The Tempest

Ausgabe 25-12 (20. Dezember 2023)

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Autorenwissen
     „Drei Lektorate einer Szene“
     von Hans Peter Roentgen
   Buchbesprechung
     „Literatur lesen. Eine Einladung“
     besprochen von Tanja Wirnitzer
   Impressum

EDITORIAL

Liebe Autor*innen,

nach dem vollen Tempest vom November kommt diesmal eine schlankere Ausgabe - vielleicht haben einige von euch Ende des Jahres ja auch noch etwas anderes zu tun ... Nichtsdestoweniger kann man sich als Autor*in mit dem einzigen längeren Beitrag in diesem Tempest schon eine Weile beschäftigen, wenn man die Übungsvorschläge darin ernst nimmt. Hans Peter Roentgen nimmt uns nämlich mit auf eine Lern- und Übungsreise durchs Lektorieren eines Textes, die im Januar fortgesetzt werden wird.

Neuen Lesestoff empfiehlt Tanja Wirnitzer. Und auch die Netz-Tipps von Ramona Roth-Berghofer und die neuen Seminare in Teil 2 des Tempest bieten Stoff fürs Lernen, Wissen und Üben. Also, eigentlich doch eine Menge, was fleißige Autor*innen im neuen Tempest finden!

Das Zitat des Monats, diesmal von Aditi Dufare:

A writer or an author must always be the no. 1 fan of his/her book.

Kommt gut ins neue Jahr! Es wird unser 27. Online-Jahr werden - bitte unterstützt uns, damit wir weitermachen können! (Überweisung direkt per Paypal über unsere Website oder mit den Daten unterm Editorial.)

   Gabi Neumayer
   Chefredakteurin


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Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt, aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto:

     Jürgen Schloßmacher
     Kreissparkasse Köln
     BIC: COKSDE33XXX
     IBAN: DE23 3705 0299 1142 1761 63
     Stichwort: „Beitrag Tempest“

Ihr könnt auch über unsere Website direkt per Paypal überweisen!

Und wer nicht überweisen möchte, kann uns den Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest).


ISSN 1439-4669 Copyright 2023 autorenforum.de. Copyright- und Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe


INHALT DIESER AUSGABE

TEIL 1

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Autorenwissen
     „Drei Lektorate einer Szene“
     von Hans Peter Roentgen
   Buchbesprechung
     „Literatur lesen. Eine Einladung“
     besprochen von Tanja Wirnitzer
   Impressum


TEIL 2 (in separater E-Mail, falls ebenfalls abonniert)

   Veranstaltungen
   Ausschreibungen
   Publikationsmöglichkeiten
     mit Honorar
     ohne Honorar
   Seminare
   Messekalender


 HALL OF FAME (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


Die „Hall of Fame“ zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest. Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst - dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen können.

Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!) nach diesem Schema:

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AutorIn: „Titel“, Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen weitere Infos zu eurem Buch unterbringen, zum Beispiel eine Homepage-Adresse.

.......

Ein Beispiel (!):

Johanna Ernst: „Der Fall der falschen Meldung“, Hüstel Verlag 2015, Mystery-Thriller. Dann noch 60 Zeichen - und keins mehr! Inklusive Homepage!

.......

Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen.

ACHTUNG!

Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen muss, Lektorat bezahlt o. Ä.

Schickt eure Texte unter dem Betreff „Hall of Fame“ an dDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten. Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall ist, werden nicht mehr verschickt!

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Isabel Roderick: „Träume aus Licht“, Lübbe 2023, Historischer Roman. Eine Liebesgeschichte zur Zeit der Weimarer Stummfilm-Ära

Sandra Niermeyer: „Drei Detektive auf heißer Spur: Ein Erstkommunion-Krimi“, Kaufmann Verlag 2024. Ein Krimibuch für Kinder ab 7 Jahren

Siegfried Langer: „Everlife“, A7LBooks 2023, Phantastik-Thriller. www.siegfriedlanger.de


 NEUES AUS DER BUCHSZENE (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


Wir leben in turbulenten Zeiten, die Buchbranche ist in Bewegung wie nie zuvor. Ob es nun um KI geht, die zunehmende Digitalisierung des Marktes oder all die neuen Chancen und Möglichkeiten, die sich Verlagsautoren und professionellen Selfpublishern bieten: Eine Nachricht jagt die nächste. Damit ihr den Überblick behaltet und nichts Wichtiges verpasst, fassen wir hier alle interessanten Links zusammen, die uns jeden Monat ins Auge fallen - natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.


Verlage / Buchhandel


So läuft das Weihnachtsgeschäft im Buchhandel.

Harenberg beantragt Insolvenz. Käufer für den „buchreport“ gesucht.


Künstliche Intelligenz


Kann die KI Übersetzer*innen die Arbeit abnehmen?

ChatGPT-Kooperation mit dem Springer-Verlag.

Bestsellerautorin Nina George will Urheberrechte vor ChatGPT und Co. retten.

Neues Qualitätssiegel: Nicht von KI gesprochen.


Kultur / Recht / Politik / Literaturszene


SPIEGEL-Bestseller. Marah Woolf: Hexerei in der Hitparade.

Unzulässiger Preiswettbewerb beim Handel mit Büchern.

OLG bestätigt VLB als Referenzdatenbank für die gebundenen Ladenpreise.

Hassreden gegen Autorin.

Warum so viel Hass auf ein Kinderbuch?


Preise / Auszeichnungen


Omri Boehm erhält Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.

 


AUTORENWISSEN (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


„Drei Lektorate einer Szene“

 von Hans Peter Roentgen

Diesmal habe ich einen ungewöhnlichen Text ausgewählt. Der Held hat seinen Hass verloren, nur den Selbsthass behalten. Schauen Sie sich den Text einmal an.

Rückkehr in die Düstermoore

Ich versank in trunkenem Selbstmitleid, suchte die Einsamkeit bucklig gepflasterter Hintergassen, wo ich mir ein kleines Zimmer als Unterkunft nahm und verdrießlich himmelsgleiche Schmeichelreime flocht. Sie betonten meine Einsamkeit, als sie ungehört durch das Fenster hinaus in die graue Luft der Industriemetropole entfleuchten. So konnte das nicht weitergehen. Welchen Sinn hatte es, noch zu leben, wenn ich, als vermutlich großartigste Inkarnation der Geschichten erzählenden Zunft, die es jemals gab und geben würde, kein Gehör fand?
In dieser apokalyptischen Stimmung schlurfte ich am nächsten Abend durch die Gassen. Ich hatte den Plan gefasst, mein Sprachniveau für die alltägliche Kommunikation auf ein gewöhnliches Maß zu senken. Gewöhnlich. Allein dieser Ausdruck kleinbürgerlichen Intellektverfalls! Wenigstens war mir so menschlicher Kontakt möglich. Sogar die ein oder andere Geschichte gab ich mühevoll und auf erzählerisch flachem Niveau einigen Bierfreunden vor einer Trinkbude zum Besten. Konnte ich noch tiefer sinken?
Ich konnte. Und zwar absinken, in die gedanklichen Tiefen triefend jämmerlichen Selbstmitleids. Zum Klang meiner über das Pflaster rutschenden Schuhsohlen. Mit jedem Meter sank ich tiefer herab, ohne es zu merken. Giftig grüne Dämpfe stiegen auf, modrige Brechreizwolken säumten ihre Ränder. Dahinter liegende Tristeriekonstrukte bildeten den grau-in-grauen Hintergrund. In meiner Gedankenverlorenheit war ich, ohne es zu merken, abermals in den Düstermooren gelandet. Wie passend. Das wäre dann wohl das mir gebührende Ende. Schweren Herzens und schlappen Schrittes trottete ich am glücklicherweise schlafenden Scheiterhaufen der Geschichte vorbei, ohne Hoffnung, ohne Ziel. Mit meinem trauerverklärten Gemüt war es mir auch nicht möglich, das Klapperhorn zu spielen, um diesen ungastlichen Ort zu verlassen. Wozu auch? Ich war ein nutzloses Stück Dreck. Zu nichts zu gebrauchen. Sollte mein Leib doch hier verrotten!
Die Nacht verbrachte ich schlotternd unter einem Dichtungsdornengebüsch, gebettet auf nur wenig Wärme spendender Maulheldenmadenpampe. Die Maden hatte ich mit letzter Kraft selbst zu Matsch zertreten, damit sie wenigstens nicht an mir hochkrabbelten. Trotz gärenden Ekels und krampfhaften Brechreizverdrusses mochte ich am Morgen nicht aufstehen. Wo sollte ich auch hin? Nirgendwo in den Mooren schien es besser zu sein, warum also nicht hier liegen bleiben und vor mich hin modern? Mein Blick war starrend nach vorn fixiert, mitten ins Nichts. Und mir war schwarz vor Augen. Na ja, nicht ganz schwarz, eher so ein Graphitgrau. Aber bei dem Unterschied geht es wohl nur um Korinthen. Jedoch ... was war denn das? Ich blinzelte. Der graphitgraue Dunst verschwand nicht. Es lag nicht an meinen Augen. Kein Schleier, der sich als Vorbote des Todes über meinen sinnlosigkeitsverklärten Blick gelegt hatte. Etwas hatte sich über Nacht direkt vor meiner Nase breitgemacht.
„Sag deinen Namen!“, die einschüchternde Stimme drang tonlos direkt in meinen Kopf, ohne den Umweg über mein Ohr zu nehmen.
Widerwillig dachte ich die Antwort: „Ich bin Jojo.“
„Ist das ein Name für Mädchen oder für Jungen?“, frotzelte es gehässig zurück, als ob die Antwort nicht offensichtlich wäre.
Ich würdigte das mit keiner Antwort, ich war zu benommen, um mich auf solche Spötteleien einzulassen. Offensichtlich wollte da jemand mit mir spielen. Stattdessen stellte ich eine Gegenfrage: „Was bist du und was willst du?“
Anstelle einer Antwort gab das graue Etwas ein Bild von sich. Mein Spiegelbild schimmerte schwach darin, direkt vor meinem trüben Blick.
„Du bist ich?“, mutmaßte ich verständnislos.
„Nur ein Teil von dir, du hast mich hier zurückgelassen.“
„Wieso fragst du dann nach meinem Namen?“
„Es erschien mir eine gute Einleitung zu sein.“
Eine Einleitung? Zu was? Als Gesprächseinstieg? Ich setzte mich aufrecht hin, mein Rücken schmerzte, ich hatte die Nacht in ungesunder Haltung gelegen. „Ich wüsste nicht, was ich hier vergessen hätte.“
„Dann will ich deiner Erinnerung auf die Sprünge helfen. Ich bin dein Hass.“
„Fantastisch, als ob ich nicht schon genug Zwiegespräche mit mir selbst führe“, ich blieb unbeeindruckt. Aber es stimmte, ich hatte lange nicht mehr gehasst. Jedenfalls niemand anderes als mich selbst. „Wenn du mir abhanden gekommen bist, wie kann ich mich dann selbst hassen?“
„Deinen Selbsthass schleppst du weiter mit dir herum“, dröhnte die Stimme meines Hasses tonlos und voller Verachtung durch meinen Kopf.
Eine kecke Antwort erschien mir angemessen, um dem Gespräch die Schwere zu nehmen: „Ich kann ihn dir gern als Gesellschaft hier lassen!“
„Oh, du wirst ihn hier lassen, glaube mir, denn du wirst hier bleiben, hier bei mir.“
„Meinetwegen, ich habe ohnehin nichts anderes vor“, beschritt ich weiter den Pfad der Flapsigkeit. „Aber wozu soll das gut sein?“
„Es ist gut so, weil ich dich hasse!“
„Wärest du in dem Fall nicht mein Selbsthass? Ein Paradoxum?“, überlegte ich, halb an mich selbst gerichtet.
„Nein, das widerspricht sich nicht. Da du mich hier gelassen hast, bin ich wohl nicht mehr wirklich ein Teil von dir. Aber das ist doch auch gar nicht der Punkt!“
„Was ist dann der Punkt? Sag es mir, ich bin zu unbeeindruckt, um darüber zu sinnieren.“
„Oh ja, deine Überheblichkeit, die wird dir vergehen, du Ausdruck aufgeblasener Popanzigkeit!“ Die Stimme dröhnte durchdringender. „Du hast dich noch nicht gefragt, warum du wieder hier in den Mooren gelandet bist.“
„Nein, wozu auch, das ändert ja doch nichts.“
„Behauptest du das allen Ernstes, nach den Erfahrungen, die du bei deinem letzten Aufenthalt hier gemacht hast?“, ätzte mein Hass mich spottend an, „Du bist noch viel ignoranter, als ich dachte.“
Das Gespräch machte mich langsam ein wenig aufmerksamer, trotz der benebelnden Wirkung der Moordämpfe. „Was willst du mir sagen? Soll ich etwa wieder etwas lernen? Gibt es hier noch mehr verdammte Instrumente zu finden, die sich später als nutzlos erweisen?“
Ich schmiss dem Hass das sinnbildliche Klapperhorn vor die imaginären Füße. Bei der Gelegenheit warf ich einen Blick auf meine Beine. Im dämmrigen Licht schien es mir, als ob etwas Diffuses an ihnen hoch kroch, ein gläserner Nebel vielleicht. Ich machte ein paar wegwischende Handbewegungen, die aber ins Leere griffen. Mir lief ein Schauer über den Rücken, dieses Gefühl war schaurig, denn trotz der Leere war dort etwas, zwar nicht greifbar, aber wahrnehmbar.
„Ah, spürst du schon was?“ Die hasserfüllte Stimme schien diabolisch zu grinsen.
Tatsächlich spürte ich etwas, was auch immer da an meinen Beinen hoch rankte, jedenfalls konnte ich sie nicht mehr bewegen. Zuerst die Waden, dann die Oberschenkel. Ein Kribbeln breitete sich aus. Innerhalb kürzester Momente war auch der Rest meines Körpers bewegungsunfähig, so gerade noch ein wenig zappeln konnte ich in dem Versuch, mich zu befreien. „Lass mich los!“, rief ich. „Geh weg, lass mich allein!“
„Oh, du bist allein und wirst es bleiben.“ Die Stimme des Hasses lachte mir schallend in das Gesicht. „Allein und stumm, deine aufgeblasenen Worten sollen dir im Halse stecken bleiben. Von jetzt an und für alle Zeit. Immer sterbend, niemals endend. Suhle dich in deinem Selbstmitleid, badend in deinem Selbsthass und röchelnd um Atem ringend, erstickend an deiner sich selbst überschätzenden Polemik. In Ewigkeit.“
Panisch wollte ich etwas erwidern, bekam aber keinen Ton heraus. Ich versuchte mir an den schmerzenden Hals zu greifen, brachte aber nicht die kleinste Bewegung zustande. Der Hass hüllte mich von allen Seiten ein, raubte mir den Atem. In einem letzten Versuch von verzweifelter Gegenwehr zuckend, wurde mir schummrig vor den tränenden Augen.
Und dann entwich mir mit einem Röcheln das letzte bisschen verbliebene Atemluft.

 

Übung 1


Setzen Sie sich hin, nehmen ein Blatt Papier oder ein Heft, und schreiben auf, wie der Text auf Sie gewirkt hat. Und was Ihnen gefallen hat, und was Sie beim Lesen gestört hat.

Nein, nicht, ob er literarisch oder stilistisch gut ist. Das sind analytische Fragen für ein Literaturseminar. Hier geht es um die Wirkung auf die Leserin, auf den Leser.

Warum stelle ich diese Übung? Weil es Ihnen am meisten bringt, wenn Sie nicht überlegen, ob er gut oder schlecht ist, sondern was gewirkt hat und was nicht. Dieser Text will sicher kein superspannender Krimi sein. Sondern ein poetischer Text, der sich mit Hass und Trauer auseinandersetzt und ein Gefühl (Hass) zu einer eigenständigen Figur entwickelt.

Bei poetischen Texten lauert eine besondere Gefahr: dass der Autor von seinem eigenen Bildern verführt wird, immer mehr Bilder hineinpackt. Aber auch hier ist weniger mehr. Im Lektorat streiche ich als Erstes die Bilder, die nicht oder schlecht wirken. Und die Wiederholungen, denn ein Bild, das sich wiederholt, verliert seine Kraft.

Streichen ist die wichtigste Kunst beim Überarbeiten und Lektorieren. Oft gewinnt allein dadurch ein langweiliger Text an Tempo und innerer Spannung. Und auch Lyrik und Poesie benötigen diese innere Spannung.

Und entsprechend kommt jetzt eine zweite Aufgabe auf Sie zu.

 

Übung 2


Streichen Sie aus obigem Text alles, was Ihrer Meinung nach nicht richtig passt. Seien Sie nicht zimperlich. Wenn Sie auch nur den Verdacht haben, es könnte ohne besser sein, dann hinweg damit. Nur streichen, zunächst nicht verbessern.

 

Übung 3

Und jetzt drucken Sie bitte beide Fassungen aus. Legen Sie sie nebeneinander. Vergleichen Sie. Was ist besser geworden? Was hätte man besser nicht streichen sollen?

Dieser Test mit den Übungen (aber nicht der Beispiel-Text oben!) stammt von der amerikanischen Bestsellerautorin Le Guin. Er ist ein bewährtes Mittel, um herauszufinden, was nötig ist und was nicht. Außerdem schult er Ihr Auge, um nötige und unnötige Änderungen zu erkennen.

Im Januar werde ich weitere Überarbeitungsschritte dieses Textes vornehmen.

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Hans Peter Roentgen ist Autor der Bücher "Vier Seiten für ein Halleluja" über Romananfänge, "Drei Seiten für ein Exposé", „Schreiben ist nichts für Feiglinge“ und "Klappentext, Pitch und weiteres Getier". Außerdem hält er Schreibkurse und lektoriert.

 


BUCHBESPRECHUNG (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


 „Literatur lesen. Eine Einladung“

besprochen von Tanja Wirnitzer

„Literaturtheorie in sexy“ lautet die Überschrift der Buchkritik im Deutschlandfunk Kultur, damit hatte mich die Autorin und ich das Buch. Auch weil „Lesen. Lesen. Lesen.“ die drei häufigsten Tipps sind, wenn es um das Schreiben geht.

Ich bin selbst davon überzeugt: Wie soll mein Buch gelesen werden, wenn ich nicht weiß, was erwartet wird und was möglich ist? Nur, wie lerne ich durch das Lesen Schreiben? Über das, was das Buch mit mir macht, lässt sich schnell viel erzählen, aber wie das mit Schreibhandwerk, Stil und Stimme ermöglicht wird, das muss ich um einiges länger reflektieren. Auf welche Weise, mit welcher Methode analysiere ich, warum diese Geschichte, dieses Kapitel, diese Szene mit eben jenen Figuren in diesem Setting funktioniert oder auch nicht?

Auf diese und weitere Fragen habe ich mir bei einem Buch mit dem Titel „Literatur lesen. Eine Einladung“, von einem britischen Literaturtheortiker wie Terry Eagleton Antworten erwartet. Ich wurde nicht enttäuscht. Und Eagleton beantwortet sie in seiner klaren und angenehmen Schreibstimme und in einem gut lesbaren Schreibstil.

Eagleton nimmt die Lesenden mit auf eine Reise zu klassischen Größen wie Forster, Brontë oder Shakespeare. Dabei schreibt er in unterhaltender und hilfreicher Weise über Eröffnungssätze, Figuren, Erzählweisen, Interpretationen und Werturteile.

Sinn macht das Buch als Vorbereitung für die Moderation und Teilnahme an Schreibgruppen und Lesezirkeln, für Buchbesprechungen und als Vorbereitung für die eigene Lesung. Durch die gemeinsame Analyse mit Eagleton, die so detailliert und verständlich geschrieben ist, lässt sich relativ schnell ein Transfer auf das eigene Manuskript, das eigene Kapitel, die eigene Szene vollziehen.

Insbesondere, wer seine eigene Schreibstimme finden oder schulen will, wird hier fündig. Eagleton beleuchtet Klangstrukturen genauso wie den emotionalen Bezug zu den Lesenden. Für das Schreiben als solches ist vielleicht nichts Neues dabei – keine Plotmethode, kein konkreter Ratschlag –, doch sein origineller Blickwinkel erzeugt viele Ideen. Soll ich diese oder jene Perspektive wählen? Soll ich diese oder jene Figur streichen? Soll ich diese oder jene Nebenhandlung ausbauen oder nicht?

Bei dem Gewicht an Erkenntnis und Buchseiten würde ich passend zur Lektüre und den bevorstehenden Weihnachtsfeiertagen einen schweren Rotwein empfehlen.

Terry Eagleton: „Literatur lesen. Eine Einladung“, Reclam 2016, 267 Seiten, 36,53 Euro (TB)

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Tanja Wirnitzer ist Autorin und Lektorin. Sie lektoriert nach ihrer Methode Schreibdreiklang. Wer mehr über sein Schreibhandwerk, seinen Schreibstil oder die eigene Schreibstimme erfahren will, darf sie gerne kontaktieren. Als Lehrerin für Wirtschaft, Recht und Ethik mit Wohnorten in Deutschland und China bietet sie für Manuskripte auch einen Ethikkompass an. Mehr auf www.wortjuwelen.com


UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN


Bitte schickt den Expert*innen nur Fragen zu ihrem Expertenthema - keine Manuskripte zur Beurteilung. Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber gelöscht wird.

Fragen (anonymisiert) und Antworten werden in der Regel hier im Tempest veröffentlicht, damit auch andere Autor*innen davon lernen können. Wer das aber nicht möchte, schreibt das bitte ausdrücklich dazu.

Drehbuch Oliver Pautsch Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Fantasy Stefanie Bense Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Heftroman Arndt Ellmer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Historischer Roman Titus Müller Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Kinder- und Jugendbuch Sylvia Englert Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Kriminalistik Kajo Lang Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Lyrik Martina Weber Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Marketing Maike Frie Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Sachbuch Gabi Neumayer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Schreibaus- und -fortbildung Uli Rothfuss Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Schreibhandwerk Ute Hacker Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Science-Fiction Andreas Eschbach Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, den ihr separat abonnieren müsst.


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Ramona Roth-Berghofer (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)
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Ausgabe 26-11 (vom 20. November 2024)

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