[...] Wie so viele Menschen möchte ich gerne meine Gedichte in Form eines Buches veröffentlichen und habe eine lange, beschwerliche Bewerbungsaktion bei vielen Verlagen hinter mir. Neben vielen Absagen habe ich eine Zusage eines Verlages erhalten, dessen Adresse ich aus dem Uschtrin Handbuch für Autoren hatte. Der Verlag bietet mir eine Veröffentlichung unter der Voraussetzung an, dass ich eine bestimmte Zahl von Büchern abnehmen und dafür bezahlen muss.
Da ich mir im Klaren bin, dass ich im Moment keinen anderen Verlag finden werde, denn die Absagen häufen sich, habe ich nun die Qual der Wahl und wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir einen Tipp geben könnten. Einerseits habe ich überlegt, selbst zu verlegen, aber da das ebenfalls starke Kosten verursacht und obendrein ein extremer Aufwand ist, denn ich müsste mir noch sämtliches Wissen aneignen, ist das ebenfalls keine schöne Lösung. Die dritte Alternative ist dann das "Book on demand", wovon ich ebenfalls nicht begeistert bin, und viel günstiger wäre das auch nicht.
Meine größte Sorge ist im Moment, dass man als Selbstverleger und auch als Book-on-Demand-Autor eher für Schriftstellervereine und auch andere Institutionen immer noch relativ verpönt ist. [...] Vielleicht können Sie mir einen Tipp geben.
Das Problem, das Sie schildern, ist vielen Lyrikschreibenden bekannt. Sie haben über Jahre hinweg eine gewisse Zahl an Gedichten verfasst und haben auch ein paar kleine Erfolge vorzuweisen. Nun möchten Sie Ihre gesammelten lyrischen Werke auch gern in einem Buch sehen und erhoffen sich dadurch Anerkennung als Schriftstellerin, stellen aber fest, dass es gar nicht so einfach ist, einen Verlag für Ihr Werk zu finden.
Zunächst kurz etwas zu den Lyrikverlagen, die in dem von Sandra Uschtrin herausgegebenen "Handbuch für Autorinnen und Autoren" aufgelistet sind: Ab der 6. Auflage des Handbuchs aus dem Jahr 2005 habe ich die Zusammenstellung der Lyrikverlage übernommen und in einem einführenden Text vor den Verlagsadressen ausdrücklich erwähnt, dass ich mangels Einblick in die Verlagsverträge nicht dafür garantieren kann, dass die aufgeführten Verlage zu fairen Bedingungen arbeiten.
Soweit ich weiß, ist es tatsächlich so, dass Sie mit einem selbst verlegten Buch oder mit einem Buch aus einem Druckkostenzuschussverlag nicht Mitglied eines Schriftstellerverbandes werden können. Dies ließe sich recherchieren. Auch bei Literaturwettbewerben, die die Publikation eines Lyrikbandes voraussetzen, können Sie sich mit einem solchen Buch nicht bewerben.
Mein Rat: Wenn Sie wirklich die Leidenschaft einer Lyrikerin in sich tragen, sollte es Ihnen nicht darauf ankommen, jetzt erst einmal Ihre Gedichte "unter Dach und Fach" zu bringen, wie Sie schreiben, um dann für Ihre weiteren belletristischen Werke auf Verlagssuche zu gehen. Wenn es Ihnen wirklich um Ihre Gedichte geht, sollte es Ihnen vorrangig wichtig sein, an der Qualität Ihrer Gedichte zu arbeiten. Suchen Sie Austausch mit anderen Schreibenden, besuchen Sie qualifizierte Workshops, bewerben Sie sich mit Gedichten bei Anthologien und Literaturzeitschriften, lesen Sie zeitgenössische Gedichte verschiedenster Art, beschäftigen Sie sich mit poetologischen Positionen, ergründen Sie, was Sie zur Poesie getrieben hat, entwickeln Sie Ihre eigene poetische Stimme. Warten Sie ab, und verzichten Sie darauf, Ihr Frühwerk auf Biegen und Brechen in einem Buch zu versammeln.