Seit ich ein Kind war, habe ich gern und ausdauernd geschrieben und mich nun erstmals soweit durchgerungen, einen Roman zu schreiben und diesen auch zu veröffentlichen. Es handelt sich um einen Fantasy-Roman. Da ich Perfektionist bin, habe ich mich durch etliche Schreibkurse dieses Forums gewühlt und alle möglichen Fantasy-Romane gelesen, um ein Gefühl für Stil und Spannung zu erhalten.
Meine Angst besteht im Großen und Ganzen eigentlich darin, selbst nicht das nötige Gefühl dafür zu besitzen, ob das Manuskript reif ist, Verlagen angeboten zu werden.
Ich habe in Sylvia Englerts Buch "So finden Sie einen Verlag ..." gelesen, dass es sinnvoll wäre, sich in Literaturzeitschriften einen Namen zu machen. Mein Problem ist, dass ich keine Kurzgeschichten schreiben kann, denn wenn ich anfange zu schreiben, beginnt es zu fließen und ich kann kaum aufhören und ein Ende finden. Wenn schon, dann was Großes, scheint es. Meine beiden Testleserinnen (Fantasy-Fans, E-Mail-Bekannte aus dem Internet und mir persönlich nicht bekannt, daher unvoreingenommen) waren an sich begeistert, nannten mich sehr begabt, übten bereits konstruktive Kritik (wodurch ich bereits fünf Überarbeitungen hinter mir habe) und waren auf den bis dahin noch nicht fertigen Schluss sehr gespannt. Das macht Hoffnung, aber ich weiß nicht, ob das ausreicht.
Ist es sinnvoll, andere Autoren zu finden, die Manuskripte unbekannter Autoren lesen? Wenn man jemandem, der selbst schreibt, das Manuskript zu lesen gibt, wie schützt man dann seine Idee? Ist das überhaupt nötig?
Alle Verlage, die ich mir bisher herausgesucht habe, sind große Verlage. Gibt es für Fantasy auch kleinere, bei denen ich eventuell anfangen kann bzw. sollte, mein Manuskript anzubieten?
Ich würde mich freuen, wenn Sie Zeit für eine Antwort hätten und mir ein paar Tipps geben könnten.
Was Sie schon alles unternommen haben, um sich das schreiberische Handwerk anzueignen, klingt sehr vernünftig. Viele glauben, nicht einmal das machen zu müssen.
Leider gibt es keinen "allgemeingültigen Maßstab", der uns zeigt, wann ein Manuskript veröffentlichungsreif ist. Unabhängige Testleser zu haben ist bereits die halbe Miete. Die andere Hälfte ist, sich Abstand zu verschaffen (indem man den Text längere Zeit nicht anschaut) und dann mit "völlig neuem Blick" wieder und wieder zu überarbeiten. Auch das haben Sie, wie Sie schreiben, schon getan.
Professionelle "Testleser" (= Lektoren) gibt es auch, die Sie z. B. über das Internet oder den Tempest finden können. Diese nehmen natürlich Honorar für ihre Arbeit, da kann einiges zusammenkommen. Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie solch ein Lektorat für notwendig halten.
Eine weitere Möglichkeit bietet sich mit Literaturagenturen für Sie. Diese Agenturen prüfen eingesandte Manuskripte auf ihre Verkaufbarkeit und schlagen ggf. Verbesserungen vor. Allerdings gibt es einige "schwarze Schafe", die dafür Geld verlangen, unabhängig davon, ob sie später einen Verlag interessieren können oder nicht. "Gute" Literaturagenten beziehen ihre Provision aus dem Verkauf des Manuskripts an einen Verlag. Der Autor hat dann einen Prozentsatz seines Honorars an den Agenten abzugeben. Wie viel das ist, wird vorher vertraglich festgelegt.
Literaturagenturen und Verlage werden von Manuskripten überschwemmt. Es ist also nicht einfach, hier seinen Roman unterzubringen. Falls Sie diesen Weg gehen wollen: Machen Sie sich kundig, welche Agentur überhaupt Fantasy vertritt, und schicken Sie auf keinen Fall Ihr Manuskript an eine, die nur Kinderbücher betreut. Auch dazu finden Sie Hinweise im Tempest und bei Englert.
Grundsätzlich ist es sinnvoll, sich über Kurzgeschichten schon einen Namen zu machen, damit die Lektoren, Herausgeber oder Agenten einen Wiedererkennungseffekt haben ("Ach, diese Autorin hat doch schon gute Geschichten geschrieben, na, da schaun wir mal genauer in das Manuskript des Romans ...").
Ich bin zwar der Meinung (aus Erfahrung mit anderen, die bereits einen Roman oder mehrere geschrieben und sich erst danach an eine Kurzgeschichte gesetzt haben), dass man jede Form erlernen kann, auch, sich kurz zu fassen. Aber wenn Sie lieber Romane schreiben, ist das Ihre ureigne Entscheidung. Es kann nur sein, daß Sie es etwas schwerer haben und mehr Durchhaltevermögen und Selbstvertrauen entwickeln müssen, wenn Sie damit auf den Markt wollen.
Ihre Idee selbst ist nicht geschützt oder schützbar. Das Manuskript, also die Ausarbeitung der Idee, schon. Da gilt das deutsche Urheberrecht, das Ihnen noch siebzig Jahre nach Ihrem Tod die Verwertungsrechte verbrieft, die Sie dann an den Verlag vertragsgebunden verkaufen. Das Manuskript oder Teile davon, die nachweisbar von Ihnen sind, dürfen nicht ohne Ihre Zustimmung veröffentlicht werden.
Es gibt viele engagierte und einige dilettantische Kleinverlage, die stets Manuskripte suchen. Versuchen Sie es erst mal mit einer telefonischen Anfrage - zum Beispiel bei Argument/Ariadne, die gerade eine SF/F-Reihe aufbauen, aber möglichst Sozialutopien haben wollen. Der G.Meyer-Verlag bringt eher heroische Fantasy heraus. Weitere Möglichkeiten bieten der Blitz-Verlag, edition medusenblut und der Klaus Bielefeld-Verlag, über die ich aber keine Informationen besitze.
Bei einem Anruf (auf den Sie sich gut vorbereiten sollten!) sprechen Sie mit der zuständigen Lektorin (falls im Internet nicht erfahrbar, dann in einem vorherigen Anruf erfragen), und erläutern Sie Ihren Roman. Dazu brauchen Sie zwei, drei griffige Sätze, die Ihr Projekt beschreiben und zeigen, für welche Leser es gedacht ist und warum es zum Verlagsprogramm passt. Und ein Exposé des Romaninhalts, das Sie ggf. als Gedächtnisstütze nutzen können (nicht mehr als eine Seite).
Sie werden sich darauf einstellen müssen, lange mit Ihrem Manuskript "unterwegs" zu sein, soll heißen: Sie werden viel herumtelefonieren, fragen, reden, werben und das Exposé und eine Leseprobe oft versenden müssen, bis sich ein Verlag dafür interessiert. Verlieren Sie nicht den Mut! Wenn Ihr Roman gut ist, wird er irgendwann auf eine/n Lektor/in treffen, der/die das auch erkennt!
Gehen Sie bitte keinem Druckkostenzuschuss-Verlag auf den Leim, auch nach der dreihundertsten Absage nicht! Diese "Verlage" nehmen viel Geld dafür, Ihr Manuskript zu drucken, investieren aber weder in Lektorat noch Werbung noch Vertrieb, so dass es zwar gedruckt, aber i. d. R. nicht verbreitet wird.
Geben Sie Ihrem Manuskript eine Chance, seien Sie davon überzeugt, und vermitteln Sie das auch den zuständigen Lektoren, dann wird es auch veröffentlicht.