The Tempest

Ausgabe 26-06 (20. Juni 2024)

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Autorenwissen
     „Eins aus zwölf“
     von Hans Peter Roentgen
     „Fremde Stimmen finden“
     von Stefan Kappner
   Frag die Expertin für Fantasy
     Stefanie Bense
  Impressum


EDITORIAL

Liebe Autor*innen,

im letzten Tempest hat Hans Peter Roentgen uns aufgefordert, für ein Problem beim Schreiben nicht eine, sondern zwölf Lösungen zu suchen. Zu dem Problem, das er im Mai vorgestellt hat, arbeitet er diesmal eine der möglichen Lösungen aus. Wer den Beitrag im Mai noch nicht gelesen hat, sollte das übrigens tun, bevor er / sie hier weiterliest!

Wie arbeitet eigentlich ein Biograph? Wie findet man nicht die eigene, sondern die Stimme dessen, für den man schreibt? Davon erzählt Stefan Kappner in seinem Artikel in diesem Tempest.

Und wie wichtig es ist, sein Manuskript in das passende Genre einzuordnen, zeigt unsere Fantasy-Expertin in ihrer Antwort auf eine Leser*innenfrage. 

Zitat des Monats, diesmal von Haruki Murakami:
„You have to dream intentionally. Most people dream a dream when they are asleep. But to be a writer, you have to dream while you are awake, intentionally.”

Vielleicht können wir den Sommer ja herbeischreiben ...

   Gabi Neumayer
   Chefredakteurin


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Damit wir den Tempest auch in Zukunft weiterführen können, brauchen wir eure Hilfe: Wer uns unterstützen möchte, überweise bitte einen freiwilligen Jahresbeitrag (15 Euro haben wir als Richtwert gesetzt, aber ihr helft uns auch schon mit 5 oder 10 Euro weiter) auf das Konto:

     Jürgen Schloßmacher
     Kreissparkasse Köln
     BIC: COKSDE33XXX
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     Stichwort: „Beitrag Tempest“

Ihr könnt auch über unsere Website direkt per Paypal überweisen!

Und wer nicht überweisen möchte, kann uns den Beitrag auch weiterhin per Post schicken (Adresse am Ende des Tempest).


ISSN 1439-4669 Copyright 2024 autorenforum.de. Copyright- und Kontaktinformationen am Ende dieser Ausgabe


INHALT DIESER AUSGABE

TEIL 1

   Editorial
   Hall of Fame
   Neues aus der Buchszene
   Autorenwissen
     „Eins aus zwölf“
     von Hans Peter Roentgen
     „Fremde Stimmen finden“
     von Stefan Kappner
   Frag die Expertin für Fantasy
     Stefanie Bense
  Impressum


TEIL 2 (in separater E-Mail, falls ebenfalls abonniert)

   Veranstaltungen
   Ausschreibungen
   Publikationsmöglichkeiten
     mit Honorar
     ohne Honorar
   Seminare
   Messekalender


 HALL OF FAME (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


Die „Hall of Fame“ zeigt die Erfolge von AbonnentInnen des Tempest. Wir freuen uns, wenn ihr euch davon motivieren und ermutigen lasst - dann werden wir euer neues Buch hier bestimmt auch bald vorstellen können.

Melden könnt ihr aktuelle Buchveröffentlichungen (nur Erstauflagen!) nach diesem Schema:

.......

AutorIn: „Titel“, Verlag Erscheinungsjahr (das muss immer das laufende oder das vergangene Jahr sein!), Genre (maximal 2 Wörter). Zusätzlich könnt ihr in maximal 60 Zeichen (nicht Wörtern!) inklusive Leerzeichen weitere Infos zu eurem Buch unterbringen, zum Beispiel eine Homepage-Adresse.

.......

Ein Beispiel (!):

Johanna Ernst: „Der Fall der falschen Meldung“, Hüstel Verlag 2015, Mystery-Thriller. Dann noch 60 Zeichen - und keins mehr! Inklusive Homepage!

.......

Ausgeschlossen sind Veröffentlichungen in Anthologien, Bücher im Eigenverlag und BoDs (sofern sie im Eigenverlag erschienen sind) sowie Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen.

ACHTUNG!

Schreibt in eure Mail mit der Meldung immer auch hinein, dass ihr bestätigt, dass die Veröffentlichung weder im Eigenverlag noch in einem Verlag erschienen ist, bei dem der Autor irgendetwas bezahlt hat! Als Bezahlung gilt auch, wenn er Bücher kostenpflichtig abnehmen muss, Lektorat bezahlt o. Ä.

Schickt eure Texte unter dem Betreff „Hall of Fame“ an dDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Wir berücksichtigen ausschließlich Meldungen, die nach dem obigen Schema gemacht werden und die Bestätigung zum Verlag enthalten. Änderungsaufforderungen zu Meldungen, bei denen das nicht der Fall ist, werden nicht mehr verschickt!

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Ella Kaspar: „Echte Camper. Oder wie Benni Papas Traumurlaub überlebte“, Tyrolia Verlag 2024, Kinderroman. Ab 9 Jahren. www.ellakaspar.at


 NEUES AUS DER BUCHSZENE (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


Wir leben in turbulenten Zeiten, die Buchbranche ist in Bewegung wie nie zuvor. Ob es nun um KI geht, die zunehmende Digitalisierung des Marktes oder all die neuen Chancen und Möglichkeiten, die sich Verlagsautoren und professionellen Selfpublishern bieten: Eine Nachricht jagt die nächste. Damit ihr den Überblick behaltet und nichts Wichtiges verpasst, fassen wir hier alle interessanten Links zusammen, die uns jeden Monat ins Auge fallen - natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.


Verlage / Konzerne / Buchhandel


Weltbild ist insolvent: Wie das Unternehmen saniert werden soll.

Erweiterung des Hörbuch- und Buchprogramms: Edel kauft JUMBO.

Thieme unterzeichnet Charta der Vielfalt. 


Podcast / Interview


Interview mit Christina Morina (Deutscher Sachbuchpreis) über die ambilvalente Bedeutung der Demokratie im Osten.

Interview mit Börsenverein-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs: 200 Jahre Börsenverein.

Hörbuchsprecherin Pia Rhona Saxe über die Vertonung von Romance-Titeln.

Nachhaltigkeit: Tessloff macht sich auf den 1,5 Grad-Weg.


Künstliche Intelligenz


Thalia: KI im Buchhandel.

Dokumentarfilm: Das KI Manifest.

Gucktipp: Die KI und das Ende des Urheberrechts.

Wenn die KI beim Mülltrennen zu halluzinieren beginnt.


Literaturszene / Kultur / Politik


Kleiner Verlag, große Wirkung! Markenbildung: „Das Buch muss doch bei der Lustig erschienen sein!"

Iranischer Lektor und Übersetzer Hossein Shanbehzadeh verhaftet.

Wird in Literaturjurys weniger nach künstlerischen als nach identitätspolitischen Kriterien geurteilt?

Kommentar zu Literaturpreisen: Wir brauchen mehr Transparenz.

Bücherpiraten e. V. ruft Schreibwettbewerb zum Grundgesetz aus.


Preise / Auszeichnungen


Börsenblatt Young Excellence Award 2024: Emelie Porsack: Durchboxen.

Rattenfänger-Literaturpreis 2024 geht an Frida Nilsson.

Bachmannpreis 2024: Diese Menschen werden im Juni lesen.

Glauser: Das sind die Preisträger:innen 2024.

Schweizer Buchhandlung und Verlag des Jahres.

Der mit 5.000 Euro dotierte Kirsten-Boie-Preis für Kinderliteratur geht an Sabrina Schmohl.

Hessischer Verlagspreis 2024 geht an Schüren.


International


Die International Publishers Association (IPA) hat auf dem World Expression Forum in Lillehammer, Norwegen, die Shortlist für den Prix Voltaire 2024 bekannt gegeben.

 


 AUTORENWISSEN (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


„Eins aus zwölf“

 von Hans Peter Roentgen

Im letzten Tempest haben wir besprochen, wie wir unseren Helden — mit großer Klappe, aber ohne Kampferfahrung — aus dem Gefängnis befreien können. Jetzt haben wir zwölf Lösungen. Der innere Zensor ist gut gelaunt, hat genügend Druckfehler in den Zeitungen gefunden. Jetzt darf er arbeiten. Nicht mit „geht nicht“, sondern mit „anders“.

Nehmen wir die erste Möglichkeit. Ein Vorschlaghammer, um ein Loch in die Mauer zu brechen.


„So nicht, anders“, sagt der innere Zensor. „Zu groß, fällt auf.“

Recht hat er. Also ein kleines Hämmerchen. „Schon gut, Zensor, ich weiß, damit dauert es sehr lange, danke, weiß ich.“

In jedem Gefängnis gibt es illegalen oder halb legalen Handel. Natürlich nicht mit riesigen Vorschlaghämmern, aber kleinere Hämmer? So groß wie eine Hand? Also an die Arbeit. Wer kann ihn uns beschaffen? Unser Held hat ein geschicktes Maulwerk, also überredet er jemanden.

Wie wäre es mit dem Anstaltsgeistlichen? Unser Held spielt den reuigen Gläubigen, besucht täglich die Messe, beichtet jede Woche seine Sünden. Und bittet den Geistlichen um einen kleinen Hammer, er sei begeisterter Hobbygeologe und poliere gerne Steine. Ach ja, ein lebensgroßes Bild der Jungfrau Maria wäre auch gut. Damit er abends vor dem Schlafengehen davor beten kann. Und er hängt es an die Stelle, an der er langsam die Mauer durchbrechen will.

Der innere Zensor hebt den Daumen. Ja, das wird funktionieren. „Aber sehr langsam“, meint der Zensor, der offenbar richtig gute Laune und beschlossen hat, uns zu helfen, statt mit „geht nicht“ zu bremsen.


Ja, es wird lange dauern. Wer Stephen Kings Roman aus dem Gefängnis von Shawshank kennt, weiß, wie viele Jahre das dauern kann. Aber der Roman wurde verfilmt und ein Erfolg, also alles im grünen Bereich.

Jetzt sind Sie dran:

Übung

Suchen Sie sich aus Ihren zwölf Lösungen eine oder mehrere aus, und entwickeln Sie sie zu einem Gefängnisausbruch. Wie wäre es mit der Königin?

Resumée

„Niemals aufgeben“, sagte Churchill. Das sollten auch Autorinnen und Autoren nicht. Und ein gut erzogener innerer Zensor kann dabei eine große Hilfe sein.


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Hans Peter Roentgen ist Autor der Bücher "Vier Seiten für ein Halleluja" über Romananfänge, "Drei Seiten für ein Exposé", „Schreiben ist nichts für Feiglinge“ und "Klappentext, Pitch und weiteres Getier". Außerdem hält er Schreibkurse und lektoriert.


AUTORENWISSEN (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


„Fremde Stimmen finden"

von Stefan Kappner

Der Beruf als Biograf fühlt sich für mich auch nach zwanzig Jahren noch erstaunlich frisch und lebendig an. Grund dafür ist eine spezifische Herausforderung, die sich mit jedem Projekt erneuert und keine Routine zulässt. Während angehende Schriftsteller des Fiktionalen vor der Aufgabe stehen, ihre eigene Stimme zu finden, suche ich stets aufs Neue eine passende Erzählstimme für mein Gegenüber. Jeder Entwurf birgt ein Risiko, und eben darin liegt der Reiz.

Eine Schlüsselszene

Ich sitze im Wohnzimmer eines älteren Mannes, der mir von einer offenbar wichtigen Begebenheit aus seiner Kindheit erzählt: Mit etwa 12 Jahren, während des Krieges, habe er durch Zufall entdeckt, dass sein Vater den verbotenen „Feindsender‟ BBC hörte. Das stürtzte ihn in einen Gewissenskonflikt. Sein Jungzugführer hatte von Verrat gesprochen und ihn und seine Jungvolk-Kameraden dazu aufgefordert, jegliche Verstöße gegen das Feindsender-Verbot zu melden.

Tagelang spürte er die Not, entscheiden zu müssen, ob er seine Eltern oder, wie er annahm, sein Land verraten sollte. Schließlich verglich er die Kriegsberichterstattung der BBC auf eigene Faust mit denen der Wehrmacht, deren fadenscheinige Formulierungen die Niederlagen nur schlecht kaschierten. So stellte er fest, wo die Wahrheit lag – und ein klärendes Gespräch mit dem Vater öffnete ihm endgültig die Augen.

Auftragsschreiber

Diese Episode war das Erste, das ich vom Leben meines neuen Erzählers erfuhr, keine zehn Minuten nachdem ich mich vorgestellt hatte. Kaum hatte ich die Zeit gefunden, mein Aufzeichnungsgerät herauszuholen. Noch stand auch kein Tee auf dem Tisch. Nur ein Stapel mit scheinbar ungeordneten Fotos und Dokumenten lag dort.

Wie komme ich in eine solche Lage? Eine Tochter des Erzählers fand meine Internetseite www.biographie-service.de, verglich mein Profil mit dem anderer Anbieter und beauftragte mich schließlich, die Biografie ihres Vaters zu schreiben. Wer seine Eltern oder Großeltern wertschätzt, kommt nicht selten auf diese Idee. Zum eigenen Nutzen und um ihnen eine Freude zu bereiten. Vor allem, wenn sie gerne erzählen.

Terminologie

„Die Biografie ihres Vaters zu schreiben‟ – eigentlich stimmt das nicht ganz. Seit ich vor nunmehr zwanzig Jahren damit begonnen habe, Lebensgeschichten in Buchform zu bringen, habe ich nur zwei „richtige‟ Biografien geschrieben. Alle anderen Bücher wurden in Ich-Form verfasst - und nicht bei mir, ihrem Biografen, sondern bei den jeweiligen Erzählerinnen und Erzählern lag das letzte Wort, wenn es um inhaltliche und manchmal auch um stilistische Entscheidungen ging.

Darum handelt es sich eher um Autobiografien, und wenn ich das Ganze heimlich täte, könnte man mich als Ghostwriter bezeichnen. Katrin Rohnstock, die Gründerin von Rohnstock Biografien, erfand das Kunstwort „Autobiografiker‟, um den besonderen Charakter unseres Berufs auszudrücken. Für meine Auftraggeber und Erzählerinnen spielen derlei Exaktheiten jedoch meistens keine Rolle, weshalb ich zum einfacheren „Biograf‟ als Berufsbezeichnung zurückgekehrt bin. Was ich auf welche Weise tue, muss ich ohnehin jedes Mal erklären.

Fäden und Stimmen

Als Biograf, das zeigt die Schlüsselszene zu Beginn, arbeite ich am schlagenden Herzen der Erzähler. Es geht um wichtige Entscheidungen, gelungenes und misslungenes Leben, Liebe und Freude, Trauer und Tod. Es geht um Identität. Um diese Arbeit angemessen zu leisten, kommt es darauf an, den Wertekanon und kulturellen Hintergrund der Protagonisten zu erfassen. Meine eigene Geschichte als „Milieuwechsler‟ aus einfachen Verhältnissen ins bildungsbeflissene Bürgertum hilft mir dabei. Auch meine Erfahrungen in der Selbständigkeit und ein recht vielfältiges akademisches Vorleben. So muss ich mir zum Beispiel Begriffe wie „Studienseminar‟ oder „Assessor‟ nicht erst erklären lassen, wenn mein Erzähler auf seine Berufsbiografie zu sprechen kommt. Es hilft auch, sich ehrlich (wenn vielleicht auch zeitlich begrenzt) für ganz unterschiedliche Bereiche interessieren zu können: ob für Fremdsprachen, Geschäftsideen, Opern, Einschlafrituale für Kleinkinder oder regelungstechnische Anlagen.

Denn es reicht nicht, hübsch in Schrift zu bringen, was mir mündlich erzählt wird. Ich muss verstehen, was mein Gegenüber sagt, um Lebensthemen in Beziehung setzen und Erzählstränge herausarbeiten zu können. Andernfalls gerät die Erzählung zu einer bloßen Aufzählung von Handlungen und Ereignissen, zu etwas, was vermutlich bald auch Computerprogramme leisten können.

Aus dem gewonnenen Verständnis für die Herzensangelegenheiten, für das jeweilige kulturelle Milieu und das Selbstverständnis der Erzählerinnen heraus gilt es dann, eine textliche Erzählstimme zu entwickeln, die ihnen entspricht. Mit der sie sich identifizieren können, und an der ihre Mitmenschen sie in ihrer Eigenart wiedererkennen. Und eben hier liegt mein Ehrgeiz als Biograf. Sachliche oder sprachliche Einzelheiten lassen sich leicht im Nachhinein korrigieren, auch die Gliederung lässt sich anpassen. Doch wenn ich einen für sie „falsch klingenden‟ Text vorlege, fühlen die Erzähler sich missverstanden und verlieren das Vertrauen.

Für dieses Kunststück der Stimmentwicklung gibt es keine Anleitung. Mal kommt es mehr auf die Wortwahl an, mal darauf, Metaphern zu vermeiden. Was die eine freut, zum Beispiel eine handfest vorgetragene Liebesgeschichte, überschreitet beim anderen moralische Grenzen.

Im Falle des älteren Herrn, der Latein, Griechisch, Französisch und Italienisch im Gymnasium unterrichtete, wählte ich eine bildungssprachlich angereicherte, aber unkomplizierte Diktion. An einigen Stellen ergänzte ich historische Hintergründe, die seinem Anspruch entsprachen, und durfte mich nicht wehren, als er manche aus meiner Sicht gelungenen Überschriften „versteifte‟.

Um bei aller Faszination für fremde Lebenswelten nicht die eigene Stimme zu verlieren, schreibe ich übrigens, wenn es die Zeit erlaubt, auch ohne Auftrag. Das Schreiben über mein persönliches Leben und meine individuelle Perspektive dient mir dazu, mich geistig-sprachlich zu regenerieren (falls das zu hochtrabend klingt: meistens sind es nur schlichte Tagebucheinträge).

Prestige und Relevanz

Etwa 30 bis 40 Prozent der (Auto-)Biografien, die ich schreibe, lektoriere oder in ihrer Entstehung begleite, werden veröffentlicht, selten in größeren Auflagen. Der Rest verbleibt in der Familie und im Freundeskreis der Erzähler, die mit meiner Hilfe zu Autorinnen und Autoren ihrer Lebensgeschichte werden.

Fürs Marketing stellt das einen Nachteil dar. Meines Wissens war es erst zwei Mal der Fall, dass Interessenten und Kundinnen aufgrund früherer Publikationen zu mir fanden. Für meine Schreibmotivation spielt die geringe Breitenwirkung jedoch keine Rolle. Ich widme meinen Gesprächspartnern Aufmerksamkeit, lese die Aufzeichnungen, sichte Dokumente und Bilder und weiß schon beim ersten Satz, den ich in die Tastatur tippe, dass er intensiv studiert werden wird. Denn das entstehende Buch wird mindestens für einen Leser oder eine Leserin überragend wichtig werden, oft auch für mehrere: zur Selbst(er)findung, als Lebensbilanz, zur Traditionsweitergabe und als unersetzliches Dokument der eigenen Herkunft. Ich vermute deshalb, dass viele „meiner‟ Bücher die Zeiten besser überdauern werden als der eine oder andere Bestseller.

P.S.: Wer sich von meiner „Berufsbeschreibung‟ angesprochen fühlt, darf gerne Kontakt aufnehmen. Gelegentlich berate ich auch Neueinsteiger.

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Dr. Stefan Kappner arbeitet seit 2004 als Biograf, zunächst bei Rohnstock Biografien, später in seinem eigenen Biografie-Service. Er ist außerdem Lektor, Schreibberater und Workshopleiter in seinem Biografiestudio in Wiesbaden. Internetseiten: www.biographie-service.de und biografika.de. Letzte Publikation: „Biografisches Schreiben leicht gemacht. Die Erzählblätter-Methode‟, Beltz Juventa 2023.

 


UNSERE EXPERTINNEN UND EXPERTEN


Bitte schickt den Expert*innen nur Fragen zu ihrem Expertenthema - keine Manuskripte zur Beurteilung. Bitte verseht jede Anfrage mit einem aussagekräftigen Betreff. Sonst kann es sein, dass die Mail vorsichtshalber gelöscht wird.

Fragen (anonymisiert) und Antworten werden in der Regel hier im Tempest veröffentlicht, damit auch andere Autor*innen davon lernen können. Wer das aber nicht möchte, schreibt das bitte ausdrücklich dazu.

Drehbuch Oliver Pautsch Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Fantasy Stefanie Bense Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Heftroman Arndt Ellmer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Historischer Roman Titus Müller Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Kinder- und Jugendbuch Sylvia Englert Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Kriminalistik Kajo Lang Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Lyrik Martina Weber Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Marketing Maike Frie Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Sachbuch Gabi Neumayer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Schreibaus- und -fortbildung Uli Rothfuss Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Schreibhandwerk Ute Hacker Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Science-Fiction Andreas Eschbach Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 


FRAG DIE EXPERTIN FÜR FANTASY (Stefanie Bense, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)


Frage

Vor einer Zeit habe ich ein modernes Märchen für Erwachsene geschrieben, das ich gerne veröffentlichen möchte. Bei diesen Verlagen habe ich mein Märchen bereits erfolglos eingereicht: [...] Haben Sie eine Idee, wo ich es darüber hinaus probieren könnte? [...]

Zielgruppe: Erwachsene, die nach einem anstrengenden Arbeitstag mit unterhaltsamer Lektüre auf dem Sofa entspannen möchten.

Schlagworte: Modernes Märchen für Erwachsene mit regionalem Bezug: Bonn, Beuel, Glenfiddich, Humor, schräger Humor, Urban Fantasy, Generation X, achtziger Jahre, Sponti-Sprüche, schwule Feen, Familienbande, Liebe, Happy End.

 

Antwort

Zunächst einmal: Glückwunsch, dass du deinen Roman geplant, geschrieben und fertiggestellt hast. Viele, die schreiben und veröffentlichen möchten, kommen gar nicht so weit.

Für deine Anfrage bin ich eigentlich nicht zuständig, eigentlich sogar niemand von den Expert*innen im autorenforum. Wir beraten zu Schreibproblemen, aber nicht bei der Verlagssuche. Also kann ich dir auch keine Verlage nennen.

Ich sehe das Verkaufsproblem jedoch nicht bei erneuter Verlagssuche, sondern bei der Kategorisierung deiner Geschichte. Wenn dein Angebotsschreiben an die Verlage so ähnlich aussieht wie in deiner E-Mail an mich, dann wirst du auch bei anderen Verlagen auf Schwierigkeiten bzw. Ablehnung stoßen.

Ich habe jedenfalls Schwierigkeiten, anhand deiner Beschreibung deine Novelle / deinen Roman einzuordnen; vielleicht geht es den von dir genannten Verlagen auch so. Du sagst, es sei ein „modernes Märchen“, aber nur mit Elementen wie Feen und Happy End ist es noch kein Märchen. Selbst Kunstmärchen (unterschieden von den klassischen Volksmärchen) haben bestimmte Regeln, Merkmale und Erzählstrukturen – sonst sind es einfach keine Märchen.

Gut nachlesbar in: „Märchen‟ von Stefan Neuhaus. Tübingen: Francke Verl., 2017, 2. Auflage, und in: „Das deutsche Kunstmärchen‟ von Paul-Wolfgang Wührl. Baltmannsweiler: Schneider Verl. Hohengehren, 2012, 3. Auflage. - insbes. zur Erzählstruktur und zur Abgrenzung zur Phantastik / Fantasy.

Für den eiligen Leser, auch wenn einige literaturwissenschaftliche Merkmale fehlen:
https://phanwelten.wordpress.com/2014/06/24/marchen-oder-fantasy-wo-liegt-der-unterschied/

Ein etwas literaturwissenschaftlicher Ansatz ist: https://polyoinos.de/fantasy-maerchen-sagen-mythen-gemeinsamkeiten-und-unterschiede, dafür aber auch länger und nicht so unterhaltsam. Als erster Überblick jedoch nützlich.

Dein Manuskript scheint aber auch keine Urban Fantasy zu sein, obwohl urbane Elemente wie GlennFiddich, 80er Jahre etc. da sind, die jedoch auch für einen Gesellschaftsroman gelten könnten. Wo sind die Fantasy-Strukturen (Epik, Magie, Zauberwesen?) In welche Sparte fügt sich dein Roman nun ein? Wo sollte ein Buchhändler das hinstellen, damit der Leser es findet? Das ist ganz wichtig, um überhaupt in den Verkauf zu kommen. Dazu braucht man eine gute Kategorisierung (Einordnung ins Genre) und eine gute Zielgruppenzuordnung.

Unbedingt solltest du deine Zielgruppe genauer untersuchen und definieren. Wer wird das lesen? Die Leute sollen ja Geld und Zeit dafür aufwenden. Wer wird es kaufen? Und welcher Verlag bedient diese Zielgruppe? „Erwachsene, die sich entspannen wollen“ – das ist keine Verkaufskategorie und kein Alleinstellungsmerkmal, denn entspannen kann man sich auch bei Krimi, Kochbuch oder Liebesroman.

Daher: Definiere genauer!

Falls der regionale Bezug zu Bonn sehr ausgeprägt ist, könnte sich auch die Suche nach einem regionalen Verlag anbieten. Kommt aber auf sein Verlagsprogramm an.

Ein umfangreiches Hilfswerk (nicht mehr ganz aktuell in Bezug auf die Verlagsangaben) ist „Autorenhandbuch‟ von Sylvia Englert, Berlin: Autorenhaus-Verlag, 2016, 8. Auflage. Sylvia Englert hat auch ein Buch über das Fantasyschreiben verfasst.

Leider kann ich dir keine konkreten Verlage nennen, aber ich hoffe, dass ich dir dennoch etwas weitergeholfen habe.

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Stefanie Bense liest, arbeitet und schreibt in Hannover. Sie leitete unzählige VHS-Seminare und Kurse bei anderen Bildungseinrichtungen, veröffentlichte Kurzgeschichten und schreibt Romane. Zur Zeit malt sie mehr, als sie schreibt.

 


Veranstaltungen, Ausschreibungen, Publikationsmöglichkeiten, Messen und Seminare findet ihr im zweiten Teil des Tempest, den ihr separat abonnieren müsst.


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 IMPRESSUM


Herausgeber*innen
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Ramona Roth-Berghofer (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)
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     von Klaus Eckardt
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