Während eines Autorentreffens stellte ich dem vortragenden Vertreter einer Literaturagentur die Frage, in welchem Status ich ein Romanprojekt bei Agenturen vorstelle: Muss der Roman fertig sein, oder reichen die ersten Kapitel? Eindeutige Antwort: Der Roman sollte fertig sein, damit man sich ein Bild über die sprachlichen Fähigkeiten des Autors machen könne. In einer späteren Diskussion wurde mir von sehr kompetenter Seite gesagt, das sei Blödsinn. Jeder Agent wie auch jeder Verlag könne sich aufgrund des ersten Kapitels ein Bild machen. Es wäre besser und üblich, schon in einem frühen Stadium herauszufinden, ob sich Interessenten finden lassen, um dann gegebenenfalls in Abstimmung mit dem Agenten oder Verlag den Roman zu beenden. - Was ist richtig?
Also: Nach 30 Seiten kann man sich natürlich ein Bild machen, ob einem der Stil des Autors gefällt und man mehr lesen möchte. Das ist dann genau das Problem: Wenn man dann mehr lesen möchte, der Autor aber nichts hat, ist das eine missliche Situation. Denn man weiß nicht, wann das Manuskript fertig wird - und wird es das halten, was die ersten 30 Seiten versprechen? Dann hat man zwar ein vages Interesse, aber mehr auch nicht. Wenn man ein fertiges Manuskript hat, dann kann der Agent und auch der Verlag gleich Nägel mit Köpfen machen, im besten Fall einen Verlagsvertrag schließen! Bei Debüts ist es eher ungewöhnlich, wenn man nach 30 Seiten einen Vertrag angeboten bekommt, das Projekt aber noch nicht fertig ist.