Ich bin eine extrem langsame Schreiberin. Jeder Satz wird sofort überarbeitet. Mehrfach. Oft brauche ich einen ganzen Vormittag, ehe ich mit einer Seite zufrieden bin. – Zumindest bis zum nächsten Morgen, denn bei jedem erneuten Lesen gerate ich in Versuchung, "es noch besser" zu machen. Rein rational ist mir klar, dass dieses Korrigieren den Text nicht immer verbessert, sondern lediglich verändert, und je nach Laune gefällt mir mal der eine, mal der andere Ausdruck besser. So trete ich viel zu viel auf der Stelle und komme nicht wirklich voran. Am deutlichsten fällt mir dieser falsche Perfektionismus auf, wenn ich relativ unwichtige Texte schreiben will und selbst dabei zu viel Zeit verschwende. Z. B. kommt es vor, dass ich einen Beitrag in einem Forum binnen einer Minute mündlich erledigt hätte, aber da ich schreibe, kann selbst dieser kurze Beitrag eine halbe Stunde meiner kostbaren Zeit fressen. Alle Vorsätze und Versuche, das zu ändern sind bisher gescheitert.
Ich hätte da einen Tipp: Vergessen Sie doch beim Schreiben "einfach mal" (ich weiß, es ist nicht einfach, aber auch so etwas kann man üben), also vergessen Sie beim Schreiben, für wen Sie den Text schreiben. Bläuen Sie sich ein: Die erste Version ist nur für mich, und in der ist alles – ALLES!! – erlaubt (auch unfertige, halbgare Sätze). Es bedarf einer gewissen Disziplin – in Ihrem Fall ausnahmsweise mal andersherum als bei den meisten AutorInnen –, aber Disziplin gehört ja eh zum Handwerk.
Nehmen Sie sich fest vor: Heute schreibe ich zwei Seiten ratzfatz runter, und ich korrigiere keinen Satz, bevor nicht die beiden Seiten fertig sind. Es wird Ihnen am Anfang sehr schwer fallen, aber mit der Zeit wird es einfacher. Wenn Sie Skrupel haben, dies mit einem Roman oder einer zur Veröffentlichung gedachten Kurzgeschichte zu tun, nehmen Sie sich ein Thema vor, zu dem Sie schon immer mal was schreiben wollten. Wichtig dabei ist, dass Sie keinen Termindruck haben!
Sie werden sehen, mit der Zeit klappt es immer besser und Sie lernen, sich und Ihren Sätzen zu vertrauen. Denn erfahrungsgemäß verschlimmbessert man den Text durch das ständige Korrigieren. Grundsätzlich sollte man mit der Korrektur eines Textes erst beginnen, wenn er vollendet ist.