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Wo könnte ich meinen Roman (keine SF) vorstellen? Wettbewerbe? Verlage?

Als Debütantin habe ich einen Roman geschrieben, der zwar in der Zukunft angesiedelt ist, aber kein SF-Roman ist oder zumindest das, was man von einem SF-Roman erwartet. [...] Es handelt sich um eine gesellschaftskritische Dystopie. Eine Bekannte, die den Roman gelesen hat, sagte mir, dass es ein Frauenroman sei und Männer damit nicht viel anfangen können. Meine Frage deshalb an dich:
1. Wo könnte ich den Roman vorstellen?
2. An welchem Literatur-Wettbewerb könnte ich mich beteiligen?
3. Welcher Verlag würde sich für das Thema interessieren?
4. An wen könnte ich ein Rezensionsexemplar schicken?
[...]
Nachdem ich etwa zehn Absagen von Verlagen bekommen hatte, habe ich mich für BoD entschieden, in der Annahme, ich könnte es dann den Verlagen besser anbieten, wenn es Rezensionen dazu gibt. Ich habe mir nicht vorgestellt, dass es sich schwierig gestalten könnte, Rezensionen zu erhalten.

Zum einen: Ich begreife nicht recht, warum so viele Autoren und Autorinnen Probleme damit haben, ihre eigenen Werke einzuordnen. Wenn ich zu einem Genre schreibe, dann kenne ich es doch auch. Ich weiß, welche Merkmale und Gesetzmäßigkeiten dort wichtig sind. Oder ich informiere mich in Literatur-Lexika und Verlagsprogrammen über Einordnungen ... Nun ja.

Dein Roman erscheint mir nach dem, was ich im Internet über den Inhalt gefunden habe, eindeutig zur Social Science-Fiction gehörig: Gentechnik, neue Gesellschaftsstruktur, rivalisierende Gruppen und Werte, eine Sozialdystopie. Dieses Subgenre der SF war in den 1970ern groß, bei der feministischen SF und den Warnern vor zu viel Technikabhängigkeit. Was dieses Subgenre in den Hintergrund gedrängt hat, waren zwei Tendenzen: Realität und Entwicklung der Technik überholten alle fiktionalen Entwürfe schneller, als sie diskutiert werden konnten, und der Entwurf "neuer" Gesellschaftsformen wurde langweilig, weil man viel zu sehr mit den rasanten Veränderungen im realen Leben beschäftigt war.

Zum anderen: Du hast mit der BoD-Veröffentlichung einen strategischen Fehler begangen. Verlage nehmen in der Regel keine Manuskripte an, die bereits veröffentlicht wurden; dazu zählen BoD, Druckkostenzuschuss-Verlage, Eigenverlag, manchmal bereits Auszüge, die im Internet veröffentlicht wurden, etc. Einige Verlage bevorzugen Manuskripte, die noch nie einem Verlag oder einer Agentur angeboten wurden, aber die meisten interessiert nur, ob bereits veröffentlicht wurde und ob die Story verkaufbar ist.

Mit den Rezensionen deines Werkes verkaufst du niemals ein Manuskript an einen Verlag – denn der will ja etwas Unveröffentlichtes haben –, sondern du verkaufst ein Buch an einen Leser! Verlage wollen eine möglichst originelle, spannende und neue Geschichte haben, die sie erst zu einem Buch entwickeln. Manchmal beschränkt sich diese Entwicklungsarbeit auf Cover, Klappentext, Satz und Layout, Ausstattung, Drucklegung und Marketing. Oft aber möchten die Verlage bzw. Lektoren beim Inhalt mitreden, das heißt: Sie wollen Änderungen, Anpassungen und Entwicklungen, damit das Manuskript besser in das Verlagsprogramm passt oder besser bei den Lesern ankommt. Wenn du dich mit einem bereits veröffentlichten Stück bewirbst, sehen die Lektoren und Verleger kaum noch Handlungsspielraum.

Es ist nicht die Aufgabe von Tempest-Experten, Texte zu beurteilen. Und von deinem Roman kenne ich nur Rezensionen (also gefilterte Lese-Erfahrungen eines anderen) und die Textprobe aus dem Internet. Deine Textprobe überzeugt mich nicht. Da wird viel zu viel erklärt und zu wenig gezeigt. Es klingt eher nach Überzeugungs- und Meinungstext wie Essay oder Predigt (nicht im kirchlichen Sinn) anstatt nach Roman. Damit werden sich Verlage schwer tun. Sie wollen eher Unterhaltungsgeschichten.

Du könntest dich an Verlage wenden, die bereits Social SF veröffentlicht haben. Ich kann hier keine Liste zusammenstellen, aber als Beispiel: der Basilisk-Verlag und Argument / Ariadne haben Sozialutopien veröffentlicht. Im Internet lässt sich das einfach recherchieren, oder du studierst Verlagsprogramme.

Mein Rat: Schreib einen neuen Roman. Biete das Manuskript Verlagen an. Wird dieser neue Roman dann veröffentlicht, vielleicht auch noch der nächste, dann kannst du bei deinem Verlag nachfragen: Es gäbe da noch einen älteren Roman, eine Sozialdystopie, ob sie daran Interesse hätten ...?

beantwortet von: Stefanie Bense (10-08)

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