Es gibt da verschiedene Ansätze. Ich persönlich finde diebisches Vergnügen daran, in einen Roman selbst Details einzuflechten, die kaum ein Leser als "historisch korrekt" erkennen wird. So beschreibe ich Gegenstände, die im Museum liegen und aus der Zeit des Romans stammen, oder ich lasse Personen im Dialog Dinge sagen, die sie wörtlich so geschrieben haben (Tonbandaufzeichnungen gibt es ja leider vom Mittelalter nicht). Ich forsche nach, ob es Besonderheiten im Wetter des beschriebenen Jahres gab, ob eine Nachricht aus dem fernen Ausland an die Ohren der Protagonisten dringen könnte, ob eine berühmte Persönlichkeit sich in der Nähe aufgehalten hat.
Wenn ich von den historischen Gegebenheiten einmal abweiche, dann bekenne ich das den Lesern im Nachwort des Romans - in der "Priestertochter", die im September erscheint, stirbt Abt Altfrid von Hildesheim bereits im Juli, obwohl er bezeugtermaßen am 15. August 874 das Zeitliche segnete. Das ist die einzige Abweichung von der Überlieferung, den Quellen, die mir bewusst ist in diesem Roman. Fehler können natürlich außerdem passieren ... Aber wenn ich bewusst abweiche, dann sage ich das den Lesern auch.
Man kann die Sache anders sehen, und völlig zu Recht. Die Geschichte
muss spannend sein, es muss eine gute, tiefgründige Begebenheit sein,
die so erzählt ist, dass sie stimmig wirkt und "rund".
Welche Rolle spielt es da, ob es 1141 tatsächlich eine Überschwemmung
am Rhein gab? Oder - wie du fragst - ob sich eine gewisse Person am berichteten
Tag in Rom aufgehalten hat oder erst zwei Wochen später? Es gibt
also mit gleicher Berechtigung Autoren historischer Romane, die der Geschichte
gegenüber den recherchierten Fakten mehr Gewicht zuordnen.