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Frey, James N.: The key. How to write damn good fiction using the power of myth

Wer die ersten beiden Bücher von James N. Frey - "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt", Band 1 + 2 - kennt, wird sich auch in dem neuen Buch von ihm schnell zurecht finden. Alle drei Bücher sind ähnlich logisch aufgebaut, anhand eines - sehr ausführlichen - Beispiels wird die Theorie erklärt und anschaulich dargestellt.

(Diese Kritik basiert auf der amerikanischen Originalausgabe. Ich möchte dem Übersetzer nicht ins Handwerk pfuschen, verwende aber zwecks der Lesbarkeit des Textes meine Übersetzung der verwendeten Begriffe. Bei der ersten Erwähnung schreibe ich den Originalbegriff in Klammern. Der Einfachheit halber verwende ich vorwiegend die männlichen Formen der Figuren, auch wenn ein Held selbstredend weiblich sein kann.)

Freys neues Buch basiert auf der These einiger Mythologen, besonders Joseph Campbell (Autor des Buches: "The Hero with a Thousand Faces" - "Der Heros in tausend Gestalten") und Christopher Vogler (Autor von "The Author’s Journey: Mythic Structure for Writers"). Diese These besagt, dass alle Mythologien dieser Welt, egal auf welchem Erdteil, egal in welchem Land, egal aus welcher Zeit, immer die gleiche Struktur aufzeigen: Es gibt einen Helden, der zu einem Abenteuer gerufen wird; er begegnet dem Bösen, überwältigt es und kehrt mit einem Preis - meist die Prinzessin - als gefeierter Held in seine Heimat, sein Dorf zurück.

Das ist die Minimalfassung der These, doch Frey beweist sehr schnell und einleuchtend, dass alle amerikanischen Fernseh-Erfolgsserien auf dieser Struktur basieren, egal ob es sich um Jessica Fletcher in "Mord ist ihr Hobby" oder die Cops aus "NYPD Blue", um "Inspector Columbo" oder die Rettungsschwimmer aus "Baywatch" handelt. Frey sagt, was für Filme gilt, gilt natürlich auch für Bücher, denn eines haben Bücher und Filme gemeinsam: Sie erzählen eine Geschichte. Und "The Key" ist eine Anleitung, wie ich eine Geschichte so entwickle, dass die Leser sie interessant finden.

Mythen und Märchen werden seit Menschengedenken erzählt, und wenn ihnen tatsächlich immer und immer wieder die gleiche Geschichte zugrunde liegt, muss an dieser Geschichte etwas dran sein. Das A und O einer Geschichte - egal ob als Kurzgeschichte oder Roman - sind die Figuren. Da gibt es zum einen die Hauptfigur: den Helden (The Hero). Natürlich hat der Held mindestens einen Gegenspieler: den Bösen (The Evil One). Der Böse hat im Prinzip die gleichen Eigenschaften wie der Held, nur dass bei ihm verständlicherweise die negativen Eigenschaften sehr viel ausgeprägter sind. Je nach geplantem Ausgang wird entweder der Held stärker angelegt oder der Böse, denn nicht notwendigerweise muss der Held am Ende der Geschichte der Sieger sein.

Sowohl der Held als auch sein Gegenspieler haben in der Regel Helfer. Daneben gibt es noch jede Menge Figuren, die auftauchen können, aber nicht auftauchen müssen. Überhaupt ist das Gute an dieser Methode, eine Geschichte zu entwickeln, dass man sich aus all den mythologischen Zutaten diejenigen herausnimmt, die man für seine Geschichte benötigt; den Rest lässt man einfach weg.

Die Freiheit, sich die Elemente der Mythologie zusammenzustellen, wie man es für richtig hält, gilt auch für den Ablauf der Geschichte. Normalerweise beginnt eine Geschichte im Alltag des Helden, wo Probleme erkennbar sind, die jedoch schon länger bestehen. Der Held erhält dann den Ruf, sich in ein Abenteuer zu begeben. Hier ein kleiner Einwurf, damit nicht vollkommen falsche Vorstellungen entstehen: Wir reden hier nicht nur von Thrillern, Actionromanen, Krimis oder ähnlich gelagerten Geschichten. Die Mythologie eignet sich hervorragend als Vorlage für Liebesgeschichten oder auch einfach die Geschichte eines Menschen, der etwas Ungewöhnliches erlebt und durch dieses Erlebnis reift.

Freys Buch würde mehr verwirren als aufklären, wäre da nicht seine Mustergeschichte "The Blue Light". Wie schon aus den ersten beiden Büchern bekannt, entwickelt er - sozusagen unter den Augen der Leser - die Charaktere des Helden, des Bösen und ihrer Nebenfiguren, schreibt das sog. "Step Sheet" und sogar ganze Kapitel. Eben weil man bei der Anwendung der mythologischen Figuren alle Freiheiten hat, ist die Methode zu Beginn möglicherweise eher hinderlich als förderlich. Doch befasst man sich ausführlicher damit (ich habe das während des Seminars bei James N. Frey getan, siehe dazu den Seminarbericht), wird einem sehr schnell bewusst, welch unglaubliches Hilfsmittel man hier in die Hand bekommen hat. Zwar gibt Frey nicht, wie im zweiten Band von "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt", eine Garantie, dass man einen Bestseller schreibt, aber die vielen Beispiele aus der Literatur zeigen, dass die Methode auf keinen Fall falsch sein kann.

Das Buch selbst ist in bekannter Frey-Manier locker und amüsant geschrieben, vieles ist aus den beiden ersten Büchern bekannt, was aber nicht schadet, sondern eher nutzt. Schließlich soll es auch möglich sein, "The Key" unabhängig von den Vorgängern zu lesen. Gegen Ende wird man etwas atemlos, und auf dieses Phänomen angesprochen, erzählte Frey mir, dass er versucht habe, möglichst alle mythologischen Figuren unterzubringen. So praktisch es auf der einen Seite ist, kann es eben auch sehr verwirrend sein, aus einer Vielzahl von möglichen Figuren die richtigen auswählen zu müssen.

Fazit: Wer die beiden ersten Bücher gerne gelesen und etwas daraus gelernt hat, wird auch dieses Buch lieben und davon profitieren. Wer Frey noch nicht begegnet ist, dem würde ich empfehlen, mit den beiden ersten Bänden anzufangen. Die deutsche Ausgabe kommt leider erst im Sommer oder gar Herbst 2001 heraus (wieder beim Emons Verlag), doch Freys Sprache ist sehr klar und verständlich und kann von jedem, der einigermaßen Englisch kann, gelesen und verstanden werden. Auf jeden Fall würde ich alle Bücher von Frey empfehlen, denn sie stellen für mich die klarste Anleitung dar, wie man einen spannenden Roman schreibt.

 

James N. Frey: The Key. How To Write Damn Good Fiction Using The Power Of Myth, 2000, 260 Seiten, US $ 23.95, St. Martin’s Press, New York,
ISBN 0-312-24197-6

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Besprochen von: Ute Hacker
Stand: 2002-08-06

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