorin Eleonore Wittke betreibt eine Textwerkstatt in Kusterdingen bei Tübingen und bietet dort Schreibseminare und Coaching an. Viele Erläuterungen und Anregungen für das Verfassen von kurzer Prosa enthält das Buch von Eleonore Wittke: „Gut und kurz: So will ich schreiben / Anekdoten, Impressionen, Skizzen“, Norderstedt 2022. www.textwerkstatt-wittke.de
AUTORENWISSEN (
„Klappentext-Lektorat“
von Hans Peter Roentgen
Klappentexte sollen den Käufer zum Kaufen verleiten. Oder wenigstens zum Lesen der ersten Seite. Doch wie schaffen sie es? Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Einer davon ist der klassischen Aufbau. Er besteht aus drei Teilen.
1. Der Aufreißer oder der Pitch
Der Aufreißer springt der Leserin, dem Leser direkt ins Gesicht. Er stellt sicher, dass der Leser das Buch nicht gleich wieder weglegt, sondern den Klappentext weiterliest, und hat die gleiche Funktion wie ein Pitch. Deswegen steht hier auch oft der Pitch des Buchs: ein Satz, maximal zwei, danach ein neuer Absatz.
Nicht vergessen: Der Pitch muss Assoziationen wecken, also anschaulich sein und Bilder im Kopf erzeugen.
2. Ein Appetithappen
Hat die Leserin angebissen, das Buch nicht weggelegt, kommen jetzt Appetithappen, die das Interesse weiter verstärken. Hier kann man ein, zwei oder drei Absätze mit fesselnden Ereignissen aus dem Anfang des Buchs anreißen. Hier ist „show, don´t tell“ wichtig, Assoziationen wecken und einen Film im Kopf ablaufen lassen.
3. Die Zusammenfassung
Am Schluss steht eine Zusammenfassung, die dem Leser noch einmal vermittelt, was ihn in dem Buch erwartet – ein Satz, maximal zwei. Und da er bereits anschauliche Bilder im Kopf hat (oder haben sollte), ist hier die einzige Stelle, in der der Klappentext allgemein sein darf. Denn dieser Teil nutzt den vorangegangenen Text als Anker. Das ist möglich, weil dort Bilder geweckt wurden, die dafür sorgen, dass der Leser sich unter der Zusammenfassung etwas vorstellen kann.
Hier passt beispielsweise das Genre hin, es darf auch mal gelobt werden, und ein Verweis auf vergleichbare Bücher ist gut.
Schauen wir uns ein Beispiel an:
Dahinwelken im Altersheim? Die ehemalige Krimiautorin Melli will das nicht!
Doch dann findet sie im Lainzer Tiergarten eine Leiche und ruft die Polizei. Vorbei ist es mit Dahinwelken, ihre kriminalistischen Instinkte erwachen.
Aber Chefinspektor Angermeier ist gar nicht begeistert, dass ihm nun eine 82-jährige Hobbydetektivin ins Handwerk pfuscht.
Und dann passieren auch noch weitere Morde.
Ein vergnüglicher und spannender Wien-Krimi mit Witz und Wiener Schmäh und einer ungewöhnlichen Ermittlerin im Stil von Miss Marple.
(Alt, böse, tot, Ingrid J. Poljak, 2023)
Anreißer ist der Konflikt: Eine ehemalige Krimiautorin sitzt im Altersheim und will dort nicht dahinwelken.
Appetithappen: Sie findet eine Leiche (muss also nicht weiter dahinwelken). Doch dem zuständigen Kriminalinspektor ist das gar nicht recht, dass ihm nun eine Hobbydetektivin ins Handwerk pfuscht. Ein beliebtes Motiv, dass bei Krimilesern sofort Bilder weckt. Hinzu kommt, was für dieses Buch besonders ist: Die Heldin ist 82.
Zusammenfassung: „Ein vergnüglicher und spannender Wienkrimi mit Witz und Wiener Schmäh.“ Stünde diese Aussage am Anfang des Klappentextes, würde sie nicht wirken, weil es nach einem simplen Werbespruch aussähe. Die Sätze davor haben aber bereits Bilder geweckt, daher funktioniert das.
Und dann der Verweis auf Miss Marple. Ist das nicht Größenwahn? Da vergleicht jemand sein Werk mit Miss Marple?
Der Trick ist, dass hier nicht gesagt wird, das Buch sei genauso gut. Sondern nur, dass es einen ähnlichen Stil hat. Auch dafür finden sich in den Appetithappen einige Hinweise: das Alter der Heldin und dass sie Hobbydetektivin ist.
„Im Stil von ...“ gibt dem Leser eine Orientierung, was ihn im Buch erwartet, ohne marktschreierisch zu wirken.
Veranstaltungen auf der Leipziger Buchmesse 2023 zum Klappentext
- Diskussion „Wege aus der Klappentexthölle“, Leipziger Buchmesse 2023 mit Sissi Steuerwald, H. P. Röntgen, Juri Pavlovic, Freitag 28.4., 11:30-12:00, Halle 5, A700
https://www.leipziger-buchmesse.de/pco/de/buchmesse/63e3a9ea8151e8100509bdb8
- Workshop in der Leipziger Autor*innenrunde, Samstag 29.4.
https://autorinnenrunde.de/programm-2023/hans-peter-roentgen-klappentext-entwerfen/
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Hans Peter Roentgen ist Autor der Bücher "Vier Seiten für ein Halleluja" über Romananfänge, "Drei Seiten für ein Exposé", „Schreiben ist nichts für Feiglinge“ und "Klappentext, Pitch und weiteres Getier". Außerdem hält er Schreibkurse und lektoriert.
DREI FRAGEN (
Mehr als zweitausend Tempest-Leser*innen – da liegt ein enormer Erfahrungsschatz verborgen, ob es nun ums Schreiben selbst geht oder um das Finden eines Verlags. Diesen Schatz möchten wir ausgraben und mit unserer neuen Rubrik zugänglich machen. Gewaschen, geschliffen und poliert, fürs sofortige Tragen ... äh ... Umsetzen.
Jeden Monat beantworten hier Autor*innen, die bereits in einem Verlag veröffentlicht haben, drei Fragen, und zwar kurz und knapp. Wenn du dich auch beteiligen möchtest: Kopier dir die drei Fragen aus dem Text, und schick sie mit deinen kurzen (!) Antworten an:
„Cäcilie Kowald“
1. Wie hast du bei deiner ersten Veröffentlichung einen Verlag gefunden? Und falls es über eine Agentur war, wie hast du sie von deinem Manuskript überzeugt?
Durch die richtige Mischung aus Kontakten, Glück und Vorbereitung: Über ein berufliches Netzwerk erfuhr ich, dass der Verlag Romanmanuskripte suchte, und ich hatte nicht nur das passende Manuskript, sondern auch ein blitzblank poliertes Exposé in der Schublade und konnte innerhalb von Minuten reagieren.
2. Was ist dein ultimativer Schreibtipp oder deine liebste Kreativ-Übung?
Ganz zu Beginn der Figurenentwicklung, wenn ich noch kaum mehr als eine vage Vorstellung der Figuren habe, mache ich gerne diese Übung: Nenne drei Lieblingsorte deiner Figur, und beschreibe, was sie dort (typischerweise) tut.
3. Nenne deinen wertvollsten Schreibratgeber (als Buch, Person oder Internetseite).
Mein liebster Schreibratgeber stammt aus Kanada und ist hierzulange nahezu unbekannt: „The making of a story“ von Alice Laplante. Besonders wertvoll finde ich, dass er nicht nur plot-orientierte Spannungs- und Unterhaltungsliteratur im Blick hat, sondern auch eher „leisere“, literarischere Werke, und dass er gängige Schreibtipps und -verfahren in den jeweiligen Kontext einordnet und differenziert.
Zur Autorin
Mein erster Roman, Menschenkette, https://8gradverlag.de/buecher/menschenkette/, ist im Oktober 2022 im Freiburger 8 grad Verlag erschienen, www.8gradverlag.de. Er erzählt eine hochaktuelle Geschichte aus den 1980er-Jahren, in der es um Friedensbewegung, Atomwaffen, den Kalten Krieg und den Sinn von politischem Engagement geht. Mehr über mich und mein (nicht nur literarisches) Schaffen ist zu finden auf www.ckowald.de.
SEMINARBERICHT (
„Schreibretreat mit Fenna Williams: Kurzgeschichten schreiben“
von Ursula Schmid-Spreer
Vor kurzem habe ich den Schreibkurs „Kreativität und Kurzgeschichte“ bei der „Mörderischen Schwester“ Fenna Williams in Wien besucht. Fenna hält diese Kurse auch in Venedig oder im Landgasthaus König in Stephanshausen – oder wohin man sie sonst einlädt.
Diesmal fand der Kurs im Volkskundemuseum in Wien statt. Liebevoll wurden wir begrüßt. Ausdrücklich hatte sie darum gebeten, keinen Laptop mitzubringen, sondern einen Füllfederhalter. Außerdem sollten wir einen Kurzzeitwecker dabei haben. Da waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt, von der Sanduhr bis zum Junikäfer war alles vertreten. Außerdem sollten wir als Vorbereitung drei erste Sätze aus Büchern herausschreiben und unsere Lieblingsbücher benennen.
Jede*r durfte sich einen Platz aussuchen, auf dem ein Überraschungspäckchen stand: ein Schreibbuch, das wir füllen konnten, zwei Umschläge (orange und grün) und ein Tütchen mit einem Gegenstand. Das waren alles Trigger, um Geschichten zu verfassen.
Wir sollten während des gesamten Kurses immer wieder mal den Platz wechseln und nur mit der Hand schreiben. Das fördert die Konzentration, das freie Schreiben mit der Hand verbindet beide Gehirnhälften und steigert so die Kreativität.
Als Einstieg bat uns Fenna, uns und unser Leben mit sechs Wörtern vorzustellen. Gar nicht so einfach, ein „Leben“ auf den Punkt zu bringen, aber es ist allen auf beeindruckende Weise gelungen. Dann stellten wir unser mitgebrachtes Lieblingsbild vor - es konnte auch ein Foto sein - und sagten ein paar Worte dazu, warum wir gerade dieses Bild/Foto ausgesucht hatten.
Fenna referierte, dass die Kurzgeschichte eine eigene Kunstform ist, in der eine überschaubare Anzahl Charaktere auftreten, die an einem oder wenigen Spielorten agieren. Es geht nicht um einen komplizierten Plot, sondern um einen ausgefeilten, der sich am Ende möglichst überraschend auflöst. Am besten wäre natürlich ein Paukenschlag. Oder hat die Kurzgeschichte am Ende sogar eine Moral? In jedem Fall empfiehlt sich, sich am Ende die Geschichte selbst laut vorzulesen, um Stellen zu erkennen, die noch nicht rund klingen. Als Übungsaufgabe kamen die grünen und orangenen Umschläge zum Einsatz. Sie dienten als Impulse, um eine Kurzgeschichte zu schreiben. Zum Beispiel gab es da ein Bild eines Hauses mitten im Wald.
Der Pomodoro
Dann erzählte Fenna etwas von einem „Pomodoro“. Was das ist? 25 Minuten schreiben mit der Hand – Uhr stellen! Wenn Sie das jeden Tag schaffen, haben Sie in wenigen Monaten ein fertiges Manuskript, denn bereits nach 30 Tagen stellt sich so etwas wie eine Gewohnheit ein, und man macht immer weiter, immer leichter ...
Die Technik des Pomodoro, die von Francesco Cirillo in den 80er Jahren entwickelt wurde, ist nichts anderes als eine Methode des Zeitmanagements. Das Schreiben wird in 25-Minuten-Abschnitte eingeteilt. Der Name „Pomodoro“ stammt von Cirillos Küchenuhr, die wie eine Tomate aussah.
Diese Technik beinhaltet fünf Schritte:
- Formulieren Sie die Aufgabe schriftlich.
- Stellen Sie den Wecker auf 25 Minuten.
- Schreiben Sie 25 Minuten lang, bis der Wecker klingelt.
- Machen Sie eine fünfminütige Pause.
- Dann schreiben Sie weiter und machen nach vier Zeitblöcken eine längere Pause.
Ziel dieser Technik ist es, nicht abzuschweifen, sich nicht von Telefon oder E-Mail unterbrechen zu lassen.
Das Seminar war rundum gelungen. Es machte Spaß, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Wer mochte, konnte seinen Text vorlesen und sich Tipps dazu geben lassen.
Termine für die nächsten Kurse erfährt man durch eine kurze Mail an
Fenna Williams studierte kreatives fiktionales und nicht-fiktionales Schreiben in Seattle und Cambridge und schreibt seitdem Drehbücher, Reiseessays, Kurzgeschichten und Romane. Unter dem Namen Auerbach & Auerbach führt sie die bekannte Krimiserie um die Haushüterin Pippa Bolle weiter. Sie coacht andere Schreibende und gibt Anthologien heraus. Fenna liebt einsame Inseln aller Längen-und Breitengrade, auf denen und über die sie schreibt. Sie pflegt dabei vier Passionen: Schreiben, Shakespeare, Single Malt Whisky und den Wunsch, diese Dinge immer wieder neu zu verbinden. www.Fenna-Williams.com
VERLAGSPORTRAIT (
8 grad verlag GmbH & Co. KG
Sonnhalde 73
79105 Freiburg
Telefon: (01 51) 42 02 46 42
Verlagsgeschichte
Matthias Grüb, Arzt und Verleger, gründete 2021 in Freiburg den 8 grad verlag, um Deutschlands Südwesten, entlang des achten Längengrads, mit seinen Nachbarn Frankreich und der Schweiz eine neue Stimme zu geben.
Programm und Philosophie
Im 8 grad verlag erscheinen Bücher, die den Horizont erweitern und den Blick schärfen – für Heimat und Ferne, Erlebnis und Ästhetik. Literarische, landeskundliche und kulturhistorische Titel werden ergänzt durch Bände rund um das Thema Genuss. Das erste Programm erschien im Herbst 2022.
Welche Autoren wurden bisher verlegt?
Thomas Fuchs, Dr. Gabriele Katz, Dr. Cäcilie Kowald, Frank Maier, Monika Küble, Dr. Andrea Hahn, Philipp Brotz, Jens Bey, Wilhelm Hauff; 2023 folgen Matthias Mangold, Henry James, Eduard Mörike, Dr. Gisela Hack-Molitor, Cornelia Tomaschko, Rainer Moritz.
AutorInnen gesucht?
Ja, der Titel muss aber einen Bezug zum Südwesten haben, am besten die Autorin/der Autor auch.
Konditionen
Wir halten uns streng an die Empfehlungen des Börsenvereins und verwenden auch ausschließlich dessen Normvertrag.
Was ist Ihnen besonders wichtig?
Unsere Bücher sollen zum Ausdruck bringen, was wir sind: unabhängig, regional und weltoffen.
Zukunftspläne, Perspektiven
Wir wollen langsam und wirtschaftlich wachsen und uns in den kommenden Jahren zu einer Stimme machen, die für den Südwesten spricht und die im Südwesten gehört wird.
UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN
Bitte schickt den Expert*innen nur Fragen zu ihrem Expertenthema - keine Manuskripte zur Beurteilung. Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber gelöscht wird.
Fragen (anonymisiert) und Antworten werden in der Regel hier im Tempest veröffentlicht, damit auch andere Autor*innen davon lernen können. Wer das aber nicht möchte, schreibt das bitte ausdrücklich dazu.
Drehbuch | Oliver Pautsch | |
Fantasy | Stefanie Bense | |
Heftroman | Arndt Ellmer | |
Historischer Roman | Titus Müller | |
Kinder- und Jugendbuch | Sylvia Englert | |
Kriminalistik | Kajo Lang | |
Lyrik | Martina Weber | |
Marketing | Maike Frie | |
Sachbuch | Gabi Neumayer | |
Schreibaus- und -fortbildung | Uli Rothfuss | |
Schreibhandwerk | Ute Hacker | |
Science-Fiction | Andreas Eschbach |
Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, den ihr separat abonnieren müsst.
Einsendeformalien
Einsendungen sind zu allen Rubriken von autorenforum.de - nach Rücksprache - erwünscht. Das Urheberrecht verbleibt bei der Autorin bzw. beim Autor.
Einsendungen bitte im RTF-Format und per E-Mail, und zwar an:
Herausgeber*innen
Gabi Neumayer (
Ramona Roth-Berghofer (
Stefan Schulz (
Thomas Roth-Berghofer (
Jürgen Schloßmacher (
„The Tempest“ ist ein kostenloser Newsletter für Autor*innen. Abonnent*innen sind herzlich aufgefordert, den Newsletter weiterzugeben oder nachzudrucken, solange alle Urheberrechte beachtet werden (Näheres s. http://www.autorenforum.de/ueber-uns) und der VOLLSTÄNDIGE Newsletter weitergegeben wird. Ansonsten bitten wir darum, mit der Redaktion Kontakt aufzunehmen.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Zugesandte Artikel können von der Redaktion bearbeitet und gekürzt werden.
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