1. Welche Genre-Bestimmungen gibt es für Thriller?
2. Wie kann ich mehr über die einzelnen Formate herausfinden? Ich habe die beiden Bücher von Linda Seger gelesen, die sich mit dem allgemeinen Aufbau von Drehbüchern beschäftigen. Aber es gibt ja noch weitere Regelungen: Ich weiß bereits, dass ein Thriller immer positiv enden muss (ist ein positives Ende auch, wenn der Protagonist zwar tot ist, der Antagonist sich dabei aber verraten hat und dann trotzdem geschnappt wird, wenn - sagen wir - der Protagonist erst in den letzten zehn Minuten stirbt?). Muss der Protagonist in einem Thriller auch immer einen ermittlerischen Tiefpunkt haben? Muss es immer einen "love interest" geben? etc. Es wäre sehr schön, wenn Sie mir sagen könnten, was die Sender erwarten und ob es auch Unterschiede zwischen den Sendern gibt.
Es gibt eine Fülle von Sekundärliteratur zur Genrebestimmung von Filmen mit vielen Regeln. Ich persönlich halte es genreübergreifend mit der ersten Regel für alle Filme: Du darfst nie langweilen!
"Love interest" und ermittlerische Tiefpunkte sind nur zwei dramaturgische Mittel, die Ihre Geschichte spannend machen können. Sie steigern die so genannte Fallhöhe Ihrer Charaktere.
Ein Thriller muss im kriminalistischen oder im Sinn der Gerechtigkeit nicht immer positiv enden: Manchmal überlebt und gewinnt der Antagonist (z. B. in "Schweigen der Lämmer", 1991). Und manchmal überlebt der vermeintlich "gute" Protagonist die Story nicht. (z. B. in "Dämonisch", Originaltitel: "Frailty", 2001)
Vorschlag: Sehen Sie sich so viele Thriller wie möglich an, aus unterschiedlichen Ländern und unterschiedlichen Epochen. Analysieren Sie diese Filme. Wenn Sie einen Thriller schreiben wollen, dürfte Ihnen das nicht schwer fallen ;-). Analysieren Sie neben Figuren und Plot auch die im Film transportierte Moral der Geschichte. Immer im Hinblick auf die Zeit, in der ein Film, das Drehbuch oder ggf. die Romanvorlage dazu entstanden sind.
Hannibal Lecter (Schweigen der Lämmer) ist ein bestialischer kannibalischer Serienmörder, der durch überlegene Intelligenz und vollendete Umgangsformen besticht. (Wenn er nicht gerade seine Opfer isst.) Dieses Konzept hat in den Achtzigern (Roman) bis weit in die Neunziger funktioniert.
Die "filmische Moral" folgt nicht nur den Regeln eines Genres. Sie hat ebenfalls mit dem ständigen Wandel des Zeitgeistes zu tun - von Herstellern, Abnehmern und Zuschauern. Nicht zuletzt nach der Tragödie am 11. September 2001 in New York hat ein Wandel im Denken (u. a. der Senderverantwortlichen) stattgefunden. Eine generelle Ansage dazu ist natürlich unmöglich. Ich kann aus eigener Erfahrung nur feststellen, dass Thriller es hier im Moment nicht leicht haben. Der Schock realer Ereignisse hat die Fiktion überholt.
Mit einem intelligenten und spannenden Thriller haben Autoren allerdings immer Chancen, über kurz oder lang einen Sender zu finden. Ist zumindest meine Hoffnung ;-).