Vor einiger Zeit habe ich einen Fantasyroman geschrieben, ihn mehrfach überarbeitet und ihn verschiedenen Betalesern vorgelegt. Ermutigt durch das positive Feedback, das ich bisher erhalten habe, möchte ich den Versuch unternehmen, ihn zu veröffentlichen. Eine Liste mit entsprechenden Adressen, Exposé, Leseprobe usw. liegen schon griffbereit, doch nun habe ich eine Information erhalten, die mir die Sache aussichtslos erscheinen lässt: Angeblich lehnen Agenturen und Verlage Manuskripte von Erstautoren fast grundsätzlich ab, wenn der Gesamttext mehr als 500 Norm-Seiten umfasst. Die Produktionskosten für dickere "Wälzer" sind natürlich höher, und den Verlagen sei das Risiko, dass das Werk eines bislang unbekannten Autors floppt, in diesem Zusammenhang zu hoch, hieß es. Demnach würde mein Manuskript wohl überall sofort auf dem Stapel "Ablehnen!" landen, denn es sprengt mit 890 Norm-Seiten diesen Rahmen. Natürlich könnte ich die Geschichte noch einmal überarbeiten und kräftig "eindampfen", aber dadurch würden viele wichtige und schöne Details verlorengehen.
Bevor ich nun völlig sinnlos Manuskripte verschicke, die aufgrund des Umfangs des Gesamtwerks sofort abgelehnt werden, oder mir die Mühe mache, meine Geschichte kräftig zu kürzen, obwohl das vielleicht gar nicht nötig ist, würde ich es gern einmal genau wissen. Was ist dran an diesem Gerücht? Hat man wirklich keine Chance, wenn der Roman so lang ist? Es wäre super, wenn Sie mir darauf eine Antwort geben könnten.
Wenn man sich anschaut, wie viele Manuskripte bei Verlagen eingereicht werden und wie viele davon tatsächlich veröffentlicht werden, muss man pauschal sagen: Die meisten Manuskripte landen auf dem Stapel "Ablehnung". Das Problem trifft Erstautoren zudem besonders stark, weil sie bisher keine erfolgreiche Veröffentlichung vorweisen können. Noch schlimmer trifft es allerdings Autoren, die veröffentlicht haben und deren Buch erfolglos war. Stellen Sie sich darauf ein, dass kein Verlag an Manuskriptmangel leidet. Allerdings leiden einige Verlage an einem Mangel an guten Manuskripten.
Was wäre denn, wenn ich Ihnen sagen würde, es hätte keinen Sinn, ein Manuskript dieser Länge anzubieten? Würden Sie dann das Manuskript nicht verschicken? Oder den Text prophylaktisch kürzen, um Ablehnungen zu vermeiden? Das würde bedeuten, alles darauf zu setzen, dass meine Einschätzung zutrifft und die Verlage alle so reagieren, wie ich mir das vorstelle.
Konzentrieren Sie sich lieber darauf, die Geschichte so lange zu verbessern, wie Sie etwas für verbesserungswürdig halten, den Text so weit zu kürzen, wie es dem Lesegenuss gut tut, und sich über Verlage informieren, die mit Geschichten dieser Art und Länge umgehen können. Dann können Sie mit voller Überzeugung Ihr Manuskript anbieten, weil Sie alles getan haben, was Ihnen möglich war.
Eine Sicherheit, von Ablehnungen verschont zu bleiben, gibt es nicht – das gehört mit zum Autorenberuf.