[gekürzt – die Red.] Ich habe ein Buch veröffentlicht bei einem kleinen Verlag. Der Verleger war auch mein Lektor, und das wurde separat bezahlt. Das Buch ist schlecht gebunden worden, die Lieferung und Bestellung ist so schleppend, dass mich viele Leser schon angesprochen haben. Die Werbung bleibt aus. Der Verleger lässt jedes Buch auf Bestellung einzeln drucken, und was das Lektorat betrifft ... Das Buch ist nach wie vor voller Rechtschreibfehler.
Meine Sorge ist, dass sich jetzt ein Fernsehsender für mein Buch interessiert, und ich befürchte, wenn es dort erschienen ist, dass die Bestellung boomt. Dann möchte ich 1) vermeiden, dass so ein schlechter Service (Buch voller Fehler, schlechte Lieferung) und 2) einen unverdienten Verdienst für meinen Verleger fürs Nichtstun vermeiden. Von daher möchte ich so schnell wie möglich aus dem Vertrag, der für zwei Jahre ist, und ganz schnell einen neuen Verlag finden. Meine Frage ist: Wie komme ich da raus, und nimmt mich ein anderer? Stell ich mich da mit meinem schon vorhandenen Buch als Manuskript vor und mit der Anmerkung, dass ich es auch umschreiben oder ergänzen kann?
Das Problem kann man von zwei Seiten aus angehen: "Was will man tun?" und "Was kann man tun?"
So schön die Idee ist, mal eben den Verlag zu wechseln, um bessere Erfolgschancen zu erreichen ... so leicht geht das nicht. Man kann einen Verlagsvertrag kündigen, allerdings nur, wenn man einen triftigen Grund hat. Der Verlag hat immerhin Geld und Arbeit in die Veröffentlichung investiert, und eine Vertragskündigung würde ihm ja verbieten, aus dieser Investition noch irgendeinen Nutzen zu ziehen. Wenn der Verlag seinen Vertrag nicht erfüllt, dann muss man ihn als Autor auffordern, seinen Pflichten nachzukommen, und dem Verlag eine Frist setzen, in der das passieren muss. Erst wenn diese "Erinnerung" wirkungslos bleibt, kann man vom Vertrag zurücktreten (weil die andere Seite ihn nicht erfüllt).
Was steht üblicherweise im Verlagsvertrag? Das Werk muss veröffentlicht werden. Möglicherweise gibt es auch eine Regelung, wann (z. B. zur Buchmesse) oder wie (z. B. als Taschenbuch). Selten bis nie gibt es Regelungen über Reaktionsgeschwindigkeiten bei Bestellungen oder die Qualität des hergestellten Werkes, obwohl irgendwo auch hier ein Richter eine Grenze setzen würde, was zumutbar ist und was nicht.
Werbung wird nur sehr selten im Verlagsvertrag geregelt und ist dem Verleger tatsächlich freigestellt, denn es ist ja für ihn mit Zusatzkosten verbunden. Verpflichtet ist der Verlag im Normalfall nur, das Buch zum Verkauf anzubieten – wie gut oder schlecht, ist seine Sache. Sollte er dauerhaft nichts verkaufen, ist das ein Grund, den Vertrag zu beenden – aber geringe Abverkäufe nicht. Die Fehler in der Rechtschreibung kann man dem Verlag nur dann vorwerfen, wenn der es zu verantworten hat (aber das wurde ja separat bezahlt, also hat es nichts mit dem Verlagsvertrag zu tun) und man es selbst nicht zum Druck freigegeben hat.
Also vor diesem Hintergrund ... welche Verpflichtungen hat dieser Verlag tatsächlich nicht eingehalten? Dass man als Autor am liebsten Fernsehwerbung und Plakatwände sowie herrliche Buchproduktionen und sofortige Lieferung hätte, zählt nicht.
Und selbst bei tatsächlichen Vertragsverletzungen des Verlags muss man noch eine Frist abwarten, was im konkreten Fall vermutlich auch nicht beruhigend ist. Und danach müsste man erst einmal einen neuen Verlag haben, und der müsste das Buch auch noch produzieren ... Ob das alles vor der erwarteten Fernsehanfrage klappt, ist doch eher unwahrscheinlich.
Effektiver ist es wohl, den aktuellen Verleger auf die Chancen dieser Fernsehanfrage anzusprechen und ihm auszumalen, was es seinem Geschäft nützt. Denn wenn er mitzieht, kann der Verleger sofort die Bestellgeschwindigkeit und wegen Print-on-Demand sogar die Herstellqualität verbessern.
Keine schöne Situation, aber gerade deswegen ist es so wichtig, sich vor Vertragsabschluss ein möglichst gutes Bild vom Vertragspartner zu machen. Der Verlagsvertrag hält nämlich in der Regel deutlich länger als z. B. eine Ehe – immerhin wirkt er bis 70 Jahre nach dem eigenen Tod, und da ist selbst nach kirchlichen Vorstellungen eine Ehe längst beendet.