Ich bin gerade dabei, ein altes Fantasybuch von mir zu überarbeiten, in dem es leider sehr viele (16) wichtige Charaktere gibt. Ich kann keinen von ihnen streichen, da sie alle wichtig für die Handlung sind, habe aber schon viele zurückgestellt, d. h., sie gehen oft ihre eigenen Wege und spielen nicht direkt im aktuellen Geschehen mit. Daher meine Frage, da es keinen einen Haupthelden gibt, sondern alle gleichermaßen wichtig sind, ab wie vielen Personen wird es unübersichtlich?
Bitte lies den Artikel von Gabi Neumayer und das Beispiel unserer Lyrik-Expertin Martina Weber, die im Tempest 10-10 zu dem Thema schreiben, wie man eine Anfrage formuliert. Immerhin sind deine Sätze orthographisch richtig, nur wäre es höflich gewesen, mich anzusprechen sowie einen Gruß und deinen Namen darunter zu setzen. Wenn du so etwas an einen Verlag sendest, löschen die Mitarbeiter das sofort, weil sie davon ausgehen, dass du kein Profi bist.
Nun zu deiner Frage:
Selbstredend kann jede/r Autor/in mit so vielen Figuren arbeiten, wie er / sie möchte, fraglich ist die Gewichtung. Das beeinflusst den Leser.
a) Du hast viele gleichberechtigte Figuren
Der Leser wird sich mit keiner richtig identifizieren, mit keiner wirklich mitleiden. Er bleibt distanziert. Unübersichtlich wird es bereits bei mehr als drei Hauptfiguren, irritierend bei mehr als fünf. Zudem verlangt eine solche Figurenpopulation eine virtuose Erzähltechnik, damit wirklich alle oder die meisten gleichberechtigt bleiben. Nach deiner Formulierung, dass sie oft nicht am aktuellen Geschehen beteiligt sind, vermute ich, dass es sich tatsächlich um Nebenfiguren handelt. Eine Hauptfigur trägt den Haupt-Handlungsstrang. Also das, was passieren muss, damit die Geschichte dann so und so" zu Ende geht.
b) Du hast viele Figuren, aber ein oder zwei sind Hauptfiguren
Der Leser wird sich mit den Hauptfiguren identifizieren und mit ihnen leiden und sich freuen. Natürlich kann er auch eine Nebenfigur lieb gewinnen, aber die Geschichte der Hauptfiguren wird ihn mitreißen, sofern sie gut geschrieben ist.
c) Du hast wechselnde Hauptfiguren
Der Leser wird sich mit einer oder zwei am stärksten identifizieren und die Geschichten der anderen eher beiläufig verfolgen.
Denk mal daran, wie du dich auf einer Party o. Ä. verhältst: Es sind zwanzig Personen eingeladen, du unterhältst dich mit allen, aber sicherlich nicht mit allen gleich intensiv. Zwei Wochen später werden dir nur noch jene Gespräche mit ein oder zwei Personen in Erinnerung sein, die am intensivsten, sympathischsten oder sonst wie herausragend waren. So ist das beim Lesen auch. Es bleiben meist nur jene Figuren im Gedächtnis, die am meisten leiden, lieben, lachen und die Handlung tragen.
Um festzustellen, wer deine Hauptfigur ist, musst du nur fragen, wer am meisten in deiner Geschichte leidet. Wer hat am meisten zu verlieren? Wessen Geschichte ist es?
Denk an Ocean's Eleven". Natürlich gibt es elf Figuren, die wichtig sind. Ohne sie würde Oceans Plan, die vielen Casinos parallel auszurauben, gar nicht funktionieren. Dennoch ist es Oceans Geschichte. Es ist SEIN Plan. ER hat am meisten zu verlieren, wenn es schief geht. IHM tut es am meisten weh. Für IHN steht mehr auf dem Spiel als für die anderen.
Dementsprechend ist es auch Ocean, der die Geschichte beendet und löst. Frage dich, wie das bei deinem Manuskript ist: Wer löst da die Hauptgeschichte auf? Wer besiegt den Gegenspieler? Wer löst das Rätsel? Wer rettet die Welt? Und ist es jene/r, der / die auch am meisten zuvor gelitten hat? Falls du Letzteres mit Nein beantwortest, solltest du nochmals darüber nachdenken und eventuell die Figur die Story beenden lassen, die bislang am meisten involviert war.