Momentan schreibe ich an einem Roman, welcher im zweiten Weltkrieg spielt. Ort des Geschehens ist zu 80 Prozent Augsburg. Mich würde interessieren, ob ich historische Namen, z. B. des Bürgermeisters, verwenden darf. Gibt es hierzu eine gesetzliche Regelung?
Du musst bedenken, dass der ehemalige Bürgermeister womöglich noch lebt, und wenn nicht er, dann doch mindestens seine Kinder. Die Gesetzeslage dazu ist schwammig: Eigentlich endet das Persönlichkeitsrecht mit dem Tod, aber es gibt erstens Gesetze, die vor der "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" schützen sollen, und zweitens eine Art postmortales Persönlichkeitsrecht, das nur allmählich schwindet, in dem Maß, in dem die Erinnerung an den Verstorbenen verblasst. Berühmte Menschen sind länger geschützt als weniger berühmte. Klagen können jeweils die Kinder oder nahen Verwandten, z. B. die Witwe.
Ich würde so vorgehen: Wenn du nur die Wahrheit schilderst, verwende ruhig den echten Namen (der Bürgermeister ist an dem Tag X an diesem und jenem Ort, er hält eine Rede, die du in Auszügen zitierst, er tut Dinge, die er tatsächlich getan hat und die du belegen kannst).
Solltest du ihm aber eine Affäre andichten wollen oder ihn als boshaften Schlächter darstellen wollen und kannst das nicht mit Fakten untermauern, dann rate ich dir, ihn umzubenennen und auch von anderen äußeren Merkmalen her zu verändern.
Bei einem Roman über das 19. Jahrhundert hättest du diese Probleme nicht. (Wobei ich kein Rechtsanwalt bin, bei Unsicherheiten hole dir lieber professionelle Beratung.) In jedem Fall ist es ratsam, mit den authentischen Personen in der jüngeren Vergangenheit behutsam umzugehen.
In meinem Roman "Nachtauge" beispielsweise, der ebenfalls während des zweiten Weltkriegs spielt, habe ich den Lageraufseher und die junge ukrainische Zwangsarbeiterin umbenannt, deren Liebesgeschichte ich schildere – auch wenn es beide gegeben hat. Ich hatte so mehr Freiheiten in der Schilderung und habe mich auch emotional freier gefühlt beim Schreiben. Am Ende des Romans habe ich ihre wahren Namen genannt:
"Inspiriert durch den Aufseher des Barackenlagers auf den Möhnewiesen, Karl Josef Stüppardt, und die Zwangsarbeiterin Elena Wolkowa, denen es gelang, ihre Liebe geheim zu halten. Sie überlebten die Bombardierung der Möhnetalsperren und entgingen der Gestapo. Karl und Elena heirateten am 16. Juni 1945 in der Neheimer Pfarrkirche St. Johannes Baptist, fünf Wochen und vier Tage nach Kriegsende."
So hole ich zum Schluss die Leser hinter den Theatervorhang und zeige ihnen: Guckt mal, diese ganze große Geschichte ist nicht bloß erfunden, es hat sie wirklich gegeben. Das ist ein befriedigendes Gefühl für die Leser, wie ich immer wieder bei Lesungen höre.
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